Kapitel 3 | Novizin Vereesa

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Die Sonne stand im Zenit, als Kiyara in ihr Licht trat.
Doch obwohl das Licht sie äußerlich wärmte, war ihr Innerstes eiskalt.
So kalt wie der Schnee, der in der Drachenöde lag, wenn nicht sogar kälter.
Dort, wo vorher das Feuer der Hoffnung für ihre Mutter gebrannt hat, war nun gähnende, kalte Leere.
Sie hatte niemanden mehr.
Selbst ihre Freunde hatte sie seit langem nicht mehr gesehen.
Die Arme um sich geschlungen, ging sie langsam weiter.
Dalarans Straßen waren erstaunlich leer.
Von den ganzen sogenannten Champions mal abgesehen.
Mit ihren leuchtenden Waffen und Rüstungen gingen, liefen oder ritten sie durch Dalarans Straßen, scheinbar uninteressiert, die Eiskronenzitadelle zu stürmen.
So war Kiyara doch erleichtert, drei Champions über einen Sturmangriff reden zu hören.
"Uns fehlt nur ein Kämpfer...", murmelte ein Paladin mit einer besonders hell leuchtenden Ausrüstung. "Heiler haben wir und auch fünf Schützer. Aber nur ein Kämpfer. Die anderen Champions wollen noch gar nicht..."
"Du kannst nicht warten, Kyris, kann das sein?" Ein Tauren - leicht als Druide erkennbar - zog die Schultern hoch. "Deine Ungeduld ist unglaublich. Wir haben Zeit. Der Todesritter, der neuerdings als Spion fungiert, sagte, dass Arthas die Eiskronenzitadelle vorerst nicht verlässt."
"Vorerst." Der Paladin schnalzte verächtlich mit der Zunge. "Das heißt?"
"Der nächste Monat. Zudem haben wir ein paar Neruben auf unserer Seite, die uns den Eingang erleichtern werden.", erklärte ihm ein Orc in voller Rüstung.
Für Kiyara war das die Möglichkeit.
Die Möglichkeit, ihre Eltern zu rächen.
"Verzeiht..." Mit einem eher verlegenen Blick trat sie zu den drei anderen.
Ihre Aufmerksamkeit hatte sie sofort.
"Ich hörte, dass Ihr noch einen Kämpfer braucht..."
"Ihr wollt mit uns die Eiskronenzitadelle stürmen?", fragte der Paladin sofort und musterte ihre Klingen. "Assassine, habe ich Recht?"
Kiyara nickte.
"Wie lange kämpft Ihr schon?"
"Seit ich ein Messer halten kann."
"Dann seid Ihr gewiss Mitglied eines Ordens."
"Lehrling der Ungekrönten selbst."
"Dann..." Während der Paladin ihr grinsend die Hand schüttelte, verdrehten Orc und Tauren die Augen. "Willkommen in unseren Reihen."
"Ich bin geehrt." Kiyara lächelte schwach.
"Dann bereitet Euch vor. In einer Woche geht es los."
Kiyara verbeugte sich nur und wandte sich dann ab, um den Weg nach Hause zu beenden.
Doch kaum war sie um die nächste Ecke gegangen, stieß sie mit jemandem zusammen.
Die junge Elfe mit dem hohen Bücherstapel stolperte nach hinten und bevor Kiyara sie festhalten konnte, fiel sie auf den Boden und die Bücher fielen um sie herum.
"Oh, verzeiht..." Kiyara begann die Bücher zu stapeln, während sich die Elfe aufsetzte. "Ich habe Euch nicht kommen sehen..."
"Es wäre ja auch ein Wunder, könntet Ihr um Ecken gucken.", lachte die Elfe und half ihr, die Bücher zu sammeln. "Außerdem habe ich Euch auch nicht gesehen."
"Tja, so ist es wohl. Aber warum schleppt Ihr so viele Bücher mit Euch herum?", fragte Kiyara und sah auf.
Doch dann hielt sie inne.
Goldene Augen, die schon förmlich strahlten, sahen sie fröhlich an, unterstrichen von dem sanften Lächeln auf ihren dünnen Lippen.
Mit ihren weißen, im Sonnenlicht golden schimmernden Haaren schien sie eine Gestalt des manifestierten Lichts zu sein.
Das Buch, welches Kiyara gerade in der Hand hielt, passte zu der Situation.
Die Legende der Sonnengöttin.

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