Hallo ich bin Misty

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Wie ein weißer Blitz, schlängle ich mich durch die eng stehenden Bäume des Waldes, so schnell meine vier Pfoten mich nur tragen können und das heißt sehr schnell. Kein Wunder, ich bin nicht wie die anderen Wölfe, die durch ein Missgeschick gebissen und verwandelt wurden, nein ich bin ein Gestaltenwandler und kam mit diesem Geschenk schon auf die Welt. Dadurch wurde ich schneller, stärker und geschmeidiger, denn ich hatte viel Zeit mich mit meiner Fähigkeit auseinander zu setzen. Auch jetzt bleiben die anderen weit hinter mir und können nur durch meine Gedanken erahnen, wo ich mich gerade befinde. Als mein Gespür mir verriet, das es Zeit zum jagen sein würde, hat mein Körper sofort reagiert und mich in die Gestalt verwandelt, in der ich mich am wohlsten fühle.

Kurz halte ich an einer Schlammpfütze an, um auf mein Rudel zu warten und zu trinken. Auf der Wasseroberfläche, kräuselt sich mein Spiegelbild. Das weiße Fell glänzt in den leichten Sonnenstrahlen, die durch die Hochgewachsenen Tannen fallen und meine eigenen, eisblauen Augen, starren mich an. Ich erinnere mich, als ich mein 13 Lebensjahr erreicht und mich endlich völlig unter Kontrolle hatte. Meine Kraft und Schnelligkeit waren auf höchstem Level ausgeprägt und ich hatte gelernt, mich zu verwandeln, wann immer ich wollte. Mit diesem ungeheuren Talent, machte ich es mir zur Aufgabe, die schwachen und hilflosen Werwölfe, die nicht wussten wohin mit ihrer Gabe, auszubilden und mir ein großes Rudel zu schaffen. Den Kindheitstraum, später einmal eine Alphawölfin zu werden, hatte ich mir damit erfüllt. Eines Tages, bei einem Streit mit einem jungen, frisch verwandelten Werwolf, der nicht wusste wohin mit seinen Kräften, wurde ich so stark verletzt, dass ich nicht mehr von allein in meine menschliche Gestalt wechseln konnte. Unter mir bildete sich eine dicke, warme Blutlache und ich dachte, nun sei es vorbei. Es war Winter und ich drohte noch vor dem Verbluten, zu erfrieren. Glücklicher Weise, stellte sich heraus, das in der Nähe eine Jagdhütte stand und aus dieser kam ein junges Pärchen, welches wohl zum jagen ausging. Als sie mich jedoch fanden, hielt das Mädchen ihren Pfeil und Bogen auf mich gerichtet. Ich winselte, um ihr zu zeigen, dass ich verletzt war und ihnen nichts tun würde. Der Junge schien es zu verstehen und hielt die Rothaarige zurück. Ich spürte, wie er mich hoch hob, dann schlief ich ein.

Als ich wieder aus der Dunkelheit zurückkehrte, lag ich auf einer Wolldecke, vor einem Kamin. Das Feuer prasselte heiß und wärmte mein nasses, Fell. Über meiner Fleischwunde, hatte mir jemand einen Verband gelegt und die Blutverkrusteten Stellen ausgewaschen. Langsam versuchte ich aufzustehen, ich war dem Pärchen dankbar für ihre Hilfe, jedoch war ich nicht gern unter Menschen, weder als Wolf, noch als Mädchen. Ich humpelte durch das riesige, offene Wohnzimmer in Richtung der braunen Holztür, doch bevor ich sie erreichte, stellte sich mir ein schlankes, rothaariges Mädchen in den Weg. Sie war sehr blass, aber hübsch und lächelte mich freundlich an.

"Du musst dich ausruhen", sagte sie nur und drängte mich zurück auf die weiche, grüne Decke. In diesem Körper konnte ich unmöglich mit ihr reden und ihr erklären, dass ich zu meinem Rudel zurück musste. Mit aller Kraft, dachte ich an meine menschliche Form und verwandelte mich in diese. Erschrocken, stolperte das Mädchen zurück und rief "Ardy". Ich vermutete, dass dies der Name des Jungen war, der mich letzten Abend hier her getragen hatte. Plötzlich polterte es auf der Treppe und ein großer Junge, mit dunkelblonden, verwuschelten Haaren kam herunter gelaufen. Da ich keine Kleidung anhatte, schnappte ich mir schnell die Wolldecke und schlang sie um meinen Körper. Etwas zu schnell, denn die Fleischwunde zerrte an mir und ließ mich die Luft scharf einziehen. "Ah", stöhnte ich und sofort kam das Mädchen auf mich zu. Sie führte mich hinüber zu einer braunen Ledercouch, auf die ich mich vorsichtig setzte. Nun sprach der Junge zu mir.

"Hallo ich bin Ardy und das ist meine Schwester Carla, verrätst du uns auch deinen Namen und wer du bist?", fragte er mit einer angenehm warmen Stimme. Schüchtern nickte ich, Vertrauen zu anderen Menschen, war leider eine meiner Schwächen und so verhielt ich mich immer sehr unpassend.

"Mein Name ist Misty und ich wurde als Shapeshifter geboren", antwortete ich und blickte erst in sein Gesicht, dann in Ihres. Nervös spielte ich mit meinen braunen, schulterlangen Haaren, indem ich sie um meine langen Finger zwirbelte. Es war mir sehr unangenehm, nur in einer Decke eingewickelt vor den beiden zu sitzen.

"Was ist dir gestern passiert?", fragte mich Carla und zeigte auf die Stelle, an der mein Verband war.

"Hatte Streit mit einem jungen Werwolf, normalerweise bin ich viel stärker als jeder andere, das hätte nicht passieren dürfen", erklärte ich mit kühlem Unterton. Ardy bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht einschätzen konnte, doch seine Schwester nickte nur schockiert. "Und was hattet ihr da draußen zu suchen?", quetschte ich die zwei nun aus, obwohl ich mir denken konnte, warum.

Carla zuckte mit den Schultern. "Wir gehen jeden Morgen und jeden Abend jagen, nach Nahrung oder Finster Kindern, die sich nicht an die Regeln halten."

Die Kinder der Finsternis waren mir eigentlich egal, auch wenn mein Rudel aus solchen bestand, aber Vampire, Elfen oder die anderen Wesen, interessierten mich nicht. Alles was nicht annähernd so stark war wie ich, interessierte mich nicht. Deswegen hatte ich auch keine Freunde, weil ich jedem die kalte Schulter zeigte. Meine Eltern versuchten ständig mich unter die Leute zu bringen, um mal etwas Menschliches zu tun, anstatt immer nur meine Fähigkeiten weiter auszubauen. Ich verstand sie einfach nicht. Mein Vater war selber ein Gestaltenwandler und lehrte mich vieles und meine Mutter heiratete ihn immerhin und war damit sehr vertraut. Wieso konnten sie dann nicht verstehen, dass ich meine Gabe liebte.

Irgendetwas an dem Geschwisterpaar, war jedoch anders. Sie schienen mir gleich sympathisch, nicht jeder nimmt einen verletzten Wolf auf und das als Hunter. Die Hunter töteten schließlich solch Abschaum wie mich, zumindest die, die es verdienten. Auf irgendeine Art, schloss ich sie in mein Herz. Meine ersten Freunde. Ich blieb einen ganzen Tag bei ihnen, sie gaben mir etwas Ordentliches zum Anziehen, eine zerrissene Jeans und einen Pullover und Ardy kochte für uns. Er hatte echtes Talent, weswegen unsere Teller schnell geleert waren. Abends saßen wir dann auf der Ledercouch im Wohnzimmer, am knisternden Kamin und erzählten uns unsere Lebensgeschichte. Noch nie hatte mich solch ein Schicksal, wie das Geschwisterpaar erleiden musste, so tief bewegt. Mit Schrecken stellte ich fest, dass mir sogar eine Träne die Wange herunter lief. In der Nacht, teilte Carla mit mir ihr Bett. Ihr Zimmer war recht leer, lediglich eine Kommode, ein kleiner Schreibtisch mit Stuhl, ein flauschiger Teppich und ihr schmales Holzbett, zierte den Raum. Sie ließ das Fenster zum schlafen offen, damit sie noch den Geräuschen des Waldes lauschen konnte. Carla schien mir eine faszinierende junge Frau zu sein, doch ich spürte, dass sie ein Geheimnis verbarg. Ich beobachtete noch den roten Stoffvorhang, wie er im sachten Wind tänzelte, ehe ich einschlief und von meinem Rudel träumte.

Am nächsten früh, verließ ich Ardy und Carla, jedoch nicht ohne ihnen mitzuteilen, wo ich mich sonst immer aufhielt. Wir machten uns eine Zeit aus, in der wir jeden Morgen und jeden Abend, so wie sie es sonst taten, zusammen jagen gehen würden.

In ein paar Minuten ist es wieder soweit und ich würde meine Freunde wieder sehen. Heute will ich ihnen mein Wolfsrudel vorstellen. Mit einem hohen Heulen, gebe ich das Zeichen, für die einen mir zu folgen, für die anderen, dass ich auf dem Weg bin und hechte weiter von Baum zu Baum, immer näher zu Carla und Ardy.

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