Hallo ich bin Carla

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Obwohl die kühle Waldluft eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet, stört sie mich schon lange nicht mehr. Mit geschlossenen Augen stehe ich vor unserer Holzhütte und nehme einen tiefen Atemzug. Die wenigen Lichtstrahlen der Sonne, kämpfen sich einen Weg durch die hohen Baumwipfel und bilden einen Lichtkegel, der genau auf die braune Holztür der Hütte fällt. Ich strecke mein, mit blass roten Haaren, umrandetes Gesicht in das warme Licht.

"So wirst du irgendwann mal noch erfrieren", ertönt es hinter mir. Obwohl ich ihn gehört habe, zucke ich leicht zusammen, drehe mich jedoch nicht zu ihm herum. Behutsam legt er mir meine schwarze Lederjacke um die Schultern und hilft mir in die engen Ärmel zu schlüpfen.

"Danke Bruderherz", flüstere ich und ziehe den Reißverschluss hoch. Er hat recht, die dünne und eng anliegende Hunterkluft ist perfekt zum jagen geeignet, da sie sich dem Körper perfekt anpasst und sich anfühlt, als ob man rein gar nicht anhätte, doch vor der Kälte schützt sie kein bisschen, meine Haut ist sowieso schon so weiß wie die von Schneewittchen und die Eiseskälte würde es nicht besser machen.  Ardy, mein Adoptivbruder, meint immer meine roten Haare würden unheimlich gut mit den grünen Sachen zusammen passen. Ich erinnere ihn immer an Robin Hood, nur in weiblich. Er weiß genau wie sehr ich diesen Vergleich nicht leiden kann, immerhin war Robin Hood ein Vertreter der Armen, aber was wir machen, übersteigt dies bei Weitem. 

Meine Hunterausbildung liegt noch nicht allzu lange hinter mir, aber trotz Vorkenntnisse bemühe ich mich, mit Ardy's Hilfe, immer besser zu werden. Ich war nicht immer der Überzeugung gewesen, die Kinder der Finsternis jagen zu müssen, doch das änderte sich schlagartig,  als vor sieben Jahren eines dieser Finsterwesen in unser zu Hause eindrang, unsere Eltern tötete und meine Zwillingsschwester verfluchte. Seit diesem Geschehnis, habe nicht nur ich meine Meinung gegenüber der Finsterwelt geändert, auch meine Schwester hat sich verändert. Sie vertraute niemanden mehr, außer mir, was ihr das Leben im Heim sehr erschwerte. Nach zwei Jahren in dieser Hölle, kam der nächste Schock. Ich wurde adoptiert und somit von meiner Zwillingsschwester getrennt. Es ist nicht so, das meine neue Familie nicht sehr nett und lieb zu mir gewesen ist, ganz im Gegenteil, ich mochte meine Adoptiveltern Frank und Sarah, sowie ihren Sohn Ardy auf Anhieb, doch sie konnten meinen Trennungsschmerz nicht lindern. Egal wie viele Geschenke sie mir kauften und versuchten meine Wünsche zu erfüllen, Kein Geld der Welt konnte das Loch in meinen Herzen füllen.

Ardy, mein neuer Bruder, schenkte mir viel Aufmerksamkeit und Zeit, er weihte mich in seine Welt ein, der Youtube Welt. Ja obwohl die Kinder der Finsternis unter uns wandeln, existiert trotzdem das normale Leben, mit der Technik von heute. Ich fand gefallen an meinem Adoptivbruder und seinem Hobby, ich mochte die Art wie seine dunkelblonden Haare morgens ganz verwuschelt waren, wie seine blau- grünen, leicht mandelförmigen Augen glänzten, wenn er mich ansah und wie er seine schmalen Lippen zu einem schiefen Lächeln verzog, wenn er mich mal wieder zum lachen brachte. Trotzdem bleibt er mein Adoptivbruder und auch wenn wir nicht Blutsverwandt sind, ist er tabu für mich.

Obwohl ich wusste, das es unmöglich zu schaffen war meine Schwester zu erreichen, versuchte Ardy das Beste. Abends, als er dachte ich würde schlafen, ging er zum Telefon und rief das Heim, in dem wir damals untergebracht wurden, an, doch vergeblich. Am nächsten morgen erzählte er mir davon und meinte meine Schwester sei adoptiert worden und wohnte nun irgendwo auf der anderen Seite des Landes, am Meer. Die genaue Adresse wollten sie ihm jedoch nicht verraten. Immerhin wusste ich jetzt, dass es ihr gut geht.

Zwei Jahre später, drang erneut eines der Finsterkinder in mein Leben ein und nahm mir auch die zweite Familie, alle bis auf meinen Adoptivbruder. In dieser Nacht war ich mir sicher, in einem Jahr würde ich 18 werden und dann lasse ich mich zum Hunter ausbilden. Ich werde die Mörder meiner Liebsten finden. Ardy hatte seine Hunterausbildung schon abgeschlossen, da er schon 20 Jahre alt ist und bevor es bei mir soweit sein würde, brachte er mir schon die Grundtechniken bei. Ardy zeigte mir wie man sich vor Angriffen schützt, welche Waffen man zur Verteidigung nutzen kann, wie man sich abrollt und sogar schon kleine Angriffstechniken. Bei den Übungen stellte sich schnell heraus, dass meine Waffe einmal der Bogen sein sollte.

Zum Glück war Ardy schon volljährig und somit an niemanden mehr gebunden, also nahm er mich mit und zog mit mir in die alte Jagdhütte seines Vaters Frank. Es fühlte sich komisch an, von nun an alleine auf sich gestellt zu sein, doch Ardy war positiver Dinge. An unserem ersten Abend zu zweit, wanderte ich durch die zweistöckige Holzhütte und betrachtete die Bilder an der Wand. Sie zeigten eine glückliche Familie im Urlaub oder im Wald beim Picknicken. Seine Eltern sahen noch sehr jung auf den Bildern aus und Ardy schien noch ein Baby zu sein. Frank hatte noch keine Brille auf und war das Ebenbild von Ardy, seine Mutter hat dunkle Locken, die ihr schmales Gesicht umwölbten, wie die Wellen des Meeres im Hintergrund. Ich spürte wie glücklich sie dort gewesen sein mussten und ein Gefühl von Schuld kroch in mir hoch. Ich fragte mich allmählich ob ich nicht der Auslöser der ganzen Übergriffe war. Schnell schob ich den Gedanken beiseite, es würde mir rein gar nichts bringen Schuldgefühle zu zulassen.

An meinem 18. Geburtstag, kam mein Bruder in mein Zimmer geschlichen und weckte mich sanft.

"Aufstehen Schwesterchen, ich habe da ein ganz besonderes Geschenk für dich", flüsterte er damals in mein Ohr. Ich tat so, als wäre ich erst jetzt wach geworden, obwohl ich die ganze Nacht wach gelegen hatte. Mit meinen großen, blauen Augen, schaute ich ihn an. Sein Mund verzog sich wieder zu dem Lächeln, das ich so sehr an ihm mochte. Aufgeregt sprang ich aus meinem Bett und schlurfte ihm über meinem roten Teppich hinterher, die Wendeltreppe hinunter in das riesige Wohnzimmer. Vor dem alten Kamin, lagen drei Päcken.

"So viele?", hatte ich ihn gefragt und voller Vorfreude das größte Geschenk ausgepackt. Am Ende hielt ich einen schwarzen, glatt polierten Bogen in der Hand. Die anderen Päckchen, stellten sich als dazu passenden Köcher und Pfeile mit roten Spitzen heraus. Noch nie hat mir jemand ein so schönes Geschenk gemacht. Glücklich viel ich meinem Bruder um den Hals.

"Für deine Hunterausbildung", hatte er damals fröhlich gesagt. Er war stolz auf meine Entscheidung gewesen.

"Danke" hatte ich ihm mit Tränen in den Augen geantwortet. Er zog mich auf die Beine und zog mich, samt Pfeil und Bogen, nach draußen in den kühlen Wald.

"Lass ihn uns gleich ausprobieren und unser Mittagessen selbst fangen", forderte er mich auf und grinste wieder schief. Seit diesem Tag, gingen wir jeden Morgen eine Stunde Bogenschießen üben und Ardy war wirklich der beste Trainer, besser noch als meine Ausbilder.

"Carla, in welcher Welt warst du denn eben?", reißt mich mein Adoptivbruder aus meiner Erinnerung.

"In der vergangenen", antworte ich ihm ehrlich und lege mir dabei den Köcher, mit den Pfeilen darin, um die Schultern. In seiner Stirn bildet sich eine tiefe Furche, das tut es immer wenn er sich Sorgen machte.

"Wir müssen noch auf Misty warten", doch sobald ich es ausgesprochen hatte, hören wir auch schon von weitem das Wolfsgeheul. Von neuem Mut gepackt, umklammere ich meinen Bogen fest und stapfe, ohne auf meinen Bruder zu warten in die Richtung, aus der ich die Rufe der Wölfe gehört hatte.

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Okay der erste Charakter ist draußen, gefällt es euch? Sagt es mir in den Kommentaren :)

Und damit Happy Birthday Carla, ich hab dich lieb :*

Especially for you <3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt