"In your dreams, you can be everything you want to be. Imagine what would happen if they became true... It's up to you."
Auch in den nächsten Wochen erhielt ich Blumensträuße und Briefe von meinem mysteriösen Verehrer. Zuerst standen nur kurze Sätze auf dem Papier, dann wurden es immer längere Briefe.
Deine Augen funkeln wie die See... Ich möchte durch dein weiches Haar streichen... Deine Haut ist so glatt wie Pergament...
Ich schüttelte den Kopf. Also wirklich, so glatt wie Pergament? Das war kein Kompliment, das war eine Beleidigung. Pergament war erstens tot und zweitens staubtrocken.
Gerade hatte ich noch einen Brief bekommen. Ich war allein im Laden; Emily war vor zehn Minuten gefahren und jetzt saß ich hier mit einem fetten Bund Karotten vor mir. Ja, Karotten.
Ich entfaltete das bräunliche Papier und zog die Augenbrauen hoch, als ich sah, wie viel mein Verehrer diesmal geschrieben hatte. Fast die ganze Seite war mit seiner krakeligen Schrift gefüllt. Sie war mir so vertraut; ich hatte schon beim ersten Blumenstrauß das Gefühl, den Typen zu kennen. Aber das war wahrscheinlich nur so ein Gefühl.Liebe Elena,
Du bist das Erste, woran ich denke, wenn ich morgens aufwache. Deine unvergesslichen blauen Augen. Deine feuerroten Haare. Deine Lippen, die so verlockend weich aussehen. Dein Körper. Mein Herz schreit nach deinem Körper. Ich spüre großes Verlangen. Du bist so wahrhaftig schön, wie eine Elfe im Morgengrauen. Dein-
Ein Lachanfall überkam mich. Eine Elfe im Morgengrauen? Er verglich mich mit einer Elfe im Morgengrauen? So tief war ich also schon gesunken. Ich atmete tief durch; so langsam suchten mich vor lauter Lachen Bauchschmerzen heim. Als ich mich endlich gefangen hatte, musste ich erst einmal die Tränen aus meinen Augen streichen, bevor ich weiterlesen konnte.
Dein strahlendes Lächeln versüßt mir den Tag wie ein leckeres Erdbeereis. Ich bin sicher, du schmeckst auch nach Erdbeereis. Weißt du, woran ich es erkenne? Deine roten Haare. Die sehen aus wie eine Erdbeere. Und deine blauen Augen sind so kalt. Das zusammen ergibt Erdbeereis. Ich will dich schmecken, deinen süßen Köper, will von dir kosten und dich mit meinem Körper verwöhnen. Mit den Karotten kannst du schon einmal vorkosten, wie ich mich anfühle ;)
Viel Spaß dabei!Ich starrte gefühlte zehn Minuten auf das Papier in meiner Hand und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Was war das bitte für ein armseliger Liebesbrief? Sollte ich jetzt feucht sein? Wollte er ernsthaft - ERNSTHAFT - dass ich mir diese Möhren unten reinsteckte? Und was noch viel schlimmer war - hatte er die Möhren mit seinem Ding verglichen? So dick waren die ja jetzt nicht. Aber gut. Mir egal, wie dick sein Teil war, wenn ich ihn erwischen würde, dann wären seine besten Tage gezählt. Aber so was von. Dann würde ich Möhrensalat aus ihm machen und ihn zwingen, den zu essen. Zufrieden nickte ich und legte den Zettel neben den Bund Möhren.
Während ich mir noch vorstellte, was ich so mit dem Rohr des Unbekannten tun könnte, klingelte die Ladenglocke und ich versuchte, die Bilder von zerstückelten Schwänzen aus meinem Kopf zu bekommen. Mein Blick fiel auf ein kleines Bild einer Babykatze, das Emily einmal auf dem Tisch abgestellt hatte.
Denk an Katzen, süße kleine Katzen...
Ich stand auf und ging nach vorn in den Laden.
"Marge! Hallo, wie geht's?", fragte ich überrascht, als sie an die Ladentheke trat.
"Gut, gut", winkte sie ab und stellte eine Stofftüte auf die Theke. "Es ist etwas Furchtbares passiert!"
"Was denn?", fragte ich alarmiert. "Ist etwas mit Albert?"
"Nein, dem geht's blendend. Wir fliegen doch morgen nach England und mein Abendkleid ist gerissen!" Verzweifelt schlug sie sich die Hände an den Kopf.
"Zeig mal her", forderte ich sie auf und beugte mich über die Theke. Sie zog das elegante königsblaue Kleid heraus und schon beim ersten Blick sah ich den Riss an der Naht zwischen Ober- und Unterteil.
"Okay, pass auf. Ich ruf jetzt Emi an und sag ihr, sie soll mit ihrem Erste-Hilfe-Kasten kommen, das kriegt sie wieder hin. Der Riss ist groß, aber einfach zu nähen. Naja, für sie."
"Das wäre wirklich toll, wenn das klappt!", erwiderte Marge aufgeregt. Ich zückte mein Handy und tippte Emilys Nummer ein.
"Emily Berens hier?"
"Emi? Ein Notfall. Das Abendkleid von Marge ist gerissen und sie fliegt morgen in die Heimat", informierte ich meine Kollegin mit einem leichten Stich in der Brust. Die Heimat.
"Komme sofort", antwortete Emily todernst. Ich legte auf und sah Marge an.
"Sie kommt", sagte ich; und meine Tante atmete erleichtert auf.
"Komm doch mit nach England", meinte sie gutmütig.
"Was? Nein, ich muss Harry versorgen und hab den Laden. Auch wenn der nicht soo super läuft", fügte ich leise hinzu.
"Harry kann auch von den anderen versorgt werden und den Laden kriegt Emily auch ein paar Tage allein geschmissen", meinte Marge, "ich weiß, dass du England vermisst." Sie lächelte traurig.
"Ich lebe jetzt hier, in Deutschland" meinte ich schulterzuckend.
"Trotzdem kannst du mal dein Heimatland besuchen", erwiderte sie starrköpfig.
"Ich fliege nicht nach England!", rief ich beinahe panisch.
Einen Moment herrschte betretene Stille; sie war sich ihres Fehlers bewusst.
"Tut mir leid. Ich hab nicht dran gedacht..." Ihre Stimme verlor sich. Ich drehte mich um und ging in das Räumchen. Im Schutz des Vorhangs schloss ich die Augen und atmete tief durch. Denk an was, an irgendwas... Kätzchen! Ich schlug die Augen wieder auf und sah mir das Bild nochmal an. Emily und ich sollten uns auch eine Katze zulegen. Diese süßen kleinen Tierchen machten das Zuhause doch erst viel heimischer. Ich würde Emily gleich fragen, was sie von der Idee hielt.
Das Läuten der Glocke riss mich aus den Gedanken, und mit einem letzten Blick auf das Kätzchen schritt ich zurück in den Vorraum.
"Hallo Emily!" Ich stützte mich mit den Armen auf dem Ladentisch ab. Marge stand noch immer wie versteinert vor der Theke.
"Hi! Dann lass mal sehen, Marge." Wie mechanisch zeigte sie ihr die gerissene Stelle.
"Ach, das kriegen wir wieder hin!", versicherte Emily uns und zückte ihren Notfallkoffer.
"Nur ein paar kleine Stiche und da war nie ein Riss, wirst schon sehen." Sie drehte das Kleid auf links, verglich die Farben des Garns und holte eine Nadel, nachdem sie sich entschieden hatte.
Marge und ich sahen ihr zu, wie sie mit flinken Händen das Kleid reparierte. Als sie fertig war, packte sie all ihre Sachen wieder ordentlich ein und strahlte Marge an.
"Voila!"
"Vielen Dank!" Marge nahm das Kleid und verstaute es wieder in ihrer Tüte. "Ihr habt mir den Urlaub gerettet."
"Kein Ding", winkte Emily ab. "Viel Spaß euch beiden und grüß Albert von uns!"
"Danke, mach ich! Tschüss!" Eilig verließ sie den Laden.
"Lass uns eine Katze kaufen", meinte ich geradeheraus.
"Was?", fragte Emily verdattert.
"Eine Katze. Miau?" Ich sah sie erwartungsvoll an.
"Wie kommst du jetzt darauf?"
"Du hast dieses Bild auf dem Tisch hinten stehen und da dachte ich, eine Katze wär doch was Cooles."
"Okay, das Tierheim ist voll von armen Katzen!", rief sie begeistert. "Was meinst du, wie viele passen in die Wohnung?"
Mir kam da eine ganz andere Frage auf: Waren in unserer Wohnung überhaupt Haustiere erlaubt? Na, egal, kontrollierte ja eh keiner.
"Bestimmt zehn oder so. Stell mal vor, die ganze Wohnung voller kleiner Katzen!", schwärmte ich.
"Ich sehe heute Abend sofort im Internet nach, ob es ein Tierheim in der Nähe mit Katzen gibt!", quietschte Emily aufgeregt.
"Oh ja, tu das." Die Ladenglocke läutete und ein älterer Herr betrat den Raum. "Guten Tag! Ach Emily, kannst du die Möhren da hinten in mein Auto legen?"
"Möhren? Welche Möhren?" Misstrauisch tat sie einen Schritt auf den Vorhang zu. Zögernd öffnete sie ihn und blickte auf den Tisch. Ich würde es ihr später erklären.
"Diese Möhren."
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Fire Red - Mit den Flammen spielt man nicht
Fiksi RemajaEllie war kalt. Ellie war unnahbar. Ellie war Einzelgängerin. Doch das ist jetzt Geschichte! Sechs Jahre sind vergangen, seit Ellie Nick und Emily kennengelernt hat. Aus anfänglicher Abneigung ist inzwischen eine tiefe Freundschaft geworden. Abe...