Hallo ich bin Talyaa

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"Felix verdammt, zock leiser", schreie ich und hämmere mit den Fäusten gegen die Wand. Scheinbar hat er wieder sein Headset auf, da er auch nach dem zweiten Mal rufen und klopfen nicht reagiert. Wütend stehe ich aus meinem Bett auf und stürme in Richtung seines Zimmers. Mit schnellen, leisen Schritten schleiche ich mich an meinen Adoptivbruder an und reiße ihm ohne Vorwarnung die Kopfhörer vom Kopf. Erschrocken dreht er sich auf seinem Schreibtischstuhl um. Die Verblüffung steht ihm ins Gesicht geschrieben, was mich ein wenig schmunzeln lässt. So sehr ich Felix oder Dner, wie er sich selbst nennt, liebe, aber manchmal geht mir sein Hobby ziemlich auf die Nerven. Auch wenn Youtube viel Gutes an sich hat, so muss man seine Freunde beim zocken ja nicht ständig anbrüllen und wüst beschimpfen.

"Talyaa mach das nie wieder", sagt er schroff und blitzt mich nun leicht wütend an.

"Du blöder Arsch, was fällt dir ein mich so voll zu zicken", fahre ich ihn an. Sofort bereue ich meine Wortwahl, denn ich kann froh sein so einen tollen großen Bruder wie ihn zu haben. Ich kann froh sein überhaupt eine neue Familie zu haben, seit sie mir meine Zwillingsschwester vor einigen Jahren entrissen und ich ohne sie zwei weitere Jahre in dieser Hölle von Kinderheim leben musste. Jeden Tag wurde ich von den älteren Mädchen gedemütigt, nur weil ich anders war, doch ich konnte ja nichts dafür, dass ich niemanden vertraute, niemanden bis auf Carla. Keine einzige Nacht verging, in der ich mich nicht in den Schlaf geweint hatte, unfähig zu wissen was ich tun sollte, völlig allein gelassen und ohne jegliche Hilfe. Gerade wo ich doch meine Eltern so schrecklich verlor und mich in jener Nacht ein Fluch ereilte, ein Fluch der mich und mein ganzes Leben veränderte.

Eines Tages, standen Dave und Svenja vor meiner Zimmertür und schauten mich aus ihren braunen, warmen Augen an. Sie waren ein noch recht junges Pärchen, beide sehr schlank und von heller Haut, so wie ich sie hatte. Ich mochte sie von der ersten Sekunde an, stand auf und umarmte beide so heftig, als würde ich sie nie wieder los lassen wollen. Noch am selben Tag, packte ich meinen kleinen Koffer, mit den wenigen Habseeligkeiten die ich besaß, ein und verabschiedete mich mit dem Mittelfinger von der Hölle. In meinem neuen zu Hause angekommen, kam sofort ein Junge mit kurzem, braunem Haar die Treppe herunter gelaufen. Schüchtern versteckte ich mich hinter meiner Adoptivmutter, die schützend einen Arm um mich legte. Der Junge blieb im Flur stehen und beobachtete mich mit seinen großen, Schokobraunen Augen. Er war höchstens ein Jahr älter, dafür jedoch zwei Köpfe größer als ich.

"Talyaa, das ist dein neuer Bruder Felix, er ist ein wirklich lieber Junge, du brauchst keine Angst zu haben", versprach mir mein Adoptivvater und strich mir dabei beruhigend über meine kupferroten Haare. Ich gewöhnte mich schnell an das Familienleben und den geregelten Tagesablauf. Jeden Morgen begleitete mich Felix in die Schule und passte dabei genauestens auf, ob mich jemand schief ansah. Ich hatte ihm von dem Kinderheim erzählt und den Mädchen die mich gehänselt hatten, seitdem verspürte Felix den Drang mich beschützen zu müssen, wie es ein großer Bruder eben tat.

Doch er konnte den Platz in meinem Herzen nicht füllen. Jede Faser meines Körpers zehrte sich nach meiner Schwester. Vor dem schlafen gehen, holte ich das Bild meiner richtigen Familie, was mir als einzige Erinnerung geblieben war,  heraus und strich über die verblassten Gesichter. Carlaunterschied sich kaum von mir, bis auf die leichten Sommersprossen, die meine Stirn und Nase zierten, glichen wir einander, wie ein Ei dem anderen. Doch an schlechten Tagen, wenn mich der Fluch einholte, verfärbten sich meine sonst so blassen Lippen blutrot, meine Haut wurde Leichenblass und verstärkte somit die winzigen Sprossen. Wenn ich dann in den Spiegel sah, erkannte ich mich selbst kaum wieder. Bisher hatte mich nur meine Zwillingsschwester so gesehen und das sollte auch der Fall bleiben.

Leider schaffe ich es noch immer nicht, den Fluch zu kontrollieren, in solch kleinen Situationen, wie diese, wenn Dner mich zu Weißglut bringt, bricht eine unbändige Wut in mir aus, die Freund und Feind nicht unterscheiden kann. Doch nicht nur Hass sucht mich heim, obwohl ich sehr zierlich bin, entwickle ich unheimliche Kräfte, die ich nicht einzuschätzen vermag. Bevor ich meinem Bruder wehtun kann, balle ich die Fäuste zusammen und flüchte aus seinem verdunkelten Zimmer. Jetzt kann mir nur noch einer helfen: Flo. Schnell schnappe ich mir meine Jeansjacke und verlasse das Haus mit einem lauten Türknallen. Das wird später wieder Ärger geben. In gewisser Weise tun mir Dave und Svenja schon leid, denn wenn mich mein Fluch heimsucht, können sie mich weder stoppen noch beruhigen, zu sehen wie sie daran verzweifeln, bricht mir das Herz. Ich bin schon bei so vielen Ärzten gewesen, keiner konnte mir helfen, keiner bis auf Flo. Der coole Flo, mit seinen braunen Haaren, die er unter einer Cappy versteckte und den tiefen, dunklen Augenringen, die sein hübsches Gesicht keines Wegs zerstörten.

Ich verliebte mich sofort in der ersten Sitzung, die er mit mir hielt. Seine locker lustige Art, kam mir so seltsam vertraut vor und zog mich in einen Bann, aus dem ich nicht entkommen konnte. Zum ersten Mal ging ich tatsächlich gern zur Therapie, was eindeutig an meinem Psychologen lag. Flo schien meine Probleme wirklich zu verstehen und schon nach kürzester Zeit war er mir so vertraut, wie kein anderer. Nicht einmal Felix gegenüber spürte ich solch eine Verbindung, obwohl er so vieles für mich tat. Flo und ich fingen an uns auch außerhalb der Sitzungen zu treffen, er zeigte mir seine Hobbys, das Skaten und Youtube. Ich saß dann daneben, während er seine LeNews aufnahm und kicherte ab und zu leise im Hintergrund. Es machte wirklich Spaß ihn dabei zu beobachten und seine gute Laune steckte mich jedes Mal an.

Durch meine Gedanken bemerke ich gar nicht, dass ich schon längst vor Flo's Wohnungstür stehe. Nervös drücke ich auf den Klingelknopf und warte auf seine melodische Stimme.

"Hallo, wer ist da?", ertönt es verschlafen vom anderen Ende.

"Ich bins, Talyaa, kann ich hoch kommen?", frage ich ihn schüchtern. Das mir bekannte Summen ertönt, ich drücke die Tür auf und hechte die Stufen bis in die dritte Etage nach oben. Dort angekommen, steht er in Boxershort und Zombie T-Shirt im Türrahmen. Als er mich in die Arme schließt, strömt mir sein süßlicher  Duft in die Nase, der meinem Magen einen Stich versetzt.

"Komm doch rein, ist etwas passiert", fragt er mich mit besorgter Miene und hochgezogenen Augenbrauen. Ich betrachte ihn kurz, dabei stelle ich fest, dass er ohne seine Cappy noch viel besser aussieht. Seine braunen Haare stehen in alle Richtungen ab und sein Gesicht ist vom schlafen total zerknautscht.

"Ich hatte schon wieder so einen Wutausbruch", nuschle ich leise vor mich hin, während ich versuche ihm nicht in seine wunderschönen Augen zu schauen. Wir reden eine Stunde über den Vorfall und wie ich meine Ausbrüche abwenden könnte, bis ich keine Lust mehr habe mir seine Standpauke anzuhören.  Plötzlich schweife ich mit den Gedanken zu meiner Schwester, eine seltsame Kälte umhüllt mein kleines, verkrüppeltes Herz und lässt mich schwer atmen. >>Wo bist du, ich brauche dich<<, flüstert mir mein Unterbewusstsein zu.

"Du Flo", fange ich an zu stottern, wobei mich die innere Kälte erzittern lässt "du hast doch so eine große Community."

"Ja, wieso", antwortet dieser leicht verwirrt.

"Meinst du wir könnten ein Video aufnehmen, in dem ich nach meiner Schwester suche? Vielleicht kennt sie da draußen jemand oder sie sieht es selbst", erkläre ich ihm voller Hoffnungen. Er packt mich bei den Schultern und schaut mir tief in meine Tränenvollen Augen, bevor ich noch etwas sagen kann, drückt er mich fest an sich und flüstert in mein Ohr

"Klar Talyaa, alles was du willst."

Wie sehr ich diesen Jungen liebe, ich würde alles für ihn tun, jedoch wird er wohl niemals von meinen Gefühlen erfahren.

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Bitteschön LeJamie, ists so genehm? Ja? Nein? Verbesserungsvorschläge? Ungehindert in die Kommentare ♥

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