Kapitel Eins, Maven

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Maven zerrte den großen, verstaubten Lautsprecher aus seinem selbstfahrenden Wagen und ignorierte die Blicke der Passanten um ihn herum. Er hoffte, dass einige von ihnen genug sensationslustig sein würden, um ihm zu folgen; denn das, was er vorhatte, war zwecklos, wenn ihm niemand dabei zusah.

Der junge Rebell blinzelte in die Sonne. Ja, er hatte sich einen guten Tag für sein Vorhaben ausgesucht, besser konnte es fast nicht sein. Die Temperatur im Schatten maß 25 Grad, nicht zu warm und nicht zu kalt, und würde bestimmt einige Leute in den kleinen Park, der mit seinen hohen Bäumen der städtischen Kälte um ihn herum trotzte, locken.

Unnötig zu erwähnen, dass die Bäume aus Plastik waren, dachte Maven. Mit unverwüstlichen Stämmen, in die niemand etwas einritzen konnte. Darum ging es ihnen.

Er machte sich auf den Weg, den Lautsprecher mit bereits eingestecktem Verlängerungskabel auf einem Hoverwagen hinter sich herziehend. Und tatsächlich, einige der Menschen folgten ihm mit diskretem Abstand. Maven konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. Es würde funktionieren, es würde tatsächlich funktionieren!

An der Stelle im Park angekommen, die er sich ausgesucht hatte - eine sonnige Wiese, auf allen Seiten umgeben von Wegen -, verband er sein Phone mit dem Lautsprecher und wählte das Musikstück an, das er extra für den heutigen Tag komponiert hatte. Es dauerte einige Sekunden, dann schwebten die ersten Töne über den Park, durchbrachen die kalte Stille der Stadt und bewegten jeden, der im Park unterwegs war, dazu, ihnen zu ihrer Quelle zu folgten.

Musik. Das Wort allein war fast so schön wie das Lied, das jetzt aus dem Lautsprecher drang. Maven war ein Amateur und hatte weniger Erfahrung im Komponieren als im Tanzen, klar, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand die Gefühle, die sein Lied in dem Rebellen auslöste, nicht spüren konnte.

Er holte tief Luft und begann zu tanzen.

Er bewegte sich genau im Takt der Musik, fing den Sonnenschein mit seinen Armen ein, erzählte endlose Geschichten mit den Bewegungen seines Körpers. So wollte er sterben, dachte er. Genau so.

"He, was machst du da?"

Die Musik, die zuvor noch in Mavens Herz und seinen Kopf gedrungen war, prallte an ihm ab. Er hielt in der Bewegung inne und sah sich nach der Person um, die nach ihm gerufen hatte, völlig aus dem Konzept gebracht. Denn er hatte diese oder ähnliche Worte zwar erwartet, klar, sie waren fest in seinen Plan integriert gewesen. Aber die Stimme irritierte ihn. Normalerweise waren die Wächter nicht weiblich. Und klangen nicht so ... aufgeregt.

Für einen kurzen Moment blickte er in die dunkelbraunen Augen eines auf ihn zustürmenden Mädchens, bevor sie in ihn hereinrannte, ihn mit sich zu Boden riss, sich sein Phone schnappte und die Musik kurzerhand ausstellte.

Dann rappelte sie sich wieder hoch und sah ihn streng und ängstlich zugleich an. "Was war das?", fauchte sie. "Wolltest du sterben oder was? Du weißt genau, was dich erwartet hätte, wenn einer der Wächter die Musik gehört hätte."

Maven sah ihr ins Gesicht und versuchte, möglichst stark und rebellisch zu wirken, was nicht ganz so einfach war, zumal er immer noch völlig überrumpelt auf dem Boden lag. "Ja", sagte er, während er sich aufsetzte. "Vielleicht wollte ich genau das."

"Du wolltest sterben?" Die kleine Brünette runzelte die Stirn. "Ich will nicht indiskret sein oder so, aber es gibt wesentlich einfachere Methoden, sein Leben zu beenden."

Maven seufzte. Er war inzwischen aufgestanden und sah nun auf das Mädchen herunter. "Ich wollte nicht sterben, aber ich war bereit dazu. Was ich wollte, war ... es ist kompliziert."

Er wollte gerade zu einer weiteren Erklärung ansetzen, als ein schwarzer Wagen vor dem Tor des Parks eine Vollbremsung hinlegte. Zwei Wächter stiegen aus.

DANCE oder wie man mit einer Rebellion beginntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt