glas.girl - ich so voller grauem rauch und alles andere brannte ich schwarz

1 Barfuß durch die Glasstadt

Mein Leben war so unbedeutend, dass ich es vergessen habe. Tut mir leid.

Und wie sollen wir Sie nun bewerten? Haben sie nicht wenigstens einige Anhaltspunkte?

Nein.

Sie müssen wissen, das ist nun eine sehr schwierige Situation für uns. Wir dürfen, nein, wir können gar nicht jeden hier rein lassen, dass leuchtet Ihnen sicher ein. Haben sie denn unser Schreiben nicht erhalten?

Ich dachte, das ist eine Rechnung.

Eine Rechnung, die in Ihrem Grab landet?

Sie wissen ja nicht, wie hartnäckig die Leute sein können, wenn es ums Geld geht...

Nun ja, wie sie meinen. In dem Schreiben wurden sie aufgefordert, und eine kurze Vita zukommen zu lassen, damit Ihnen einen Begleiter zur Seite stellen können, der Ihnen den Weg zum Ihnen zugewiesenen Teil des Jenseites weisen zu können.
Da das nun nicht geschehen ist, sind wir darauf angewiesen, wenigstens einige Erinnerungen Ihrer Wahl zu analysieren und dann ohne Prüfunf einer höheren Instanz Ihnen eine Empfehlung zu geben und Sie dann den speziellen Bearbeiternen des entsrechenden Bereiches zu übergeben. Wir fordern Sie deshalb nun noch ein mal offiziel auf, uns den Zugang zu ausgewählten Erinnerungen zu gewähren, sonst müssen wir Sie leider ...

Einsperren, schon klar.
Den Himmel hab ich mir irgendwie anders vorgestellt....

Mit Verlaub, das ist nicht der Himmel, das ist das Jenseits. Ob Himmel oder Hölle liegt ganz in Ihrem Ermessen.

Es war eine Welt aus Glas. Barfuß durch die Gläserstadt, barfuß über halbverspiegelte Plastersteinimitate. Eine Stadt und ihre kalte, blendende Fratze, die ihre Bewohner im Schach und im Käfig hielt. Transparenz, aus Sicherheits- und Spiegelglas.
Was keiner der lächelnden, über Touchscreens wischenden Bürger dieser Glaswelt wusste, war, dass nicht alle von ihnen aus Fleisch und Blut waren.
"Wo falsche Transparenz und keine Grenze mehr zwischen Wahrheit und Lüge erkennbar ist, dort ist auch keine Unterschied zwischen echt und flasch erkennbar."
Es war ein urlater Spruch, der während der Revolten seine 5 Minunten Ruhm genossen hatte. Hätten die braven Bürger dieser Stadt ihn nicht vergessen, hätten sie mich erkannt.
Ich vermute, sie wollten mich nicht erkennen. Aber sie haben etwas übersehen. Wer keinen Körper hat, dem kann man auch keine Gefühle geben.

Können Sie bitte zum Punkt kommen? Wir haben nicht ewig Zeit; sie haben doch die Schlange hinter sich gesehen, oder?

Natürlich. Wär zu schön gewesen, wenn Sie sich wirklich für mich interessiert hätten...

Menschen, habe ich gelernt, bestehen aus Fleisch und Blut und werden geboren. Menschen haben Gefühle. Menschen spüren Schmerzen. Menschen fühlen den Regen auf ihrer Haut abperlen.
Ich habe das alles auch mal gefühlt, habe ich erfahren. Ich war einmal eine von ihnen, haben sie zu mir gesagt. Ich war, zumindest körperlich, wie sie.
Nur ich war trotzdem anders.
Sie wussten das. Es hat sie nicht interessiert.
Ich fand das nicht schlimm.
Aber dann haben es die Erwachsenen bemerkt.

Verzeihung, wenn wir Sie unterbrechen müssen.
Hat es einen Grund, dass Sie uns nicht einfach ganz normale Erinnerungen vorlegen können? Sie wissen schon, wie es Ihenen allen auf dem Weg hierher von ihrem Guard vorgeführt wurde.

Ja, den gibt es. Ich versuche gerade, Ihnen das zu erläutern. Wenn Sie mich ausreden lassen – Gucken sie nicht ständig auf die Uhr, davon rede ich auch nicht schneller – dann werden sie es verstehen.

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