Langeweile. Mehr ist es nicht. Auch ein Ding kann sich langweilen. Und es gibt so viele spannende Sachen. Feuer zum Beispiel. Ich weiß nichts mehr. Es schwierig, sich an Sachen zu erinnern, wenn man damit kein Gefühl verbindet. Aber Feuer ist spannend. Es kann fliegen. Es kann spritzen, wie Wasser. Es kann so unglaublich vieles. Es kann malen, und wenn es explodiert, hällt es die Zeit an. Es kann so viele Farben haben. Es kann sich winden, und es kann tanzen und rauschen und brüllen und sprinten.
Ich mag das Feuer.
Für Menschen ist es Freund und Feind.
Ich bin Ding.
Ich kann nicht verbrennen. Mein Glas schmilzt auch nicht.
Für mich ist es Freund.Ich mag auch seine Wirkung. Ich habe kein Mitleid. Nicht mit zappelnden Käfern. Nicht mit Vogelküken, nicht mit Weisenkindern oder geschlachteten Tieren. Und auch nicht mit sich windenden brennenden Menschen.
Ein gläsernen Körper voller Rauch ist Kunst. Er wird grau und in ihm verlaufen Strukturen; sie hören nicht auf, bis ans Ende der Zeit ein Meer aus grauem Wallen, Leere. Ich fand meine erste Zigarette als Ding faszinierende als je ein Mensch.
Ich habe das hellhellhellblau, fast durchsichtig, das Schillern und das Glänzen satt. Ich bin nicht rein und fortschrittlich und steril. Ich bin das Abbild von einer Welt aus Plastikkörpern und und Glasaugen, aus Fallobstkindern und Gewohnheitsignoranten; mit Mauer rings rum und vielleicht einer falschen Sonne und einem Fashistenregime. Ich bin nicht ruhmreich und schön. Ich bin grau und realistisch und trübe und untransparent.
Ich mag ihre Lügen nicht. Keine Gefühle haben ist gut, finde ich. Ich sehe, was da ist.
Und eigentlich gefällt mir das nicht so, wenn ich daran denke, was ein mitfühlender Mensch wohl empfinden würde für all das hier.
Bald werden sie wieder kommen. Sie werden zu spät begreifen, dass das Regime etwas falsch gemacht hat. Ich bin kein Einzelstück.
Die Explosionen, die es bald geben wird, werden nicht von mir ausgelöst.Ich finde sie nur schön.
Und mich verbrennen sie nicht.
Außerdem bin ich eh schon tot, weil das jemand so beschlossen hat.
Ich warte.
Sie müssen uns folgen, bitte.
Gerne.
Hören Sie, es tut mir Leid, aber ich muss Ihnen diese Handschellen hier anlegen. Nichts Persönlich, verstehen Sie das bitte nicht falsch.
Kein Problem.
Wissen Sie, es war eigentlich gar nicht so geplant... Hier, nun ja, hier kommen sonst nur, naja... keine... Sie wissen schon...
Ich war auch überrascht, dass Dinge in den Himmel kommen.
Aber Sie – Ich meine, Sie hatten doch ein Leben, nicht? Haben Sachen erlebt, erledigt, nicht wie ein... hm, sagen wir... Gerät?
Ich weiß nicht, wie das für ein Gerät sein mag. Aber ich habe was gemacht, ja.
Ich meine, wie ein... Wie ein richtiger Mensch, oder?
Oh ja. So anders als die Menschen bin ich nicht.
Schweigen.
Er weiß, was ich in seiner Abwesenheit gedacht habe. Nicht nur ich bin gläsern. Ich bin nicht so anders.
Sagen Sie... Wie lange haben wir noch?
Ein paar Minuten. Und dann eine Ewigkeit.
Äh... Aha. Wie weit wird es gehen?
Alle Mauern. Alle Mauern werden niedergerissen.
Auch die zwischen oben und unten. Alle.Wird alles in die Luft gehen?
Nun haben Sie keine Angst. Sie sind schon tot. Außerdem weiß ich es nicht. Ich weiß nur, was ich vor einigen Jahren immer wieder gewünscht habe. Ich weiß nur, was ich berechnet habe. Ich habe die Schule frühzeitig verlassen. Dinge brauchen keine Ausbildung. Was meine Schaffnungsvorbilder daraus dann machen, weiß ich nicht.
Sie haben wirklich gar kein Mitleid, oder?
Nein.
Sie sind doch krank. Ein Monster. Kalt, ignorant.
Ich weiß.
Sind sie überhaupt lebenswürdig?
Ich bin doch tot.
Wo bringen sie mich eigentlich hin?Ist das jetzt nicht egal?
Es interessiert mich trotzdem. Ich will schon wissen, was ich verpasse.
Sie sind ein Monster. Sie haben die Sprengsätze gelegt. Ich glaube Ihnen das Gegenteil nicht.
Das habe ich nie bestritten.
Aber...?
Aber ausgelöst werden sie von Menschen. Vielen, eingeweihten Menschen.
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glas.girl - ich so voller grauem rauch und alles andere brannte ich schwarz
Teen FictionUnsere Welt, irgendwann später als jetzt. Plastik. Glas. Menschen stürzen wie Fallobst durch die Lüfte der Stadt. Die Sonne vielleicht nur aufgemalt. Was, wenn man in einer solchen sterilen Welt genau so gefühlslos ist wie die kopierbaren Plastikfra...