Kapitel 6- Tödlich getroffen

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Lauras POV
Ich ließ Mara gehen. Zu sehr war ich beeindruckt von diesem Erlebnis, zu sehr auch enttäuscht von Maras Reaktion. Ich wusste nicht, ob ich mich freuen sollte, die Ablehnung nach dem Kuss hatte mich doch schwer getroffen. Unsicher trottete ich nach Hause, legte mich auf mein Bett und sinnierte über mich, sie und mein Leben nach. Als ich an den Kuss dachte, wurde mir wohlig warm und ich strich mit meinen Fingern über meine Lippen. Ich meinte, ihren Geschmack nach Vanille und Zimt noch schmecken zu können. Mit einem erschöpften Lächeln auf dem Gesicht schlief ich ein, nicht wissend, wie das Alles mit uns weitergehen würde. Ob es überhaupt ein uns gab?
Am nächsten Morgen machte ich mich beizeiten fertig, ich wollte schön sein, für sie alleine! Als ich in der Schule eintraf, gesellte sich Nelly zu mir. Wir quatschten ein bißchen, ich hielt jedoch insgeheim stetig Ausschau nach einem Blondschopf in der Menge. Als ich Mara endlich erblickte, war ich zu Tode erschrocken. Sie sah blass aus, mit leicht zerstrubbelten Haaren und ihr Blick wanderte unstet umher. War ich Schuld an Allem? Ich beschloss dringend mit ihr zu sprechen. Ich ging Richtung Klassenzimmer und brachte die ersten beiden Stunden Mathe hinter mich. Die ganze Zeit überlegte ich mir irgendwelche Strategien wie ich am besten vorgehen sollte, einen richtig guten Einfall hatte ich aber nicht. Endlich war Pause und mit klopfendem Herzen machte ich mich auf den Weg zu Mara, von der ich wusste, dass sie heute im zweiten Stock Aufsicht hatte. Da es den Schülern verboten war, sich in den Klassenzimmern aufzuhalten und sie nach draussen mussten, erhoffte ich mir, sie alleine zu treffen. Doch ich hatte die Rechnung ohne Herrn Maier gemacht... Ich schlich also die Treppen hinauf und sah Mara an einer Wand lehnend, leicht lächelnd in die Ferne schauen. Ich gönnte mir einige Minuten und betrachtete sich beeindruckt. Ich konnte meine Augen einfach nicht von ihr nehmen, die Erinnerung an den Kuss war noch so lebendig, dass ich träumend auf der Treppe stehen blieb und Mara heimlich anbetete, hingerissen von jeder ihrer Bewegungen. Plötzlich kam von weiter hinten unser Relilehrer Herr Maier und lief zielsicher auf Mara zu. Er umarmte sie von hinten und meinte: „Mara, ich bitte dich nocheinmal um ein Date. Warum bist du so abweisend? Ich kenne hier viele schöne Orte, die ich dir gerne zeigen und dich gleichzeitig besser kennenlernen möchte. Du hast mich wirklich um den Finger gewickelt." Mara wand sich etwas, die Situation erschien ihr unangenehm: „Timo, lass gut sein. Komm bitte nicht näher, du weißt, ich habe Aufsicht und jederzeit könnte ein Schüler kommen." Doch Herr Maier schnappte sich ihren Arm, so dass sie gegen ihn prallte und nahm sie fest in seine Arme. Mir wurde schlecht, ich biss mir fest auf die Lippe und ich spürte Tränen aufsteigen. Meine Augen glänzten verdächtig und ich muss wohl irgendein Geräusch von mir gegeben haben, denn plötzlich spürte ich zwei Augen auf mir, die mich zu durchbohren schienen. „Ach Timo", hörte ich Mara plötzlich und sie schob sich und ihn außer Sichtweite. „Ich möchte gerne mit dir ausgehen, such dir doch ein Lokal aus und heute Abend um 18:30 Uhr kannst du mich abholen." Es folgte noch ein kurzes Geplänkel und Herr Maier entfernte sich. Ich stand wie angewurzelt an meinem Platz an der Treppe und verstand überhaupt nichts mehr. Mara erschien oben am Treppenabsatz und sah zu mir herunter: „Oh,hallo Laura, was führt Dich hierher, hast du was vergessen?" Mir entging ihre angespannte Stimme nicht und ich wusste genau, dass sie mich vorher schon gesehen hatte. Mir war unbegreiflich, woher ich den Mut nahm, die Treppe hinaufstieg und mich vor ihr aufbaute: „Warum machst du das? Was war das gestern? Ein kleines Intermezzo? " Mara erwiderte so kalt und grausam, dass sie nicht wüsste, wovon ich spräche. Entsetzt und tödlich getroffen sah ich sie an, Tränen begannen über meine Wangen zu fließen und ich stotterte ein „Dann entschuldigen Sie, da habe ich wohl etwas missverstanden.", straffte meine Haltung und ging. Sie war für mich gestorben!

Dann kamst Du...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt