2 Stell dir vor...

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...

Wenn Sie sich aber ein bischen kurz fassen könnten... Wir haben zu tun, wissen Sie...

Nicht alles lässt sich in vier bürokratisch komprimierten Sätzen zusammen fassen.



Man stelle sich das vor. Die Kindheit: Spielen auf steril, jeden morgen abgespritzen Festglashinterhöfen, umringt von Plastikfronten, Seit an Seit. Jede erste gerauchte Zigarette hinterlässt graue Spuren an heller Sandsteinimitatfassade. Kein Ball kann eine Scheibe zu Bruch bringen. Wir wussten nicht einmal, was Scherben sind.

Man stelle sich die leeren Augen vor. Die Langeweile, wenn sie nach der Schule im Wintergarten saßen und neben bemüht hellrosa blühenden Tropengewächsen ihre Spielrekorde auf dem Pad bejubeln.

Man stelle sich die Schule vor; alles hell, alles gut belichtet, alles versehen mit Bildschirmen, Touch und modernsten Gesundheitsstühlen. Die Erwartung. Die Entfremdnung, wenn du erzählt bekommst, was eine Kuh ist. Die Langeweile. Die flaschen Zukunftsvisionen. Jeder wusste, wie falsch sie waren. Das Wissen über uns. Das Wissen: Wir sind besser. Wir sind privilegiert. Wir sind die Zukunft unseres Landes. Ist ja nicht so, dass die Lehrer mit der Betonung dessen gesparrt hätten.

Man stelle sich vor: Die erste Konfrontation mit sich selbst. Die erste Spiegelung der eine Kindheit lang verstümmelten Seele.

Man stelle sich vor. Die Berichte. Wie viele Springen. Wie Vögel. Sie stürzen sich wie Vögel von den Dächern einer Glasstadt; und ihre fallenden Körper spiegeln auf ihrem Weg in den Fassaden. Wie Fallobst; kaum noch eine Meldung wert; gelesen gar nicht. So was will man lieber nicht wissen, will man lieber nicht berätseln müssen.

Man stelle sich vor. Die Gewohnheit. Es wird normal, es wird alles normal. Die Mauer, von der niemand weiß, was dahinter liegen mag. Das wissen die Schultabletts nicht. Das will man auch bald nicht mehr wissen; wenn man genug über die Geschichte nachgedacht hat. Der Druck. Ja nicht zu fragen; ja nicht zu sehen, ja nicht zu versagen.

Man stelle sich vor; all die armen Menschen mit ihren Gefühlen und Empfindungen und Wünschen und Utopien.

Ich hatte Glück.

Ich hatte noch nie Gefühle.



Ihnen ist doch bewusst, dass wir Ihre kritischen Äußeren mit protokollieren müssen?
Und mit in unseren Befund über Sie einfließen lassen müssen?

Tun Sie nur, was sie für richtig halten...

Kann es sein, dass Sie die Situation nicht ganz ernst ernst nehmen? Ansonsten können wir Ihre Leichtigkeit nicht nachvollziehen.

Keine Angst, sie werden die noch nachvollziehen können.



Wir wussten nie, ob wir unter einer Kuppel lebten. Vielleicht war die Sonne nur angemalt. Vielleicht waren auch die Wolken nur aus Plastik. Wir haben kaum den Himmel gesehen.

Es ist eine seltene Krankheit. Ich finde sie nicht schlimm.
Und es stimmt nicht, dass mir alles egal ist. Ich bewerte nur anders als andere.

Das neue Regime -



glas.girl - ich so voller grauem rauch und alles andere brannte ich schwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt