Leiza war nicht im Geringsten überrascht, dass sie die Erste in der Bar war.
Schon seit ihrer Jugend war sie überall immer eine halbe Stunde zu früh aufgetaucht. Lentil hatte das immer verlacht, doch somit war Leiza tatsächlich noch nie in ihrem Leben zu spät gewesen.
Sie mochte das Gefühl, den Anderen ankommen zu sehen und ihm einen Platz anzubieten, statt selbst abgehetzt auf zu tauchen.
Leiza wusste nicht, wer zuerst erscheinen würde - Petersen oder der Reporter.
Sie zog ihre Tasche unter dem Tisch hervor und wollte ein letztes Mal ihr Aussehen im Spiegel überprüfen, als ihr ein kleines quadratisches Päckchen entgegen fiel. Ein kleines Post-It klebte drauf und Leiza erkannte Irenas Schrift. ›Für den Notfall‹, stand auf dem Kondom.
Leiza glaubte zu spüren wie sie rot anlief. Wenn sie nach Hause kommen würde, müsse sie das unbedingt mit Irena klären.
»Noch einiges vor, heute Nacht?« Eine Stimme neben ihrem Ohr sorgte dafür, dass sie sich rasend schnell auf dem Stuhl umdrehte.
Der Mann vor ihr hatte ein kokettes Lächeln und zog seine Augenbrauen auf eine nicht anzügliche Art nach oben.
Zuerst wollte Leiza ihn ignorieren, dann wollte sie am liebsten etwas Böses sagen, denn so etwas Unverschämtes hatte sie schon lange nicht gehört - doch all das blieb ihr verwehrt, weil genau in diesem Augenblick Petersen die Bar betrat.
Der Anwalt hatte eine Art von Auftreten, die Leiza insgeheim bewunderte. Er war selbstsicher, durch und durch.
Als er Leiza erblickte, lächelte er freundlich und kam auf sie zu. »Meine Liebe, ich hoffe, ich habe Sie nicht warten lassen?«
Leiza verneinte - obwohl sie bereits seit vierzig Minuten hier war - und begrüßte Petersen auf eine Art, wie man es in gut betuchten Country Clubs tat.
Petersen bemerkte den Mann, der immer noch neben Leiza stand. Sie hoffte, er würde ihn fortschicken, so dass sie sich nicht doch noch einen schlagfertigen Spruch überlegen müsse.
Doch dann lachte Petersen noch doller und nahm den Mann in den Arm.
Dies war also der Reporter.
Dieser Halunke, dachte Leiza und verzog ein wenig das Gesicht.
»Wie schön dich zu sehen, John«, sagte der Halunke und klopfte dem Anwalt brüderlich auf die Schulter.
»Das kann ich nur zurück geben. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Seit dem letzten Jahr am College?«
»Warst du nicht mit dieser Kristin zusammen? Sie studierte Kunst?«
»Ach Gott, ja. Das war ein Reinfall, dieses ständige bemalen von Küchengeräten.«
Beide lachten wieder und Leiza fragte sich so langsam, was das hier war? Waren sie hier um alte Collegegeschichten auszutauschen oder um ihren Bruder zubefreien.
Petersen schien sich wieder an Leizas Gegenwart zu erinnern und wandte sich ihr zu. »Conner, dies ist Leiza Smallwood. Leiza, das ist Conner Lewis. Er wird uns begleiten.«
Conner Lewis lächelte wieder kokett und nahm Leizas Hand um einen Kuss drauf zu hauchen.
Ein Halunke mit Manieren, dachte sie und versuchte nicht rot zu werden.
»Freut mich, Miss Smallwood«, sagte Conner und setzte sich.
»Im Angesicht dessen, weswegen wir uns hier befinden, weiß ich nicht, ob von Freude die Rede sein kann«, erwiderte Leiza höflich, aber direkt.
Conner schien sich von ihrer Dirketheit nicht weiter beeindrucken zu lassen, gab dem Kellner ein Zeichen und schob Leiza dann zielsicher auf einen Tisch in einer ruhigeren Nische. Petersen folgte.
Als alle Formalitäten geklärt waren, brannte Leiza eine letzte Frage auf der Seele.
»Wie wollen Sie es schaffen, Mr Lewis, dass die Öffentlichkeit Druck auf die Regierungen ausübt. Ich zweifel nicht an Ihrem Können, nur an der Reichweit.«
Conner lehnte sich zurück und schob die Augenbrauen nach oben. »Im Grunde werde ich meine Artikel wie ein Tagebuch betrachten und jeden Tag werde ich sie an die Redaktion der Times und Washington Post verschicken. Mit denen habe ich einen exklusiv Vertrag ausgehandelt, sie werden täglich drucken. Bis zur Abreise werde ich auch den Portland Advertiser klarschiff gemacht. «
»Die Post? Ist das nicht viel zu teuer?« Leiza überschlug im Kopf, was man wohl für eine Hochzeitsanzeige in der Washington Post bezahlen würde. Sie kam auf keine Zahl, die ihr keine Gänsehaut den Rücken hinabjagte.
»An sich schon, doch ich habe bei einem der Readakteuere einen Gefallen gut und diesen habe ich so eingelöst. Wir werden am Ende froh sein, wenn viele Menschen über unser Vorhaben Bescheid wissen, glauben Sie mir, Misses Smallwood.«
Leiza glaubte ihm. Sie reagiert aber auch absichtlich nicht auf seinen Fehler sie Misses gennant zu haben. Sie glaubte nämlich, dass dies ein Trick von Conner Lewis war.
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Broken Strings
AdventureAcht Jahre sitzt der Bruder von Leiza Smallwood bereits im Todestrakt eines malaysischen Gefängnisses - unschuldig! Jetzt macht sich seine Schwester auf den Weg um ihn zu holen. Was anfangs leicht erscheint, wird immer schwieriger. Je weiter sie ins...