Liebeskummer

382 17 0
                                    

Der nächste Tag war ein Samstag. Hermine schlief relativ lange und machte sich dann auf den Weg zum Frühstück.

Natürlich gab es auch Gryffindors die das Frühstück ganz verpennten und gerade noch rechtzeitig für den Nachtisch beim Mittagessen kamen, aber ihrer Meinung nach verpasste man dann einfach zu viel vom Tag. Deshalb stand sie am Wochenende immer gegen neun Uhr auf.

Nach dem Frühstück trat Hermine ihren Weg zur Bibliothek an. Den Weg dorthin kannte sie nach den letzten Jahren schon im Schlaf.

Lukas' Worte gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf und sie war entschlossen heraus zu finden warum er ihre Gefühle manchmal besser zu kennen schien als sie selbst. Doch soweit kam sie gar nicht.

In einem kleinen Neben Gang sah sie Lily Moon aus ihrem Schlafsaal hocken. Leises Schluchzen war zu hören und ihre Schultern bebten.

Zögernd trat Hermine in den Gang. Lily schien sie nicht zu bemerken. Sollte sie auf sich aufmerksam machen? Oder wollte Lily allein sein? Unentschlossen biss sie auf ihrer Lippe herum.

Schließlich beschloss sie, dass Lily bestimmt jemanden brauchen könnte der sie tröstet und ansonsten könnte sie sie immer noch weg schicken. Leise setzte sie sich neben Lily und berührte mit ihrer Hand ihre Schulter. Lily zuckte erschrocken zusammen und sah auf.

,,Was ist passiert?", wollte Hermine sanft wissen. Sie war nicht gut in so was, aber alleine wollte sie Lily nun auch nicht lassen.

,,Nichts" Lilys Stimme war brüchig und ihr Gesicht Tränen verschmiert. Skeptisch hob Hermine eine Augenbraue. Sicher doch und das war auch absolut nicht gelogen.

,,Und jetzt die Wahrheit?", schlug sie vor. Doch Lily antwortete nicht, weinte nur leise weiter. Vorsichtig umarmte Hermine sie. Beide Mädchen waren überrascht wie gut dieser Kontakt zu einem anderen Menschen tat.

,,Ich... Michael", schluchzte Lily leise. Hermine dachte nach und versuchte aus dem Gestammel schlau zu werden.

,,Ich habe Michael gesehen wie... wie er Cho Chang aus Ravenclaw geküsst hat", brachte sie einigermaßen verständlich heraus. Liebeskummer. Davon hatte Hermine mal so gar keine Ahnung. Sie war gerade zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt und dann auch noch in ein Arschloch.

Für den Moment umarmte sie Lily einfach weiter und suchte fieberhaft nach den richtigen - oder irgendwelchen - Worten.

,,Weißt du, Jungs sind Arschlöcher", teilte sie ihr ihre Kenntnisse des männlichen Geschlechts mit ,,und wenn er nicht weiß was er an dir hat, dann hat er dich nicht verdient" Lily lachte und schluchzte gleichzeitig, wobei ein recht seltsames Geräusch entstand.

,,Aber ich liebe ihn immer noch. Wie soll ich denn so weiter machen?", wisperte sie.

,,Also, du wirst auf jeden Fall nicht mit ihm zusammen bleiben, nur damit das klar ist. Du musst ihm zeigen, dass du dir nicht alles gefallen lässt"

,,Aber ich liebe ihn", protestierte Lily. ,,Warst du denn noch nie verliebt?"

,,Oh doch", meinte Hermine seufzend.

,,Und? In wen?", wollte Lily wissen. Es schien sie ein wenig von ihrem eigenen Liebesleben abzulenken.

,,Nichts und. Er hasst mich und ich versuche ihn zu ignorieren", erklärte sie die Tatsachen.

,,Und das klappt?", fragte Lily etwas ungläubig. Ihre rot geweinten Augen sahen sie skeptisch an.

,,Na ja... Nein", gestand Hermine. Lily kicherte leise und erklärte auf Hermines fragenden Blick:

,,Ich habe mir immer vorgestellt so ein Gespräch mit einer Freundin zu führen... nicht mit jemandem mit dem ich erst einmal gesprochen habe", seufzte sie leise. Sie schien Hermines nachdenkliches Gesicht bemerkt zu haben, die krampfhaft versuchte sich daran zu erinnern wann sie bereits einmal miteinander gesprochen hatten. ,,Erste Klasse", erklärte sie ,,Du hast mir damals schon mitgeteilt, dass Jungs Arschlöcher sind"

Hermine erinnerte sich dunkel. Das war kurz nachdem Ronald Weasley wieder mal versucht hatte bei ihr abzuschreiben. Sie war aus der Bibliothek geflohen und durch Zufall auf Lily gestoßen die gerade von Crabbe, Goyle und Nott runter gemacht wurde.

,,Ich habe halt seherische Fähigkeiten", lachte sie.

,,Warum hast du dann nicht Wahrsagen gewählt?", fragte Lily grinsend.

,,Weil ich wusste, dass es ein Reinfall sein würde und außerdem muss ich nichts lernen was ich von Geburt an beherrsche", meinte sie gespielt arrogant.

,,Verzeiht, oh große Seherin", alberte Lily und deutete so gut es im Sitzen eben ging eine Verbeugung an.

,,Dir sei vergeben", meinte Hermine großzügig. Dann stand sie auf und zog Lily mit sich.

,,Komm, ich weiß was gegen Liebeskummer hilft, Geheimtipp meiner Mum", grinste sie.

Die beiden Mädchen liefen gemeinsam durch die Gänge von Hogwarts, bis sie die Küche erreichten. Dort beugte Hermine sich zu den kleinen Hauselfen hinab und bat freundlich um einige Dinge.

Eigentlich war sie gegen die Versklavung der Hauselfen, aber nachdem sie sich in einem Gespräch von ihrer Zufriedenheit überzeugt hatte, war sie bereit zu akzeptieren, dass sie für die Zauberer arbeiteten. Trotzdem sollte man ihrer Meinung nach höflich und respektvoll mit ihnen umgehen.

,,Das ist also dein Geheimtipp?", fragte Lily, während sie beide zwischen Haufenweise Eis und Schokolade saßen. Hermine nickte, anders konnte sie gerade nicht antworten, weil sie ihren Mund voller Nuss Schokolade hatte.

,,Also, in wen warst du verliebt?", fragte Lily zwischen zwei Löffeln Karamell Eis. Hermine zögerte. Bisher hatte sie noch vor niemandem eingestanden, dass sie überhaupt verliebt war, selbst wenn es irgendwie trotzdem jeder zu wissen schien. Andererseits, Lily hatte sich ihr auch anvertraut, es wäre also nur fair.

Komm schon Hermine, wo ist denn dein Löwenmut hin? Es gibt doch einen Grund, dass du in Gryffindor bist!, feuerte sie sich selbst an.

,,Ich bin leider immer noch verliebt. In... ach Merlin. Warum sieht er auch so gut aus? Und warum kann ich ihn verdammt noch mal nicht hassen? Jedes Mal wenn ich ihm in diese verdammten grünen Augen schaue kann ich nicht mehr denken, aber er ist ein Slytherin!" Es tat unerwartet gut sich den Frust und die Zweifel von der Seele zu reden. Es tat gut endlich alles raus zu lassen und es nicht weiter in sich hinein zu fressen.

,,Ich schließe daraus, dass wir von Harry Potter reden", stellte Lily nachdenklich fest. Hermine nickte resigniert. Nachdenklich tippte sich Lily mit dem Löffel gegen die Lippe.

,,Hast du Mal versucht mit ihm zu reden?" Hermine hätte bei Lilys Worten fast die Praline ausgespuckt, die sie sich gerade in den Mund geschoben hatte.

,,Bitte was?!"

,,Na ja, das ist doch die Grundlage um jemanden kennen zu lernen, oder?"

,,Ich spreche nicht mit Potter. Schon vergessen, ich bin eine Gryffindor und obendrein ein Schlammblut, er wird sich nie dazu herablassen mit mir zu reden", protestierte Hermine.

,,Seine Eltern waren in Gryffindor und seine Mutter war auch Muggelstämmig. Deshalb verbietet er wahrscheinlich auch allen anderen Slytherins das Wort Schlammblut zu verwenden. Glaub mir, es wird nicht an deiner Abstammung oder deinem Haus liegen ob er mit dir redet oder nicht", meinte Lily zuversichtlich.

,,Woher willst du das wissen?", fragte Hermine skeptisch. Lily sah auf ihre Hände und schwieg einige Augenblicke.

,,Ich habe in meinen ersten Tagen hier manchmal mit ihm gesprochen. Wir... hatten noch was zu klären. Er meinte ihm sei egal in welchem Haus jemand ist oder welches Blut durch seine Adern fließt..."

,,Warum hast du mit ihm gesprochen?", fragte Hermine neugierig. Lily strich sich eine ihrer dunkel blonden Haarsträhnen hinter das Ohr.

,,Ich wohne nur wenige Straßen von ihm entfernt, in der Muggelwelt. Wir waren zusammen in einem Jahrgang auf der Schule, aber in unterschiedlichen Klassen", gestand Lily.

Vielleicht realisierte Hermine erst dann, dass Harry tatsächlich in der Muggelwelt aufgewachsen war. Er kannte keinen der Rein- oder Halbblüter bevor er nach Hogwarts kam. Er wusste nichts von Zauberei. Er war hier genauso gestrandet wie Lily und sie selbst, nur, dass er sich in kürzester Zeit nahtlos in die magische Gemeinschaft integriert hatte.

Für zehn Jahre, war auch er wie ein Muggel aufgewachsen.

Herz aus EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt