4. Kapitel: Talkshow

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Es ging mir von Tag zu Tag schlechter, nicht besser. Mittlerweile waren zwar schon auf den Tag genau drei Wochen vergangen, aber diese schmerzhafte, brennende Leere in meiner Brust wollte einfach nicht weniger werden. Jona versuchte mich beinahe jeden Tag auf andere Gedanken zu bringen und mich abzulenken, doch obwohl er mich einige Male sogar wieder zum Lachen bringen konnte, machte es all das nicht besser. Wie konnte es auch? Ich liebte Benedict immer noch so sehr, dass es mich fast umbrachte. Wenigstens brachte Jona mich ab und an auf andere Gedanken, zeigte volles Verständnis für meine Situation und nahm mich ab und an einfach so in den Arm, wenn ich mal wieder in Tränen ausbrach. Es fiel mir so unbeschreiblich schwer nicht einfach nachzugeben und ihn anzurufen oder den ganzen Tag irgendwelche Videos mit ihm auf YouTube anzusehen. Das alles brachte mich wirklich noch um den Verstand, aber ich durfte unter keinen Umständen nachgeben, das war absolut Essenziell. Benedict schien wohl einfach zu akzeptieren, dass das zwischen uns vorbei war, denn auch er unternahm keine Versuche mich zu kontaktieren. Ob es ihm wohl überhaupt so schlecht ging wie mir?

Als ich mal wieder merkte, dass ich wieder in trüben Gedanken zu ertrinken drohte, beschloss ich ins Wohnzimmer zu gehen und zu schauen, ob Jona noch dort war. Ich musste fast lächeln, als ich erkannte, dass er immer noch unverändert auf dem Sofa saß und konzentriert auf den Fernseher starrte. Er hatte mir gesagt, dass er dringend einige verpasste Folgen seiner Lieblingsserie aufholen musste. Ich hätte diese ja mit ihm zusammen angeguckt, aber Horror war nun wirklich nicht mein Genre. Ich trat näher an ihn heran und wollte mich gerade bemerkbar machen, als ich diese unverkennbare Stimme aus dem TV kommen hörte. So tief, dass sich augenblicklich jedes einzelne Nackenhaar bei mir aufstellte. Ruckartig hob ich den Kopf und betrachtete erst jetzt das flimmernde Bild genauer. Das was Jona sich da ansah, hatte nichts mehr mit seiner heiß geliebten Serie zu tun. Es lief eine Talkshow. Eine deutsche Talkshow.

„Ist das live?", fragte ich heißer und sah aus den Augenwinkeln, wie Jona zusammenzuckte, dann aber über seine Schulter hinweg zu mir sah – einen schuldbewussten Blick aufgesetzt.

„Sorry, Süße. Ich schalte um", versuchte er sich zu rechtfertigen und wollte während er das sagte bereits nach der Fernbedienung greifen, doch in exakt diesem Augenblick schnellte ich leichtfüßig vor und griff meinerseits nach seinem Handgelenk, um ihn zurückzuhalten. Selbst als ich mich unmittelbar neben ihn setzte und mich immer noch an seinem Handgelenk festkrallte, konnte ich meine Augen nicht mehr von dem Anblick lösen, der sich mir gerade in unserem Fernseher bot.

„Ist das live?", wiederholte ich gebannt meine Frage und hörte, wie Jona neben mir seufzte.

„Nein, das ist eine Wiederholung von gestern. Eigentlich wollte ich eben nur die Sportschau sehen und..."

„Pscht!", zischte ich energisch, als er einfach nicht mehr aufhören wollte zu plappern und löste dann schließlich doch den Griff um seine Hand, um nach der Fernbedienung zu greifen und den Fernseher lauter zu machen. Jona neben mir atmete erleichtert aus. Okay, ich hatte ihn zugegebenermaßen ziemlich grob angepackt.

„Danke für die kostbare Zeit, Mr. Cumberbatch", drang es von der Moderatorin aus dem Fernseher zu meinen Ohren und mein Herz zog sich automatisch nur noch mehr zusammen, als ich begriff, dass sein Auftritt wohl schon zu Ende war.

„Ich sagte doch: Benedict reicht völlig aus. Ich bin zwar Brite, aber dieses ganze förmliche Tamtam brauche ich nun wirklich nicht", entgegnete Benedict und erntete durch seinen Charme wie immer heftiges Gelächter aus dem Publikum und ein selbstgefälliges Lächeln der Moderatorin, die sowas von auf ihn stand.

„Eine Frage hätte ich noch übrig", fuhr die dumme Kuh dann schließlich fort und ich sah, wie Benedict ein erneutes gequältes Lächeln aufsetzte und ihr ermutigend entgegennickte. Ich kannte ihn wohl immer noch besser, als jeder sonst. Anderen mochte es nicht auffallen, aber mir schon. Er wollte einfach nur weg von dort.

Leben der Superlative? // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt