Challenge 5

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Was Vertrauen einen kosten kann

Dorcas Tosny saß schon seit zwei Stunden am unteren Ende des Tisches und versuchte nach besten Kräften auf sich aufmerksam zu machen. Eigentlich war für das heutige Treffen im Hauptquartier des Phönix Ordens sein Bericht über den Stand im Internationalen Magischen Handelsstandertausschuss dran gewesen, aber stattdessen hörte er dieser Volltrottel Sage nicht mehr auf zu reden. Gut, er saß ganz weit oben im Koboldverbindungsbüro, aber es war ja auch nicht so, als würden diese kleinen, gierigen Dreckskerle sich mit ihnen verbünden wollen. Wütend verschränkte er die Arme vor der Brust, statt hier rumzusitzen könnte er jetzt Zuhause vorm Kamin sitzen, in frischen Umhängen und mit einem Glas Feuerwhisky. Edgar Bones, ein Stück weiter hoch am Tisch räusperte sich und Sage hielt inne. "Tut mir leid, Edward, aber die Kobolde müssen für heute warten, wir haben noch etwas sehr Wichtiges zu bereden." Na endlich. Mit einem triumphierenden Lächeln strich Dorcas sich über seinen samtigen Umhang an dem allerdings zwei silberne Knöpfe fehlten und stand auf. Alle Köpfe drehten sich zu ihm um, doch als er zum Reden ansetzte wurde er von Bones unterbrochen. "Ehm, willst du was sagen, Dorcas?" Die Prewett-Brüder, Gideon und Fabian, stießen sich grinsend an, Doracas war mit ihnen zusammen zur Schule gegangen. "Ich wollte meinen Bericht abliefern!", sagte er nun mit gestrafften Schultern und hob eine Pergamentrolle. "Tosny, glaubst du wirklich, dass Handelskurse jetzt besprochen werden müssen? Wir stehen am Rand eines Krieges!" Black musste sehr laut reden, damit man ihm bis ans untere Ende des Tisches hören konnte. "So ein Idiot!", flüsterte Fabian seinem Bruder deutlich zu vernehmen ins Ohr. Dorcas öffnete empört den Mund, doch ein Mann am Kopfende war aufgestanden. "Das reicht!" Albus Dumbledore sah ruhig in die Runde. "Dorcas, bitte zweifle nicht daran, dass mich deine Ausführungen stets faszinieren, doch jetzt gibt es Beunruhigenderes zu besprechen. Bitte leg deinen Bericht nach dem Treffen auf meinen Platz und ich werde ihn mir in aller Ausführlichkeit durchlesen!" Etwas besänftigt setzte er sich wieder auf seinen Platz und funkelte die Prewett-Brüder von dort aus an. Dafür, dass sie alle drei erst vor fünfeinhalb Jahren Hogwarts verlassen hatten, waren die beiden nicht weit gekommen. Beide hatten keinen richtigen Job, allerdings hatte Caradoc Dearborn durchblicken lassen, dass sie einige geheime Aufträge für den Orden erledigten die wohl nicht ungefährlich waren, deshalb hielten alle so viel von ihnen. Pah, das war typisch Gryffindors, gefährliche Situationen durch Glück überleben und dann den Ruhm dafür einheimsen, als wären sie Helden. Er, Dorcas, hingegen hatte einen Platz bei einer bekannten Quidditchmannschaft aufgegeben um sich im Ministerium für einige Sikel abzurackern. Wehmütig dachte er an seine Schulzeiten zurück, damals, als die Welt noch funktioniert hatte. Quidditchkapitän der Slytherins, Schulsprecher und bei fast allen beliebt, und jetzt?! Er sah sich in dem düsterem Raum um. Niemand hier nahm ihn richtig ernst! James Potter redete gerade irgendwas über einen Zauber, denn er über sein Haus legen würde, Black würde sein "Geheimniswahrer" sein, was immer das auch meine. Nach nochmal einer Stunde waren endlich alle fertig und die Veranstaltung löste sich langsam auf. "Hey, Dorc, kommst du noch mit runter ins Dorf was trinken?" Benjy Fenwick war neben ihm aufgetaucht und zog nun penetrant an seinem Ärmel. " Ich denke nicht, ich muss noch was fürs Ministerium fertig schreiben und..." "Ach komm schon, Tosny! Hab doch mal ein bisschen Spaß." Fabian Prewett war zu ihnen rüber geschlendert und legte nun einen Arm um die beiden jungen Männer. "Danke, aber nein danke." Grob schob Dorcas den Arm weg. "Habe ich gerade das Wort Spaß gehört?" Nun war auch Black zur Stelle, seine Freunde im Schlepptau. "Egal was es ist, wir kommen auch!" Lupin hob abwehrend die Hände, doch Potter schlug ihm spielerisch gegen die Schulter. "Doch, du auch, Moony." Bevor Dorcas erneut widersprechen konnte erhob Benjy, der die ganze Zeit von einem Fuß auf den anderen gesprungen war, erneut das Wort. "Leute, ich muss euch was erzählen. Ich habe da dieses Mädchen kennengelernt." Er lief leicht rosa an, während die anderen anfingen zu johlen, sogar Lily und Alice kicherten im Hintergrund. "Und, naja, ich überlege ob ich sie frage mich zu heiraten! Ich meine, jetzt oder nie, stimmt's?" Zustimmender Applaus hallte durch den Raum, Dorcas konnte sich nicht mehr erinnern, bei welchem Mitglied sie gerade waren. "Das müssen wir feiern!", grölte Gideon begeistert, alle waren seiner Meinung. "Das ist wohl nur was für die Jungen.", knurrte der alte Aberforth und stand auf. Im Aufruhr der frohen Kunde schaffte Dorcas es endlich sich aus dem Raum zu verdrücken. Niemand bemerkte, dass er weg war. Wer waren hier die Idioten? Black war fast genauso schlimm wie die Prewetts, alle drei kamen sie aus alten, steinreichen Zaubererfamilien, sie leugneten, dass ihr Blut sie dadurch privilegierte und doch verhielten sie sich, als wären sie besser als alle anderen. Dorcas' Mutter war ebenfalls aus einer solchen Familie, doch Geld hatten sie nicht, deshalb hatte sie auch einen Halbblüter heiraten müssen, zu mindestens hatten ihre Eltern dies als das Beste erwogen. "Diese Schweine müssen sich sicher nie Sorgen um Gold machen!" Nach drei Jahren wusste er wirklich nicht mehr wieso er überhaupt Teil des Ordens geworden war. Vielleicht, weil einige Todesser seine kleine Schwester vor einigen Jahren getötet hatten. Vielleicht, weil sein alter Herr ihm nichts vererbt hatte und nun wusste er nicht was er mit sich anfangen sollte. Dorcas wurden zwar nie die alten Traditionen aus den reinblütigen Familien eingetrichtert worden, aber er hatte schon früh bemerkt, dass nicht alle Zauberer gleich waren. In der Schule war noch alles gut gewesen, er verstand einfach nicht, wie sich alles so schnell geändert hatte. Erwachsenwerden hatte er sich dann doch etwas anders vorgestellt. Nicht so einsam. "Idioten!", grummelte er erneut und kickte eine Limo Dose vor sich die Gasse runter. Als er aus dem Haus geschlichen kam, war er in einem Labyrinth aus schummrigen Gässchen gelandet. Anscheinend war ein weiter Bereich um das Haus geschützt, sodass man nicht disapparieren konnte. Nach einer kleinen Ewigkeit kam er endlich aus der Häuserschlucht heraus, als Dorcas sich umdrehte stellte er fest, dass es sich um eine Art Industrieviertel, auf einer kleinen Anhöhe, handelte. Unter ihm, in der Dunkelheit, lag eine kleine Stadt, tausende Lichter funkelten zu ihm hinaus, aber er hatte für solche Anblicke nicht viel übrig, also drehte er sich einmal auf dem Absatz und stand im nächsten Moment in seiner Wohnung. Ohne das Licht anzuschalten warf er seinen Umhang über den Stuhl neben seinem Bett und setzte sich auf die weiche Decke. Er brauchte ganze zwei Minuten um zu bemerken, dass er nicht allein war. Zwei dunkle Schatten lehnten an der Wand neben seiner Tür und als er aufsprang, huschte noch ein weiterer an der offenen Tür vorbei. "Wer ist da?!", keuchte Dorcas und griff nach seinem Zauberstab, der sonst immer in der Innenseite seines Umhangs steckte, doch der lag ja auf dem Stuhl, also nicht in Reichweite. "Ganz ruhig, Tosny, ich bin es nur!" Ein Zauberstab leuchtete auf und erhellte das Gesicht eines Mannes dessen Gesicht von roten Stoppeln übersät war. "Wilkes?", fragte Dorcas mit zusammengekniffenen Augen. Galvin Wilkes war einer seiner vielen Cousins mütterlicher Seits und war vor fünf Jahren um ein Haar nach Askaban gekommen, wegen Drohungen gegenüber einer Hexe aus dem Zauberergamot. "Was tust du hier?" Verwirrt sah er von ihm zu einer bleichen Frau, die sich im Hintergrund herumdrückte. "Wir wollen nur reden.", sagte Wilkes und senkte seinen Zauberstab. "Wieso setzen wir uns nicht alle? Ich soll dir ein Angebot von meinem Meister unterbreiten." "Deinem Meister?" Gehorsam setzte Dorcas sich wieder auf sein Bett. "Du hast vermutlich schon einiges von ihm gehört. Wir nennen ihn, den Dunklen Lord." Als der Todesser lächelte entblößte er dabei seine gelben Zähne.

"Und er wollte uns ganz sicher hier treffen, Gid?", fragte Fabian und sah sich vor dem dunklen Hauseingang um. "Gefällt mir hier gar nicht, aber zu diesem Spinner passt es." "Sei doch einmal still! Die Eule kam vor zwei Stunden und der Brief klang sehr ernst. Auch wenn wir ihn nicht mögen, er gehört zum Orden und wenn er unsere Hilfe braucht, dann..." Die Tür zu Nummer 196 öffnete sich schnarrend und eine Gestalt, deren Gesicht von einer Kapuze verdeckt war, trat zu ihnen. "Tosny? Hey, man, was ist denn los, dass du uns um vier Uhr aus unseren Betten holst." Eine weitere Gestalt tauchte auf und noch eine und noch eine weiter. "Was ist hier los? Wer sind denn deine Freunde?" Die beiden Prewett-Brüder zogen beide ihre Zauberstäbe und wichen zurück, doch die Gestalten hatten sie schon umkreist. Rücken an Rücken sahen sie ihre Angreifer an, es waren insgesamt fünf. "Verdammt, Dorcas!", brüllte Fabian und zielte abwechselnde auf die zwei Gegner, die sich in seinem Blickfeld befanden. "Dorcas ist schon längst nicht mehr hier." Die erste Gestalt strich sich die Kapuze aus dem Gesicht und grinste sein fauliges Grinsen. "Was hast du mit ihm gemacht!?", knurrte Gideon, seine ganze Art hatte sich verändert, er war jetzt ruhig und konzentriert. "Was glaubst du denn?", fragte der Todesser und zog, ebenso wie seine Begleiter, seinen Zauberstab. "Die Schlange hat uns verraten, was sonst?!", brüllte Fabian, er stieß noch einige sehr unflätige Schimpfwörter aus ehe der erste Fluch knapp an seinem Ohr vorbei raste. Der nächste Zauber kam von Fabian und eine Sekunde später war die Luft erfüllt mit Flüchen. Beide Brüder kämpften mit allem was sie hatten, aber auch die besten Duellanten konnten in der Unterzahl nicht viel ausrichten. Gideon war der erste. Er hatte bereits den ersten Todesser umgeworfen als ihn ein grüner Blitz genau in die Brust traf, kurz bevor er zu Boden ging streckte er seine Arme aus, als würde er versuchen sein Gleichgewicht zu halten. Doch alles was es brachte war, dass er in seinen noch kämpfenden Bruder taumelte. Erschrocken starrte Fabian auf den Körper seines großen Bruders, für eine Sekunde hielten alle inne. "Gid?" Ungewollt wich er einem weiteren Todesfluch aus, als er sich auf die Knie fallen ließ. "GID?!", brüllte er nun und schüttelte den Leichnam an dessen Schultern, doch er rührte sich immer noch nicht. "GIDEON! NEIN!" Heiße Tränen strömten über Fabians Gesicht. "Was soll ich denn Molly sagen?! Du musst wieder aufstehen, hörst du?!" Ein letztes Mal rüttelte er an seinem Bruder, dann sprang er plötzlich wieder auf und stürzte sich mit einem letztem, verzweifelten Schrei in den Kampf. Fünf Minuten später war es vorbei.
"Was für eine Verschwendung von magischem Blut!", murmelte einer der Todesser und stieß mit seiner Schuhspitze gegen Fabian Prewetts leblosen Körper. "Siehst du, Dorcas, was wir selbst ohne deine Hilfe geschafft haben? Vor dem Dunklen Lord kann man sich nicht verstecken!" Wilkins nahm endlich den Klammerfluch von Dorcas und zog ihn hinaus auf das Schlachtfeld. Das Gesicht des jungen Mannes wurde noch eine Spur blasser. "Und hast du gehört was sie gesagt haben?", fragte der Todesser lauernd. "Sie vertrauen dir nicht mal, geschweige denn, dass sie deine Fähigkeiten wertschätzen." Immer noch war Dorcas Blick auf die leeren Augen seiner ehemaligen Schulkameraden geheftet. "Wir würden dich schätzen, wenn du dich uns anschließt, Dorcas." Langsam nickte er. "Wunderbar." Wilkins schlug ihm lachend auf die Schulter. "Der Meister wird sehr zufrieden mit dir sein!" Es dauerte noch eine Weile bis Dorcas sich von dem Anblick vor seiner Tür löste. Er drehte sich um, schlug sich seine Kapuze über die Augen und marschierte, flankiert von seinen neuen Gefährten, los. Einer Schlange durfte man niemals trauen, dachte er und lächelte.
 

Eine Hogwartsgeschichte in schwarz und gelbWo Geschichten leben. Entdecke jetzt