Chapter 4

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Es ist 6:20 am Morgen. Draußen singen die Vögel. Genervt schwinge ich mich von der Matratze, mein Blick Richtung Fenster. Etwas torkelnd vor Schlaf gehe ich zum Fenster, reiße es kräftig auf und verscheuche mit einem Schlag gegen die Hauswand die, für mich, nervigen Plagegeister. Ich bin und war nie ein Frühaufsteher, eher der Langschläfer. Mehrere Wecker mussten schon daran glauben, darunter auch ein schon bisschen älteres Handymodel. Der momentane Wecker hat Glück mein geliebtes Handy als Geisel zu haben, sonst wäre dieser schon lange unter der Erde, wie die gefühlt anderen 11 Wecker. Der Wäschekorb liegt immer noch ungeleert auf dem Boden. Aus ihm nehme ich meine Unterwäsche, schwarze Jeans und einen weißen Oversize Adidas Pulli. Danach gehe ich ins Bad putze mir die Zähne, kämme mir das Haar und flechte es zum langen Zopf, auch ein bisschen Deo und Perfüm landen auf der Kleidung. Ich seufze, knipse das Licht aus und verlasse das Bad wieder. Ein hohes Klingen ertönt aus meiner Hosentasche. Etwas neugierig ziehe ich mein Handy aus der Hose.
Liv: „Schwing deinen Arsch vor die Haustür Weib!"
Kiana: „Aber Mama, ich bin doch noch nicht fertig T_T"
Liv: „ Immer noch nicht?! Wie oft sage ich dir mach schneller oder steh früher auf?! Du enttäuscht mich immer wieder mein Kind -.-"
Kiana: „Sry Mama T_T Gib mir bitte noch 5 Minuten."
Liv: „Hopp hopp jetzt!!!"
Kiana: „Ist gut Mama..."
Schnell hole ich meinen Rucksack und renne ins Erdgeschoss, in die Küche und schneide mir ein Brötchen in zwei Hälften. Ich klatsche mir einen großzügigen Klecks Nutella drauf, lege sie in einen Plastikvesperbeutel. Diesen lege ich vorsichtig in den Rucksack und eine 1,5 Liter Flasche Wasser gleiche hinter her.

„Sogar mit extra Zeit schaffst du es nicht pünktlich zu kommen!" motzt mich Liv an. In Atemnot versuche ich ein Wort hervor zu bringen. In Livs Gesicht  sah man Ärgerfältchen. Kurze Zeit schaut sich mich bitter ernst an, doch das verwandelt sich schnell in ein schallendes Gelächter. „Komm gehen wir." sagt sie zu mir und zieht mich am Handgelenk. „W-Warte." versuche ich immer noch zum Atem zu kommen. „Nein, kein warten! Wir werden eh schon viel zu spät zu kommen und ich habe keine Lust von Herrn Martin Nachsitzen aufgebrummt zu bekommen." erklärt Liv und läuft noch schneller. Nach grauenvollen 10 Minuten sind wir vor dem Klassenzimmer. Ich bin immer noch außer Puste. Liv öffnet leise die Tür. Herr Martin steht vor der Tafel und schreibt irgendeine  mathematische Gleichung, die mir wie Chinesisch vorkommt. Vorsichtig schleichen wir zu unseren Sitzplätzen. „Ach mögen unseren lieben Damen auch bald zu uns stoßen." meint Herr Martin mit sarkastischen
Unterton, die Kreide weglegend, „Nachsitzen, beide, Freitag nach der Schule.". Genervt stöhnen wir auf. „Noch so eine Reaktion und ich verdopple es." entgegnet dieser noch kurz und widmet sich wieder dem Unterricht. „Danke Kia, ich sagte du sollst dich beeilen!" zischt Liv noch kurz zu mir, ehe sie sich auf den Unterricht konzentriert.
Der Tag verging wie im Flug. Wir piesackten uns ständig, redeten über YouTube, über die dritte Staffel von Tube Clash, ob sie gelungen ist oder nicht. Selbst wenn das Format auf deutsch ist, kommen wir gut damit zurecht. Unsere Wurzeln stammen nämlich aus Deutschland. Knapp 4 Jahre habe ich dort mit Vater und Bruder gelebt, bis mein Vater entschied nach Australien auszuwandern. Liv ist der Meinung sie sei überlängen besser als die zweite Staffel und knapp hinter der allerersten, was für mich komplett nicht nachvollziehbar ist. Ich meine in den ersten zwei Staffeln kommen noch bekanntere YouTuber wie Glp, Taddl, Gronkh, Stegi, die UFO Leute, also Paluten und so oder Yulians Blog vor und in der dritten kenne ich gefühlt die Hälfte nicht. Die Diskussion endet wenn der Lehrer uns wegen der Lautstärke vor die Tür schickt. Dort stierten wir uns wiedermal böse an, wie immer. Alles wie gewohnt.  „Hast du heute was vor?" fragt mich Liv und starrt auf die weiße Wand gegenüber von ihr. „Klar, was willst du machen?" antworte ich im Halbschlaf und öffne die Augen. Die Deckenleuchte blendet mich halbwegs, sodass ich meine Augen zukneifen muss. „Es ist so...", sie errötet, „Ich habe ein Date mit Randel Parker...". Ich quietsche auf und umarme sie stürmisch. „Glückwunsch!" quietsche ich ihr ins Ohr. Randel Parker, Livs Schwarm seit 3 Jahren, ursprünglich aus der USA. Wie oft hat sie mir das Ohr abgekaut wie gut er aussehe oder wie nett er sei. „Jedenfalls will ich davor noch etwas Bräune bekommen und deshalb heute zum Strand gehen." beendet sie ihre Aussage und schaut mich an. Ich nicke:„ Du weist doch, dass ich immer gerne zum Strand gehe. Natürlich können wir.".

Die Schulglocke klingelt. Ruckartig stehen alle auf und beeilen sich aus dem Schulgebäude zu kommen. Die Schulsachen hat man schon in den letzten fünf  Minuten eingepackt  unter dem genervten Blick des Lehrers. Schon lange hat er aufgegeben die Schüler davon abzuhalten. „Ich muss davor noch nach Hause. Kommst du mit? Wir können ja kurz bei dir anhalten." erkläre ich Liv. Sie nicht und unterdrückt einen Gähner. Die Sonne scheint grell über unseren Köpfen, der Himmel strahlend blau. Nur ein paar Wolken hängen am Himmel. „Bist du mit dem Fahrrad hier?" frage ich sie. „ Ja, willst du hinten drauf?" meint Liv und steigt auf. Ich folge auf dem Gepäckträger. „Bitte fahr nur nicht zu schnell!" ermahne ich sie und stupse sie in die Seite. Das Fahrrad ruckelt unter uns. „Ey!" mault sie mich an und fährt los. Der Wind saust mir um die Ohren. Panisch kralle ich mich am Metal des Gepäckständers und presse mein Augen zusammen. „Liv langsamer!" schreie ich gegen den Wind an. Doch sie, sie lacht nur. Wenn wir nicht mit hoher Geschwindigkeit fahren würden und es mir nicht schaden würde, läge sie längst am Boden. Vorallem bei den Kurven ist mir Angst und Bange. Eine letzte Kurve und schon bremst sie scharf, das Gefährt bleibt stehen. So schnell ich kann steige ich ab. Wie sehr ich den Boden vermisse merke ich erst jetzt. „Na?" frag Liv und hat ein schadenfrohen Ton in ihrer Stimme. Man sieht ihr an das sie sich das Lachen verkneifen muss. „Ich sage dir, das Karma wird dich einholen." erwidere ich ihr und lehne mich an die Hauswand an. Sie lacht auf: „Ist gut. Warte hier ich komme gleich wieder.". Somit holt sie einen Schlüssel heraus, öffnet die Haustür und verschwindet ins innere. Kurze Zeit später kommt sie heraus mit einer Strandtasche um den Arm, vollgestopft bis zum Rand, und einer Sonnenbrille auf dem Kopf. „Dann können wir kurz zu dir." sagt sie und setzt sich wieder auf das Fahrrad. „Oh nein vergiss es! Niemals steige ich nochmal auf das Höllending." erörtere ich und laufe an ihr vorbei. „Ach komm schon... Ich fahre auch nicht mehr so schnell, ok?" bittet sie und macht einen Schmollmund. Kurz überlege ich: „Meinetwegen.".

Das Lied des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt