Chapter 2

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Mein Hals wird trocken.»Du schaffst das!« Ich schlucke meine Nervosität runter und beginne mich zu erklären:„Ich war mit Liv im Einkaufszentrum.". Skeptisch betrachtet er mich. »Klar das er mir nicht glaubt. Ich muss mir schnell was einfallen lassen!« Einen kurzen Moment herrscht Stille. Dann auf ein Mal kommt mir ein Gedanke. „Apropo zum Thema Dame. Denkst du nicht es ist relativ unhöflich eine junge Dame, sogar im Bademantel, nur so angemerkt, anzumaulen und sie noch im Bademantel hinzu halten?" frage ich Alex mit einer hoch gezogenen Augenbraue. Schlagartig eröttet er und fängt an eine Entschuldigung zu stottern. Danach eilt er aus meinem Zimmer. Erleichtert seufze ich und widme mich der Kleidungsstücksammlung im Wäschekorb. »Ich sollte den auch mal erledigen, der steht hier schon seit Tagen... Ach Quatsch, das mache ich morgen.« Behutsam ziehe ich Unterwäsche, eine dunkelblaue Jeans und meinen Lieblingspulli: schwarz mit einer großen Kapuze und auf ihm, in weiß drauf gedruckt, der Spruch: I don't care. Meine noch feuchten Haare kämme ich gut durch und lasse sie locker auf meine Schulter fallen. Zufrieden gestellt verlasse ich das Zimmer.

„Hast du Hunger?" frage ich als ich ins Wohnzimmer gehe. Mein Bruder sitzt gerade auf der Couch und starrt auf den flimmernden Bildschirm. „Hmm?" er dreht seinen Kopf zu mir. Ich seufze:„Essen?". Er nickt und widmet sich wieder der Glotze. »Er ist wieder ganz in seiner eigenen Welt. Das bedeutet nichts gutes...« Leicht bedrückt begebe ich mich in die Küche, wo sich schon ein Berg von schmutzigen Geschirr stapelt, etwas schwarz verkohltes, undefinierbares halb aus dem Biomülleimer hervor schaut und ein Haufen kleiner Scherben quer auf dem Boden verteilt sind . Es dauert eine Sekunde bis ich es realisiere und sofort meinen Bruder in die Küche befehle. „Mach diesen Saustall sofort sauber, denn ich werde das sicherlich nicht machen, mein Lieber!" schimpfe ich ihn erbost an. Die Küche ist mein Reich, das habe ich ihm eingebläut, bevor wir überhaupt hier eingezogen sind. Hier habe ich das Sagen, ohne einen einzigen Widerspruch. „Ehh muss ich, ich meine das ist bloß passiert, weil du erst so spät Heim gekommen bist. Also bin ich unschu-?" klingt er verunsichert mit erhöhter Stimme. Bevor er nur seinen Satz beenden kann erntet er einen bösen Blick meinerseits und er verstummt augenblicklich.

Er weiß das ich ungemütlich werden kann, sobald man meinen Zorn erweckt, und das dies schnell böse enden könnte für jedes Lebewesen. Wie oft schon musste ein kleines Kind daran glauben, dass meinte mir respektlos gegenüber zu treten. Oder wie der kleine Welpe, der versucht hatte mir ans Bein zu pinkeln. Nach dem Erlebnis tritt der bereits schon erwachsene Hund mir nicht mehr freiwillig und nur zu ungern über den Weg. Aber das beste war immer noch als Alex meinte die halbe Küche in Brand zu stecken als er eine einfache zu machene Tiefkühlpizza im Ofen machte. Als aller erstes sperrte ich ihn eine Stunden aus dem Haus aus und das im Winter. Nicht dieser Winter wo es noch relativ warm ist, nein, sondern während eines Schneesturmes. Ich kann mich noch gut erinnern wo er mit leicht verstörten, ängstlichen Gesichtsausdruck erstarrt im Flur stand, als ob ich ihn jeden Moment fressen würde. Seit dem hat er großen Respekt sobald ich sauer auf ihn bin, wenn es um elementare Sachen geht wie zum Beispiel die Küche, meine Freunde und so weiter.

Jetzt zurück zum Geschehen. Wir stehen im Türrahmen vor meiner Küche, nur meiner. Es sieht immer noch so aus als wäre eine Bombe explodiert und danach noch ein Tsunami gekommen, der alles noch mehr verwüstete. „Mach das sauber und das etwas zügig wenn es geht." weise ich ihm und gehe zurück ins Wohnzimmer. Dort breite ich mich auf der Couch aus, nehme meine Kopfhörer vom kleinen Tisch, stöpsle sie ein und entsperre mein Handy. Ein Bild von Vater, Alex und mir erscheint. An diesem Tag waren wir den ganzen Tag am Strand und an diesen Tag begann er mich im surfen zu unterrichten. Das war 1 1/2 Jahr bevor dem Unfall. Ich öffnete den Internetbrowser und tippe She was pretty ein, meine absolut liebster K- Drama. Ich habe ihn schon einige Male durch gesuchtet und habe immer noch nicht genug. Das Lautstärkevolumen drehte ich ganz laut, um den Staubsauger zu übertönen, und konzentriere mich voll auf die Serie. »Ich schaffe mindestens drei Folgen eher er fertig ist.«

Es ist stockfinster. Ich schwebe im schwarzen herum und das einzigste was minimal Licht spendet ist eine leuchtende Aura um mich herum. „Hallo? Hört mich jemand?!" echot meine Stimme durch das Nichts. Ich warte einen kurzen Moment und rufe erneut: „Ist hier jemand?! Bitte antworten!". Wieder keine Antwort. Ich seufze und beginne mich um zu drehen. Mein Orientierungssinn komplett am Arsch, versuche ich vorwärts zu kommen. Keinen Augenblick später bin ich von Wasser umgeben und es dringt ihn meine Lunge ein. Ich kriege keine Luft, ich ersticke, und sehe die Oberfläche nicht. Im Gegenteil, es ist als ob ich in einem endlosen Ozean gefangen bin, verdammt zum ertrinken. Instinktiv greife ich an meinen Hals, in Hoffnung Luft zu bekommen. Tränen treten aus meinen Augen, vermischen sich mit dem salzigen Wasser. Gnadenlos füllt sich meine Lunge mit immer mehr werdenden Wasser, meine Lunge brennt und es beginnen schwarze Flimmer vor meinem Auge zu tanzen, immer und immer mehr. »Was passiert hier?! Hilft mir doch jemand, bitte!« Es schmerzt zu ertrinken, ich will einfach nur noch sofort tot sein, überleben werde ich das eh nicht. Meine Glieder werde schwächer und ich sinke immer weiter hinab, in die Tiefe des Ozeans. Bald schon bewegen sie sich gar nicht mehr und mein Sichtfeld färbt sich immer schwärzer. »Es tut mir Leid, Bruder... Ich liebe dich und wenn ich Vater wiedersehe bestelle ich schöne Grüße von dir und erzähle ihnen alles was bisher passiert ist... Ich liebe dich und es tut mir leid dich im Stich zu lassen...« Und dann holt mich die Dunkelheit ein...

Das Lied des MeeresWo Geschichten leben. Entdecke jetzt