2. Kapitel: Veränderungen

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Zum wievielten Male ich nun auf mein Handy blickte, wusste ich längst nicht mehr. Ein schneller Blick auf die Uhrzeit verriet mir, dass Benedict längst gelandet sein musste, aber er hatte sich noch nicht gemeldet. Fieberhaft überlegte ich, ob ich ihn nun anrufen sollte, aber noch hielt ich mich zurück. Nachdenklich zupfte ich an meinem schwarzen Cocktailkleid herum, während ich unschlüssig nach draußen sah. Dicke Regentropfen bahnten sich mal wieder ihren Weg an den hohen Fenstern nach unten. Das Essen war im Ofen und ich war fertig umgezogen. Das bedeutete, dass ich jetzt nur noch abwarten und Tee trinken konnte, bis Benedict endlich hier aufkreuzte und das war schlecht – sehr schlecht sogar. Diese ganze Grübelei würde mich früher oder später noch wahnsinnig machen. Die Woche, in der Ben fort gewesen war, war mehr als grausam gewesen. Ich hatte mich zu absolut nichts aufraffen können. Die meiste Zeit war ich bei ihm zu Hause gesessen. Zwischendurch war ich dann immerhin sogar einmal mit Mark einen Tee trinken gewesen, als mir die Decke beinahe auf den Kopf gefallen wäre. Natürlich hatte er mir angemerkt, dass etwas nicht ganz in Ordnung war, aber ich hatte nicht mit ihm darüber reden wollen. Das hatte nichts mit Mark zu tun, aber ich hatte einfach keine Kraft gehabt wieder mit diesem Thema anzufangen oder gar vor ihm in Tränen auszubrechen – mal wieder. Glücklicherweise hatte er mich nicht weiter gedrängt, sondern es akzeptiert wie es war, dennoch war mir die Sorge in seinem Blick natürlich nicht entgangen. Ich wusste, dass er und Ben sich seit Sherlock aus zeitlichen Gründen nicht mehr gesehen hatten, also wusste er von Benedicts neuem Verhalten nichts. Vielleicht war das auch besser so. Wenigstens hatte mich der Nachmittag mit ihm etwas auf andere Gedanken gebracht, auch wenn am Abend zurück in Bens vier Wänden all die Sorgen sofort wiedergekommen waren. Nachdenklich beugte ich mich wieder etwas nach unten und linste in den Ofen. Der Auflauf war bald fertig, aber von Benedict gab es immer noch keine Spur. Als ich mein Handy wieder etwas mehr auf Augenhöhe brachte und mein Daumen über Bens Namen schwebte, begann das Ding in meiner Hand zu klingeln. Überrascht zuckte ich erschrocken zusammen und merkte, wie sich mein Herzschlag kurzzeitig beschleunigte, doch leider war es nicht Ben – es war sein Vater. Verwirrt sah ich noch kurz auf seinen eingeblendeten Namen, ehe ich ranging.

„Guten Abend, Sir", begrüßte ich ihn höflich und lehnte mich an den Küchencounter. Ich hörte ihn nur lachen und er klang dabei wie sein Sohn.

„Hallo Yasmin. Ich habe dir doch schon bei unserem letzten Treffen gesagt, dass du einfach nur Tim zu mir sagen sollst. Du bist ja schon höflicher als so mancher Brite", erklärte Benedicts Vater und ich spürte auch ohne ihn zu sehen das warme Lächeln auf seinen Lippen. Benedict hatte die meisten Eigenschaften wohl von seinem Vater. So vieles erinnerte mich an ihn. Ich unterdrückte einen Seufzer.

„Richtig, entschuldige... Tim", sagte ich dann, auch wenn es irgendwie immer noch ungewohnt war ihn so anzusprechen. „Benedict ist noch nicht zu Hause", erklärte ich schließlich, da ich nicht wusste, wieso er mich sonst anrufen sollte. Bisher hatte er das kaum getan, obwohl er seit unserem ersten Aufeinandertreffen meine Nummer hatte.

„Das habe ich mir schon gedacht, aber ich wollte sowieso mit dir reden", offenbarte mir Tim und räusperte sich kurz. „Wie geht es ihm?"

„Wie es... ihm geht?", wiederholte ich zögerlich und wusste nicht recht, worauf er hinauswollte.

„Er ist anders in letzter Zeit, aber das muss ich dir ja wohl kaum sagen", erwiderte Tim nach einer kurzen aufgetretenen Stille. „Und dass er dich einfach sitzenlässt und sich dann die ganze Zeit kaum meldet ist auch definitiv nicht seine Art oder hat er dir öfter ein Lebenszeichen geschickt?" Mein konstantes Schweigen war ihm wohl Antwort genug. „Das habe ich mir schon gedacht", sagte er seufzend. „Ich mache mir langsam wirklich Sorgen um ihn, genau wie seine Mutter. Ich glaube ihm steigt das alles ziemlich zu Kopf", sinnierte er und ich war mir irgendwann nicht mehr sicher, ob er mit mir oder eher mit sich selbst redete.

Leben der Superlative? // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt