the Return of "Familienfeier"

5 0 0
                                    

Wenn mich jemand nach meiner ganz persönlichen Meinung fragt, würde ich demjenigen sagen: „Ich hasse zweite Teile." Ich habe den zweiten Teil von „Tribute von Panem" gehasst und ich habe den zweiten Teil von „Twilight" gehasst...Naja eigentlich nicht nur den zweiten. Da mich aber keiner fragt, sitze ich nun im Auto mit Mama, ihrem Freund Thomas und meinen Großeltern. Der zweite Teil der „Wir-besuchen-die-Familie-weil-ein-x-beliebiger-Feiertag-ist" geht zu meiner Familie mütterlicherseits.

Wäre das jetzt eine Komödie im Fernsehen, natürlich eine aus Deutschland, weil das die schlimmsten sind, würde spätestens jetzt fröhliche Musik einspielen und eine Kamera würde aus der Vogelperspektive das Auto von oben zeigen, wie es durch wunderschöne Blumenwiesen, dunkle Tannenwälder und über klare Bäche fährt. Das Ganze ähnelt aber eher einer Tragödie und anstatt durch schöne Landschaften zu fahren, sind wir auf dem Weg zu dem Wohnort meiner Urgroßmutter. Das lauschige Örtchen mit dem klangvollen Namen „Dittlofsroda" befindet sich richtig geraten: mitten in der tiefsten Pampa. Ich sitze im hinteren Teil des Autos und höre Musik, um mich abzulenken. Die Lieder wechseln von „How could this happen to me" von Simple Plan, zu der Band „Tragedy of mine" um letztendlich bei „The End" von the Doors zu landen.

Als wir ankommen, holen wir zuerst meine Uroma zuhause ab. Zum Kaffee sind wir jedoch zu meiner Urtante eingeladen. Ihr wisst schon. Die Tante meiner Mutter. Also theoretisch meine Urtante. Ach was weiß ich. Während die anderen schon einmal vorgehen, wird mir die Ehre zugeteilt, Oma nach vorne zu begleiten. Toller Plan, denken sich die anderen. Schlechter Plan, denke ich. Die Unterhaltung verläuft ihrem Alter gemäß: langsam. „Schönes Wetter heute oder?" frage ich mit einem Lächeln, um eine Konversation zu starten. Komischerweise bekomme ich keine Reaktion. Dann fällt es mir wieder ein. „Schönes Wetter heute oder?" wiederhole ich etwas lauter und etwas langsamer meinen eher kläglichen Versuch, Smalltalk zu beginnen. Meine Oma belohnt mich sogar mit einer Reaktion, indem sie sich umdreht und mich anlächelt, aber nichts sagt. Okay. Dritter Versuch. Ich tippe sie an, warte bis sie sich umdreht, zeige dann mit meinem Zeigefinger in Richtung Himmel und mache ein „Okay" Zeichen. „Ja die Luft ist gut hier oder?" erwidert meine Oma und ich gebe es auf. Ich bin ihr einfach nicht gewachsen.

Endlich kommen wir an dem Haus meiner Tante an. Nach den übrigen Floskeln wie „Ach bist du groß geworden." oder „Der Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten!" oder (einer meiner Favoriten ) „Soll ich dir die Löcher in deiner Hose nähen?" sitzen wir alle vereint am Tisch und es gibt Kaffee mit Kuchen. Leider ist der Kuchen Pflaumenkuchen. Wegen meiner traumatischen Erfahrung mit Pflaumenkuchen in meiner Kindheit, lehne ich Essen ab und widme mich dem Kaffee. Nur irgendwie scheint keiner zu verstehen, dass es Leute gibt die einfach keine Pflaumen mögen, da ich allen Ernstes gefragt werde: „Aber Kind du wirst doch nicht magersüchtig sein?" Ich versuche meine Familie zu beschwichtigen und ihnen zu erklären, dass Pflaumen einfach nicht mein Ding sind. Aber nein, Pflaumen muss man mögen. Nach einer Stunde Ermunterung schlucke ich mein Kindheitstrauma mitsamt einem Stück Pflaumenkuchen runter. Wegen meinem vielen Kaffeekonsum der letzten Stunde, eine taktische Möglichkeit unangenehmen Gesprächen über meine berufliche Zukunft zu entgehen, entschuldige ich mich, um auf die Toilette zu gehen. Gerade als ich durch die Tür gehen will, höre ich noch meine Tante fragen: „Hat sie vielleicht doch Bulimie?"

Als ich zurückkomme, hat sich das Gespräch anderen Dingen zugewendet. Ähnlichkeiten innerhalb der Familie. „Sowohl meine Frau, als auch meine Tochter, als auch meine Enkelin verlegen gerne ihre Schlüssel!" lacht mein Opa und meine Tante erwidert: „Und alle drei haben denselben Dickkopf!" „Das liegt aber in der gesamten Familie." neckt meine Oma. Plötzlich mischt sich meine fünfjährige Cousine in das Gespräch mit ein. „Ich hab auch noch eine Gemeinsamkeit!" und hebt die Hand. Sie deutet mit dem Finger auf meine Oma, dann auf meine Mutter. Ihr Blick streift mich, deutet aber nicht auf mich. Dann sagt sie: „Ihr seid beide geschieden!" und lachte. Als einzige wohlgemerkt. Niemand sieht mich an. Niemand sagt: „Ach noch eine Gemeinsamkeit!" Ich seufze. Ich hasse Familienfeiern.

Aber mich fragt ja keiner.



Poetry JamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt