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Ich kam wieder etwas heruntergefahrener am Haupthaus an und erwartete schon merkwürdige Blicke. Es sprach sich nämlich so gut wie alles, was einmal in unvertraulichen Händen war, sehr schnell herum. Und meine aus-dem-Klassenzimmer-renn-Aktion war definitiv etwas was in unvertraulichen Händen lag. Doch auch wenn es mich nicht wirklich gejuckt hätte, war ich erstaunt, als sich niemand außergewöhnlich verhielt. Wo waren jetzt nur meine Sachen abgeblieben. Ich musste mich wohl oder übel nochmal auf den Weg zu Saal 14 machen. Hoffentlich hatte dort jetzt noch jemand Unterricht, da Mr. Pirks mein Zeug sicher einfach eingeschlossen hat. Das sähe ihm ähnlich.
Wie konnte das nur passieren? Ich war bisher immer der festen Überzeugung gewesen, es müsste unmöglich sein, herauszufinden, wohin ich gegangen war.

Während ich in das Gebäude trat, drifteten meine Gedanken zum wiederholten mal an diesem Tag ab.
Meine Schwester war gerade einmal fünf Jahre alt gewesen, als ich sie verließ. Mein großer Bruder hatte diesen Weg schon vor mir angetreten und ich konnte nicht anders, als es ihm gleich zu tun.

Moment, war es möglich, dass meine Schwester auch nur hier war, weil sie sich von der Familie abgewendet hat?

Hat sie vielleicht auch nur entschieden sich dem System anzuschließen. Aber das konnte doch gar nicht wahr sein - die Leitung von Omnipol kannte ja meine Vergangenheit und dementsprechend hätten sie sicher verhindert, dass jemand aus meiner Familie je in die Nähe meines Lebens käme.
Aber wie kam sie dann hier her, und das auch noch ganz offiziell geduldet, so selbstverständlich wie es aussah, wie sie ins Klassenzimmer hinein marschierte.

Ich war inzwischen vor dem Klassenzimmer angekommen und sah auf dem Plan, dass der Raum leer war. Als ich meine Keycard an die Tür hielt merkte ich auch noch, dass sie abgeschlossen war.
Ich wollte mich gerade zum gehen wenden, als die Tür aufging und das Gesicht von Mr. Pirks herausschaute.

Er hielt mir die Tür auf und bat mich mit einer Geste herein. Etwas verwundert und zurückhaltend betrat ich das Zimmer. "Es tut mir leid, was heute morgen passiert ist. Ich wollte nicht ihren Unterricht stören, das wird nicht mehr vorkommen." entschuldigte ich mich.
"Das will ich ja hoffen, wenn du es nicht aushältst bei mir, musst du ja gar nicht erst kommen." bemerkte er spitz "Aber darum geht es mir gar nicht. Da ist dieses neue Mädchen, das heute in den Kurs kam. Amalia heißt sie - zumindest von offizieller Seite. Ich bin mir nicht sicher was ich von ihr halten soll, ich spüre eine besondere Regung des Feldes bei ihr."
Ich war stutzig, woher wusste er davon bitteschön, war er ein Teil des geheimen Bereichs des Systems?! Er musste meine Gedanken erraten haben, denn er fuhr fort "Und ja ich weiß von dem Projekt und deinen Aufgaben, du brauchst gar nicht erst versuchen, dich dumm zu stellen.
Was ich von dir will ist folgendes: Hab die nächsten Wochen, bis du wieder von mir hörst, mal ein Auge auf sie. Du musst sie nicht auf Schritt und tritt verfolgen aber wenn ihr irgendetwas wichtiges passiert will ich es wissen!"

"Warum sollte ich ihnen helfen?"

Er lachte auf "Hah - seh es einfach als einen Auftrag von Frank an. Das würdest du doch auch bedingungslos tun."
Wo er recht hatte, hatte er recht. Ich war mir zwar sicher, dass das so ganz und gar nicht gut war, aber ich müsste es ja nicht wirklich machen.

"Ich beobachte dich. Und ich kenne dich besser als du denkst."
Wer war dieser Mr. Pirks, ich hatte noch nie irgendeinen Anhaltspunkt, dafür, dass er ein höheres Tier war.
"Und ich glaube, dir sind deine Missionen und dein Status wichtig." Fügte er mit einem Schmunzeln hinzu.

Er entließ mich mit einem Kopfnicken und fügte noch hinzu "Dein Zeug hat übrigens Martin mitgenommen."

Ich machte mich verwundert auf den Weg zurück zum F-Bau wo ich mein Zimmer hatte. Ich hoffte dort Tony zu treffen.

Sein Zimmer lag schräg gegenüber von meinem und ich verbrachte einige Zeit dort. Auf mein Klopfen kam keine Reaktion - Hmm, wo steckte der nur wieder.
Tony war niemand, der sich oft auf seinem Zimmer aufhielt, wahrscheinlich verbrachte ich noch mehr Zeit in diesem Raum, als er selbst.
Er hatte das Glück - oder auch Pech, wie er es manchmal sah, dass so ziemlich alle jüngeren Mädchen auf ihn abfuhren.
Zugegeben er sah nicht schlecht aus, aber ich würde das nie verstehen, wie Jungs von Mädchen als hübsch beurteilt wurden und wie nicht.

Naja zumindest trieb er sich deshalb öfters nächteweise in fremden Räumen herum. Er war auch niemand, der es zu einer langen Beziehung kommen ließ - ich glaube seine längste Freundin war Michelle, die hatte sich nach 3 Monaten von ihm getrennt. Aber eigentlich hatte er sich schon früher von ihr getrennt, die wusste nur davon nichts.

Was das anging, da konnte Tony schon ein ziemliches Arschloch sein. Eben deshalb wusste ich auch nicht so recht warum ihm nicht jedes weibliche Wesen am Campus die kalte Schulter zeigte.
Aber das war er und er ließ sich eh in ziemlich wenig von seinem Leben reinreden. Aber ich war dankbar ihn zu haben, weil wir uns einfach irgendwie verstanden, so verschieden wir auch waren.

Ich machte mich auf den Weg zum Bluecoog, unserem "Restaurant".
Das war mehr ein Betreuer - und Lehrertreff aber so ab und zu war da schon auch was los.
Und der Koch Marc war ein sehr netter Kerl.

In meinen ersten Monaten hab ich mich oft vor den Kücheneingang gesetzt und gewartet, bis er mal eine Raucherpause machte um mich dann mit ihm zu unterhalten.
Er hat mich zufällig einmal aufgegabelt, als ich an meinem 2. Tag hier hilflos umhergeirrt war und ziemlich verzweifelt war.

Das war nun schon 8 Jahre her. Es hatte sich so viel verändert seitdem.
Mir gingen Pirks Worte wieder durch den Kopf... "Ich weiß mehr über dich als du denkst" - das ist schon komisch. Ich hatte ihn noch nie gesehen bei einem der paar Ratstreffen bei denen ich dabei sein konnte, bei keinem Training, nicht in der Verwaltung und bei keinen Einsätzen.
Und eigentlich dachte ich immer, dass die Bereiche strikt getrennt waren, dass nur Leute wie ich und die Leitung des Camps von beiden Teilen wussten und in ihnen beiden arbeiteten.

Ich hatte auch noch nie Frank oder andere vom System im öffentlichen Teil gesehen.
So gut wie es räumlich getrennt war, dachte ich auch, dass es personell war.
Außer natürlich Pirks war ziemlich wichtig, dann machte es durchaus Sinn.
Merkwürdig

Nachdem ich mich kurz mit Marc über meine letzten Tage unterhalten und ihm versprochen hatte, mal wieder länger vorbei zu schauen, holte ich mir noch ein Eis.
Zum Glück war der Frühling schon am Beginnen. Ich mochte den Winter aber ich fand es irgendwie immer besonders schön, wenn alles aufblühte und einfach Farbenfroh wurde. Soviel man innerhalb des Camps halt davon mitbekam.

Bei der Anlage der Gärten hätten sie schon noch etwas mehr als Wiese investieren können.

Ich kam fast wieder beim F-Bau an und beschloss mich für heute erst mal auf mein Zimmer zu verziehen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 03, 2018 ⏰

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