17. Türchen

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„Marinette?“, keuchte Bad Son und trat einen weiteren Schritt zurück. Erschrocken blickte ich zurück, doch dann wallte neuer Kampfmut in mir auf. Auch wenn der Glücksbringer mit der Verwandlung verschwunden war, ich hatte das Seil weit genug angesäbelt. Mit einem Ruck hatte ich mich befreit und auf den fassungslosen Jungen gestürzt, doch diesmal zögerte ich nicht. Ich zerrte den Bilderrahmen hervor und zerbrach ihn über meinem Knie.
Zeitgleich mit einem lauten ‚NEIN!' von dem Blonden flatterte ein Akuma hervor, den ich in Ermangelung meines Jo-jos kurzerhand in meiner Tasche einsperrte. Bad Son sprang zornig auf und stürmte auf mich zu, doch ich wich zwei Schritte zurück und kniff dann die Augen zusammen.
‚Tut mir so, so leid, Adrien‘, schoss es mir durch den Kopf. Er warf sich suf mich, doch einen Sekundenbruchteil bevor er mich erreichte wich ich einen Schritt zur Seite aus und der Junge knallte mit voller Wucht gegen die Metallstange. Dann taumelte er benommen einen Schritt zurück und kippte dann bewusstlos um.

Zärtlich fing ich ihn auf und legte schließlich sanft seinen Kopf auf den Boden. Dann öffnete ich seine Hand, nahm mir meine Ohrringe und zog sie schnell an. Sogleich erschien Tikki, sie konnte sich kaum in der Luft halten und murmelte schwach: „Ist es vorbei, Marinette?“
Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Tut mir leid Tikki, wir müssen noch den Akuma einfangen. Schaffst du das noch?“
Müde nickte sie. Sie war so tapfer, es bereitete mir ein riesiges Unbehagen, die Worte auszusprechen, doch es musste getan werden. Schnell ließ ich den Akuma aus meiner Tasche - nicht, dass er noch mit eingesogen werden würde.

Ein letztes Mal für diesen Tag verwandelte mein Kwami mich. Gerade noch rechtzeitig, bevor er fliehen konnte, erwische ich den geflügelten Bösewicht und fing ihn ein, um ihn danach als harmlosen, weißen Schmetterling zu entlassen. Dann setzte ich erneut den Glücksbringer ein, warf ihn danach hoch und ließ die Schwärme los, damit sie Paris wieder normalisieren konnten. Dann löste sich auch schon die Verwandlung und Tikki fiel in meine Hände. „Tut mir leid... Marinette... Länger konnte ich nicht...“
Ihre Augen fielen zu.
„Tikki! Nein!“, entsetzt stupste ich sie an, doch ihre Augen blieben geschlossen. Ich wimmerte leise, aber dann bemerkte ich, dass ihr Bauch sich kaum merklich hob und senkte. Sie war also auch 'nur' bewusstlos.
Ich bettete Tikki vorsichtig in meiner Tasche, ich musste jetzt Adrien irgendwie zu ihm nach Hause schaffen und mich dann um meine Freundin kümmern.

Ich kniete mich neben Adrien. Er sah ganz und gar nicht gut aus, besorgt strich ich ihm über die Stirn, zwar keine Platzwunde, aber ich konnte jetzt schon eine ordentliche Beule spüren und die Stelle war aich ziemlich gerötet. „Es tut mir so leid...“, hauchte ich, dann schlang ich meine Arme um seinen Oberkörper.
Meine Emotionen überrollten mich wie eine Welle und ich hatte gar keine Chance aufzutauchen. Alles war schief gegangen, Adrien wusste nun, dass seine tolle Ladybug in Wirklichkeit nur ein unbeholfenes, tollpatschiges Mädchen war und schlimmer noch, er lag bewusstlos vor mir! Und das war meine Schuld... Dazu kam noch mein ebenfalls bewusstloser Kwami und Chat Noir... Er war vielleicht noch irgendwo eingesperrt. Aber er war ein kluger Kater und würde sich sicherlich helfen können, außerdem konnte ich ihn ohne Tikki sowieso nicht suchen gehen.
Heiße Tränen quollen aus meinen Augen und ich vergrub mein Gesicht in Adriens Shirt. Wieso... wieso passierte sowas?
Verzweifelt schluchzte ich auf, doch dann presste ich meine Lippen aufeinander. Ich musste jetzt stark sein, für Adrien und Tikki. Das war ich ihnen schuldig. Entschlossen wischte ich meine Tränen weg, auch wenn sie noch nicht versiegt waren. Dann kniete ich mich hinter Adriens Kopf, packte ihn unter den Armen und zerrte ihn mit mir hoch. Ohne meine Superkräfte war das furchtbar anstrengend, dennoch gab ich nicht auf. Als ich endlich stand und Adrien schlaff in meinen Armen hing, setzte ich einen Fuß vor den anderen nach hinten, Richtung Tür, während ich Adrien mitschleppte. Sein Kopf lag halb auf meiner Schulter, halb auf meinem Schlüsselbein und mit jedem Schritt schien sein Körper schwerer zu werden, doch ich umklammerte ihn verkrampft und ging weiter, Schritt, für Schritt. Schon bald standen mir Schweißperlen auf der Stirn, doch es war nicht mehr weit. Nur noch ein Stück...

Merry Christmas!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt