5: "Er hat Schluss gemacht?"

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Ich beiße in meine Pizza. „Ich muss dir was sagen.", murmele ich mit vollem Mund. Finn hebt seinen Bick zu mir und schaut etwas verwirrt. „Was?" „Ich muss dir was sagen.", wiederhole ich etwas lauter. „Muss ich mir Sorgen machen?", fragt er etwas skeptisch. Ich nehme mir eine Serviette und drehe sie in den Händen. „Mira?", fragt Finn nun leicht unsicher. Ich bleibe stumm und ziehe meinen Rollkragen etwas herunter. Dann wische ich die Schminke von dem Knutschfleck. Finns Augenbrauen heben sich kritisch. „Was zur Hölle ist das denn?", fragt er. Ich schlucke. „Ein Knutschfleck?", antworte ich. „Nicht von dir.", füge ich unnötiger Weise hinzu. Finn lässt sein Pizzastück sinken. Okay, das hat es nicht besser gemacht. Erzähl ihm von Kyle, sage ich zu mir und hole Luft. „Schön, dass du jemand besseres gefunden hast.", schnaubt Finn enttäuscht und steht auf. „Warte. Es ist nicht so...", fange ich an. „Am Arsch!", schreit Finn. „Nur weil ich arbeiten bin, holst du dir wen besseren?" Er ist richtig wütend. Ich mache mich klein und lege meinen Pizzakarton zur Seite. „Dafür hättest du auch in Vancouver bleiben können.", zischt Finn und öffnet die Zimmertür. „Finn!", rufe ich leicht panisch. Sag es ihm. Sag es ihm, sage ich zu mir selbst, doch ich bin wie erstarrt. Finns finsterer Blick starrt mich an. Ich halte seinem Blick stand. Ein Tränenschleier verzerrt meine Sicht ein wenig. „Ich dachte echt, du würdest mich lieben." Und schon fliegt die Tür zu. Mein Atem ist schwer und ich spüre mein Herz gegen meine Brust klopfen. Hat er gerade Schluss gemacht?

Ich sitze starr auf dem Bett. Ich habe nicht einmal die Pizzakartons weggeräumt. Ich schaue ins Leere. Ich mache mir Vorwürfe. Nichts neues. Nur dass Finn mir die Vorwürfe nicht ausredet. Ich raffe mich auf und nehme mein Handy. Wie in Zeitlupe tippe ich darauf herum und halte es mir ans Ohr. Es tutet. Dann piept es eine längere Zeit. Er hat mich weggedrückt. „Aber ich liebe dich doch.", seufze ich und lasse mein Handy resigniert sinken. Kyle ist ein verdammter Mistkerl. Und ich bin ein Feigling. Ich habe es Finn nicht gleich gesagt, als ich die Chance dazu hatte. Wieder tippe ich ein wenig auf meinem Handy herum und hebe es an meinen Kopf. „Ja?", meldet sich Jack. Nun kann ich es nicht mehr zurück halten. Ich bekomme kein Wort über die Lippen. Tränen laufen meine Wangen hinunter. Dann schniefe ich. „Mira?", fragt Jack unsicher. Ich atme schneller. Dann schluchze ich und lasse meine Hand sinken. „Hallo? Mira? Was ist passiert?", höre ich Jacks gedämpfte Stimme. Mit zitternden Händen nehme ich das Handy wieder hoch. „Finn.", schluchze ich. „Finn was?", fragt Jack besorgt. „Er ist weg.", schniefe ich. „Wie jetzt?" „Ich wollte... Knutschfleck... Wütend... Gegangen...", schluchze ich. „Er hat Schluss gemacht?", fragt Jack komplett entgeistert. „Ich weiß es nicht!", brülle ich ins Mikro. „Okay, es reicht.", regt sich Jack auf. „Ich komme nach Boston." „Nein.", sage ich leise. „Oh doch! Du gehst da kaputt.", stellt er klar. „Komm bitte nicht her.", bitte ich ihn schluchzend. „Du kannst das nicht.", sagt Jack etwas ruhiger. „Weil ich schwach bin.", seufze ich und lege, ohne eine Antwort abzuwarten, auf.

Ich bin wie gefühlslos. Nach meinem mentalen Zusammenbruch gestern habe ich jegliche Emotionen scheinbar verloren. Ich sitze an der Hotelbar, neben Carol, die mich etwas besorgt anschaut. „Ignoriert er dich komplett?", fragt sie nach. Ich nicke. „Er drückt mich immer weg. Und hat mich überall blockiert.", seufze ich ermattet. „Ich denke, nun wird es allerhöchste Zeit, ihn am Set zu besuchen.", schlägt sie vor. „Kann ich nicht einfach zu seinem Zimmer gehen?", seufze ich. „Wenn du willst." „Kommst du mit?" „Nicht mit rein.", stellt sie klar. „Auf." Sie will aufstehen, doch ich halte sie zurück. „Nicht heute." „So schnell wie möglich, Mira, sonst hast du es komplett verkackt.", bittet sie mich. Ich zucke mit den Schultern und stehe nun doch auf. „Okay." „Gut so.", grinst Carol. „Komm mit." Langsam folge ich ihr zu den Fahrstühlen. Mein Gesichtsausdruck ändert sich kein bisschen. Ich sehe genau so finster aus wie vorher auch- auch wenn ich nicht finster schaue, sondern einfach nur mein Gesicht entspanne. Wie auch immer.

Carol steht vor Finns Zimmertür und hebt ihre Hand, um zu klopfen. „Lass." Ich halte sie vom Klopfen ab und zeige in den Gang. „Warte hier einfach. Ich bin nicht schwach.", sage ich bestimmt. Mein Puls ist ins Unendliche gestiegen. Carol geht einige Schritte weg und ich hebe langsam meine Hand, um zu klopfen. Mit zitternden Händen lasse ich meine Faust zwei Mal gegen das kalte Holz der Tür schnellen. „Wer ist da?", meldet sich mein Freund- ist er noch mein Freund?- und ich höre Schritte. „Ich." Mehr bekomme ich nicht über die Lippen. Da öffnet sich die Tür. Finns entspannter Gesichtsausdruck verfinstert sich. „Was?", blafft er mich an. „Darf ich das erklären?", seufze ich müde. „Was erklären? Dass du mich betrügst mit wem auch immer, weil ich keine Zeit für dich habe?", schreit er mich fast schon an. Ich schüttele den Kopf. „Du hast das falsch verstanden...", sage ich leise. „Du hast zwei Minuten." Finn deutet hinter sich ins Zimmer und geht dann vor. Ich werfe Carol einen verzweifelten Blick zu, bevor ich ihm folge und die Tür hinter mir schließe.

„Ich bin nicht schwach.", flüstere ich. „Was?" „Nichts.", entgegne ich nur. „Setz dich doch." Er ist distanziert. Sein beinahe schon verachtender Blick ruht immer noch auf der Stelle meines Rollkragens, unter dem sich der Knutschfleck versteckt. „Los.", fordert er mich kalt auf. Ich seufze und hole tief Luft. Ich bin nicht schwach.

„Ich habe eigentlich genug davon, immer einen Monolog halten zu müssen, aber gut.", beginne ich mit unterdrückter Stimme. Finn betrachtet mich skeptisch. „Ich will nur, dass du verstehst, dass ich dich liebe und nie auch nur auf die Idee kommen würde, dich zu betrügen.", fahre ich fort. Finn zieht eine Augenbraue hoch. „Und ich will nicht von ungefähr hier weg.", füge ich hinzu. Nun sieht er mich fragend an. „Boston ist die Hölle.", sage ich leise. „Ich sehe dich kaum, ich wohne alleine in einem Hotelzimmer... Und dann ist da noch dieser Typ." Meine Stimme wird immer leiser. „Welcher Typ?" Endlich sagt er wieder was. „Kyle.", seufze ich. „Von ihm ist der hier...", ich zeige auf meinen Hals, „Und die hier." Ich schiebe meine Ärmel ein wenig hoch und nehme ein Taschentuch. Finn verfolgt jede meiner Bewegungen. Ich wische den Concealer von den blauen Flecken an meinen Handgelenken. „Was...", beginnt Finn. „Wegen ihm ist es noch viel schlimmer hier als ohne hin schon. Und ich würde eher sterben, als dich, vor allem mit einem wie Kyle, zu betrügen. Und eigentlich wollte ich dir das nicht sagen, aber..." Nun unterbricht Finn mich. Er schlingt seine Arme um mich und drückt mich fest an sich. „Es tut mir so leid.", flüstert er. „Sollte es dir auch.", sage ich und erwidere die Umarmung. „Ich weiß. Und das war wirklich dieser Typ?", fragt er nach und streicht sanft über meine Handgelenke. Ich nicke. „Er sagt, wenn ich es der Polizei sage, dann... Ich weiß nicht genau, aber es hat wehgetan." „Oh mein Gott.", seufzt Finn. „Sag es dem Regisseur." Ich zucke mit den Schultern. „Das ist sexuelle Belästigung. Du musst es irgendwem sagen." Ich nicke unsicher. „Wir machen das zusammen, okay? Es tut mir leid.", fügt er nach einiger Zeit hinzu. Ich nicke einfach wieder. Gerade bin ich zu nichts weiterem in der Lage. „Was bin ich eigentlich für ein Idiot?", fragt Finn sich selbst und umarmt mich wieder. Ich kuschele mich an ihn und versuche, meine Tränen zurückzuhalten. „Wenn du das noch einmal mit mir machst, sterbe ich.", schniefe ich. „Werde ich nicht." „Versprochen?" „Versprochen."


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