VIER

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(Rachel)



„Sie ist und bleibt eine Sirifide, daran kannst du nichts ändern. Schaffe sie runter in die Zelle!"

„Aber..."

„Nein! Wir können ihr nicht trauen, hast du verstanden? Sie gehört zu jenen, die wir unsere größten Feinde nennen. Was fällt dir überhaupt ein sie mit hierherzubringen? Sie könnte das ganze Reich in Gefahr bringen! Oder was ist, wenn ihre Verbündeten dir gefolgt sind und hier gleich an der Tür klopfen? Wir müssten sie auf der Stelle geißeln und ihr Informationen entlocken!"

Die Stimme, die mich an die Oberfläche meines Bewusstseins zog war laut und gebieterisch.

Sie machte mir Angst und ein Schauer jagte mir den Rücken hinunter.

Warte mal...hatte er gerade wirklich geißeln gesagt? GEIßELN?

Wo zur Hölle war ich hier?

Ich versuchte den Drang ,aufzustehen und wegzurennen, beiseite zu schieben.

Okay, es war eindeutig ein Fehler hierher zu kommen.

Schade, dass ich nur in Unmacht gefallen bin und jetzt immer noch lebe.

Den Tod hätte ich mehr begrüßt.

Nach dem lauten Dialog war die jetzige Stille unheimlich und erdrückend.

Jetzt einfach ruhig weiter atmen und den Herzschlag wieder in Takt bringen.

Einatmen.

Ausatmen.

Einatmen.

Ausatmen.

Sie durften nicht wissen, dass ich schon wach war. Wie viele Minuten war ich jetzt wohl schon bewusstlos? Oder waren es Stunden? Ich wusste es nicht.

Die Luft hier war zum Schneiden dick und ich könnte schwören, dass über mir gerade das Blickduell des Jahrtausends stattfand.

Wo war ich eigentlich gerade? Konnte ich mich vielleicht einfach schnell wegschleichen und unbemerkt davonkommen?

Ich konzentrierte mich.

Meine Beine hingen hinunter und mein restlicher Körper lag auf irgendetwas unbequemen. Ich versuchte unbemerkt meinen Zeigefinger über den Untergrund fahren zu lassen. Es war eindeutig Stoff, den ich fühlte.

Aber ein Sofa konnte es nicht sein, dazu war es zu unbequem und der Stoff zu anders.

Warte.... Nein. Neiiiiin. Das konnte doch nicht sein. Der Typ trug mich einfach.

Na toll.

Meine letzte Chance zu entkommen war damit nun auch zerplatzt.

Und nein, es würde niemand merken, wenn ich jetzt einfach zur Strecke gebracht werden würde. Dass meine Familie jemals wiedererscheinen würde, habe ich aufgegeben. Es hatte keinen Zweck weiter so zu tun als würde ich noch bewusstlos sein. Ich war ihnen machtlos ausgeliefert.

„Das hast doch gerade nicht ernsthaft in Erwägung gezogen! Lebst du eigentlich noch im letzten Jahrhundert, Papa? Sie ist immer noch ein kleines zerbrechliches Mädchen. Vermutlich ist sie total unschuldig! Und du sprichst gleich von geißeln! Ich glaub du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank!", schrie nun die mir bereits vertraute Stimme wütend und ich spürte wie seine Hände zitterten.

„Sei still, Kirian! Ich bin immer noch König Pirtu und du hast nicht das Recht mich in so einem Ton anzusprechen!"

„König Pirtu? Ja, soll ich dich König Pirtu nennen? Gefällt ihnen das, meine Hoheit? Wirklich? Warten sie, ich knie mich vor ihnen hin. Schließlich sind sie ja König Pirtu.

Ich bin ja nur ihr Sohn, verzeihen sie mir, mein König.

Dein ernst? Weißt du was? Mir ist es scheißegal, dass du König Pirtu bist! Du könntest genauso einer deiner Sklaven sein und es wäre mir egal.

DU bist mir egal.

Denn das was du jetzt bist, ist nicht mehr mein Vater! Meinen Vater habe ich verloren.

Stattdessen habe ich jetzt nur noch einen egoistischen, alten Kauz, der meint er wäre etwas Besseres als alle anderen und der mich wie ein Stück Dreck behandelt.

Soll ich dir was sagen?

Du bist es nicht. Du bist nicht besser als alle anderen, nur, weil du einen anderen Namen hast.

Und das musst du einsehen, auch wenn das deine kleine Traumwelt, die nicht weiter als bis zu den Mauern des Palastes reicht, zerbricht.

Aber dann kommst du vielleicht wenigstens in der Realität an und erkennst, dass dir hier alle nur ihre Verehrungen heucheln, weil du sie dazu zwingst.

Ist das nicht erbärmlich?

Scheiße, verdammt! Ich vermisse den Mann, den ich stolz meinen Papa nennen darf.

Und ja, ich werde jetzt mit diesem Mädchen hochgehen, denn dort kann sie in meinem Zimmer erst einmal wieder zu Kräften kommen. Und nein, du wirst mich nicht davon abhalten. Denn egal wie schlimm sie in deinen Augen ist, grausamer als du kann sie nicht sein. Schließlich hast du meinen Vater entführt."

Ich spürte wie er anfing zu laufen und mich mit schnellen Schritten davontrug. Fast schon, dass er rannte.

„Kirian?", erklang es von weiter weg, doch immer noch mit lauter, bellender Stimme „wenn sie so unschuldig ist, warum belauscht sie uns dann und tut so, als ob sie noch bewusstlos wäre?"

Der Junge blieb abrupt stehen und drehte sich langsam um.

„Vielleicht ja, weil du vorgeschlagen hast, sie zu geißeln? Ob du es glaubst oder nicht: Es macht Menschen Angst, durch dich leiden und sterben zu müssen! "

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drehte er sich wieder um und ging schnell die Treppe hinauf. Hastig stieß er die Tür zu einem Zimmer- vermutlich zu seinem Zimmer- auf, knallte sie mit dem Fuß wütend wieder zu und legte mich vorsichtig auf etwas Weichem ab.

Mir wurde kalt und seine Körperwärme fehlte mir.

Eine Gänsehaut überzog meinen Rücken.

„Du kannst jetzt aufwachen.", hörte ich nun seine raue Stimme flüstern.


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Hi ihr :D

Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt und das hier lest! :)) <3

Ich weiß, dass es kurz ist, aber das nächste wird länger, versprochen. :)

Bis bald,

eure Anni



Schöne LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt