Kapitel 2

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Ich renne aus dem Zimmer und schaue mich im Flur um. Lena ist nicht da. Dann kommt mir eine Idee. Vielleicht ist sie nur auf Toilette. Also gehe ich wieder zurück ins Zimmer und sie ist wieder da. Ein Glück.
,,Alles okay?", fragt Lena. ,,Ja, klar. Du warst eben nur auf Toilette, oder?", frage ich. Sie nickt. ,,Dann mach mal deinen Oberkörper frei. Ich höre dich ab und untersuche dich mal. Zum Schluss muss ich dir Blut abnehmen. Und der Zugang bleibt dann drin, vorerst", sage ich. ,,Muss das mit dem Zugang sein? Ich habe Angst vor Nadeln", sagt Lena. ,,Ja, das muss sein. Aber sie bleibt nur zwei Tage drin. Ist ja nicht so lange", sage ich und hole ein Stethoskop aus meiner Kitteltasche. ,,Ich höre dich jetzt ab", sage ich und beginne die Untersuchungen. Danach hole ich die Nierenschale mit den Nadeln und allem.

,,Kann ich dir jetzt Blut abnehmen oder muss ich jemanden holen?", frage ich. ,,Ich mache es freiwillig. Bitte niemanden holen", sagt Lena und verkrampft sich. ,,Keine Angst, ich mache es alleine. So, dann mach mal deinen Handrücken frei", sage ich und hole das Desinfektionsspray. Ich säubere den Handrücken und steche mich einer Nadel rein. ,,So, ist schon vorbei. Ich klebe ihn jetzt noch fest, dass er nicht rausrutscht. Das tut nämlich weh, wenn die Nadel aus der Vene rutscht. Ich spreche aus Erfahrung", sage ich und nehme Kompressen und Klebestreifen. Dann mache ich noch einen Verband darum.

Dabei fällt mir er Unterarm von meiner Patientin auf. ,,Lena, was hast du denn da gemacht? Hast du dich geritzt?", frage ich. ,,Das ist schon Jahre her. Die sind alt", sagt sie. ,,Darf ich mal sehen?", frage ich und nehme den Arm. Die Schnitte sind tatsächlich alt. ,,Kannst du mir bitte sagen, warum du aus dem Fenster springen wolltest?", frage ich. ,,Ja, das kann ich machen. Vielleicht glauben Sie mir dann endlich, dass ich nicht ... dass ich nicht mit Absicht springen wollte", sagt Lena. ,,Dann erzähl mal", fordere ich sie auf. ,,Ich wurde von meinem Vater verprügelt. Eine nette Polizistin hat mich da rausgeholt. Aber mein Vater hat mich gefunden und ins Krankenhaus geprügelt. Ich war am genesen. Und dann kam er rein. Ich bin vor Angst zurückgewichen. Ich habe nicht bemerkt, dass er weg ist. Und die Ärztin wusste das alles nicht. Verstehen Sie denn jetzt, dass ich nicht springen wollte? Ich hatte nur Angst vor meinem Vater. Können Sie vielleicht der Polizistin anrufen?", frage ich. ,,Natürlich, wie heißt die denn?", frage ich. ,,Nina Schmeußer, glaube ich."

,,Ich rufe sie an", sage ich und gehe raus. Nach dem Telefonat gehe ich wieder ins Patientenzimmer. ,,Sie kommt erst morgen. Ich bin für dich da, falls etwas ist", sage ich. ,,Danke, Frau Martinson", sagt Lena. ,,Nenn mich doch einfach Paula", sage ich und lächele meine Patientin an. Wow, was sage ich denn da? Sie ist nur eine Patientin, mehr nicht. Ich muss professionell bleiben. 

Ich mag Lena jetzt schon sehr. Sie ist ehrlich und freundlich und akzeptiert das hier einfach. Ich würde in so einer Situation nicht so ruhig sein. Dann lasse ich sie ein bisschen alleine. Jedoch schicke ich eine Schwester zu ihr, um die Aufnahme zu machen. Da fällt mir noch etwas ein und ich gehe zu Lena ins Zimmer. ,,Lena, du hast mir doch vorhin erzählt, dass dein Vater dich misshandelt hat. Kann ich mir die Hämatome mal anschaue?", frage ich. ,,Klar, die sind auf meinem Bauch", sagt sie und zieht ihr Shirt hoch. Man sieht mehrere Flecken in verschiedenen Farben. Die sind verschieden alt. ,,Okay, ab morgen reden wir dann über verschiedene Dinge", sage ich. Lena nickt. Dann gehe ich wieder in mein Büro. Ich schaue auf dem Kalender nach und sehe, dass auf der Station nur noch fünf Leute sind. Alles Mädchen, zwischen 14 und 16 Jahren. Aber keine ist mir so sympathisch wie Lena.

Pünktlich um 17 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Hause. Julia ist in der Küche. Ich lege mich erstmal aufs Sofa und die Jungs sind arbeiten. Ich mache die Augen zu und ruhe mich aus. Nach ein paar Minuten holt Julia mich zum Essen. Ich erzähle ihr von Lena. ,,Ja, Lena ist süß. Aber Silke meint, dass sie sich umbringen will. Vielleicht sollten wir mal mit ihr reden, ob sie bei uns wohnen möchte", schlägt Julia vor. ,,Du hast doch morgen frei. Komm mit und platz 'ganz zufällig' ins Gespräch. Und dann kannst du mit ihr reden", sage ich. ,,Ja, so können wir es machen", sage ich. Dann schauen wir noch eine Weile fern. Danach gehe ich ins Bett.

So, wie versprochen kommt heute das ist das 2. Kapitel. Ich hoffe, dass es euch gefällt. Bitte schreibt mir eure Meinung in die Kommentare. Ich würde mich sehr über Rückmeldung freuen.

Eure Jacqui1709

Paula Martinson - Story ♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt