Art

Chap.4

[Drawing of Madelaine]

Ich laufe durch die großen, langen Straßen von Cincinnati und genieße den Smog den der Wind immer und immer wieder aufwirbelt. Bei der Post gebe ich den Brief für Sanza ab und danach mache ich mich auf den Weg zurück zum Campus.

Das Antonelli College ist nicht so riesig wie andere Colleges; Harvard oder Columbia oder so; aber es ist trotzdem groß. Naja, vermutlich ist für ein Mädchen aus Lima alles was sie sieht; groß. Ich sehe auf die Uhr; halb 11. Ich habe noch 2 ½ Stunden bis mein erster Kurs anfängt. Marley hatte doch Recht; Ich hätte nicht so früh aufstehen brauchen. Ich beiße an meiner Lippe herum; was soll ich jetzt machen?

„Madelaine!" ruft plötzlich jemand und ich drehe mich um. Danny. Ich beginne zu lächeln und er nimmt mich kurz in den Arm, als er bei mir ankommt. „Was treibst du dich denn so früh herum?" fragt er freundlich und ich lache. „Früh? Früh ist 7 oder 8, aber nicht halb 11." stelle ich fest und auch er kichert. Ich mag Danny, um ehrlich zu sein. Er scheint mir zwar nicht der Hellste zu sein und er hält sich mit seiner Angraberei auch nicht sonderlich zurück; aber eigentlich ist er ganz okay.

„Aber um deine Frage zu beantworten; ich seh' mich nur ein bisschen um, bis meine Kurse beginnen." sage ich dann und er nickt überlegend. „Soll ich dich ein bisschen rumführen?" fragt er dann und ich neige den Kopf. Ich muss grinsen, weil das grade richtig Prolo war. Doch dann lache ich und nicke. Danny ist heiß und bestimmt beliebt, also kann es ja nicht schaden, wenn ich mich mit ihm rumtreibe.

Er zeigt mir also den gesamten Campus und auch den Saal in dem mein Kurs später stattfindet. Was sehr hilfreich ist, denn alleine hätte ich mich sicherlich verlaufen. Wir laufen bei den Sportplätzen vorbei wo wir uns schließlich auf die Tribüne setzten. Es gibt ein Basketball Feld, ein Football Feld und ein Baseball Feld. Wobei Danny mir aber sagt, dass das Basketball Feld nur für die Trainings im Sommer da ist, und ansonsten nur in der Halle gespielt wird.

„Wo trainieren die Cheerleader?" frage ich dann und Danny beginnt dreckig zu grinsen. „Wieso? Hast du vor beizutreten?" Sein Grinsen wird breiter und ich hebe die Augenbrauen. „Nein?" sage ich und nun leckt er sich über die Lippen. „Schade. Der kurze Rock und das enge Shirt würden dir sicher gut stehen." Er schnalzt mit der Zunge, steht dann wieder auf und geht weiter. Ich bleibe kurz sitzen um eine weitere Anmache von Danny sacken zu lassen. Ich weiß nicht ob er das nur bei mir macht oder ob das so Alltag bei ihm ist; generell Mädchen anzubaggern. Keine Ahnung, aber mir kommt vor, als ob er sich bei mir besonders viel Mühe gibt.

Danny und ich laufen noch eine Weile rum bis es dann schließlich Zeit für mich ist zu gehen. „Mein Kurs beginnt in einer halben Stunde. Ich werd' mich mal auf den Weg machen." sage ich und Danny nickt lächelnd. „Alles klar. Wir sehen uns." Er nimmt mich noch in den Arm und ich bedanke mich für die Tour bevor ich mich dann auf den Weg zu meinem Saal mache.

Der Saal ist nicht leer, was mich wundert, da ich fast damit gerechnet habe, dass eine halbe Stunde früher niemand da sein wird. Es sind zwar nicht viele, aber ich wollte trotzdem die erste sein. Ich setzte mich in die dritte Reihe; ich war nie eine die sich in die letzte Bank verkriecht. Ganz vorne saß ich aber auch nie. Gerade als ich meinen Laptop auspacke, macht hinter mir jemand „Psssst." Ich ignoriere es. „Madelaine" sagt die selbe Stimme. Vorsichtig drehe ich mich um. Ich sehe überrascht in Maddox' Gesicht. „Freut mich auch dich zu sehen." grinst er und mein Mund öffnet sich ein Stück.

Wieso ist er auf einmal so freundlich? Heute Morgen hat er mich nur trocken angesehen. „Setzt du dich zu mir?" fragt er und ich schlucke, presse meine Lippen zusammen. „Klar." sage ich.
Wieso? Keine Ahnung. Wie von alleine packe ich mein Zeug zusammen und setzte mich eine Reihe nach hinten. Ich will nicht, dass es wieder so peinlich wird, also versuche ich so cool wie möglich zu sein. „Ich wusste nicht, dass wir im selben Kurs sind." murmle ich, als ich meinen Laptop erneut raushole. Dann sehe ich ihn an. Er zuckt jedoch nur mit den Schultern, geht nicht näher darauf ein. Ich schnaufe, als er seinen Block rausholt. Er schlägt die erste Seite auf und legt sie so hin, dass ich sie genau ansehen kann. Und als ich mich selbst, unfassbar schön gezeichnet sehe, stockt mir der Atem.

„Da du mir gestern keine Antwort gegeben hast, habe ich es einfach getan. Heute Morgen im Café habe ich dein Gesicht noch mal gespeichert." kichert vor sich hin. „Aber es ist noch nicht fertig." fügt er schnell hinzu und ich nehme den Notitzblock in die Hand. „Wow" flüstere ich nur, da ich nicht weiß was ich sonst sagen soll. „Wie hast du das gemacht?" frage ich ihn und sehe zum ersten Mal von der Zeichnung weg. Er rümpft die Nase, „Was meinst du?"

„Wie hast du mich gezeichnet, ohne dass ich vor dir sitze?" Ich sehe ein letztes Mal auf das Blatt, gebe es ihm dann zurück. „Kunst besteht nicht darin etwas zu zeichnen, das man sieht. Sondern darin, etwas zu zeichnen, dass man in jeder Ader des Körpers spürt. Das reicht völlig aus, weißt du." erklärt er und klappt den Block wieder zu. „Was meinst du mit fühlen?" Ich kneife die Augenbrauen zusammen.

„Du zeichnest doch selbst? Gab es denn noch nie etwas, dass du gesehen hast, auch wenn es nicht vor deinen Augen war?" Ich schweige. Natürlich gab es das.

„Aber um etwas zu zeichnen, muss ich etwas sehen?" sage ich und Maddox grinst. „Zeichnen ist ja auch nicht gleich Kunst." Er zuckt nur mit den Schultern und ich nicke nur. Damit hat er wohl Recht, schätze ich. „Jeder kann das, und Kunststudenten ganz besonders." grinst er und wackelt dabei mit seinen Augenbrauen. Ich sehe ihn einfach nur an. Wieso ist er auf einmal so nett? Oder zumindest so anders? Gerade als ich ihn fragen möchte, ob er auch zu Dannys Party am Samstag kommt, betritt unser Dozent den Saal. Ein alter Mann, bestimmt schon an die 60. Graue Haare, aber sehr sympathisch. Der Saal ist nur halb voll, ich schätze so um die 20 Leute.

„Dann lasst uns mal loslegen." sagt er nur bevor er voll durchstartet.