30. August

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Lieber Maxi,
Der Mond geht auf; die Sonne geht unter. Die Tage werden entweder kürzer oder länger, da kenne ich mich nicht so aus. Die Zeit rinnt wie Sand durch unsere Hände, es rieselt unaufhörlich. Dabei ist er so weich, so unkörnig, dass man ihn kaum aufhalten kann.

Maxi, es werden mit ziemlicher Sicherheit noch weitere Beichten folgen, aber es gibt eine, die jetzt raus muss. Sie übertrifft alle anderen mit riesigem Abstand.
Es geht um etwas, das ich, das wir - Mama, Papa und ich - getan haben. Beziehungsweise was wir eben nicht getan haben, obwohl wir es hätten tun sollen.

Vieles auf dieser Welt sinnt nach Leben. Es gibt Ausnahmen, aber der andere Teil überwiegt.
Einige Menschen gehen dabei sogar so weit, dass sie Anderen, Unschuldigen damit das Leben nehmen.
Dieses Verhalten hat sich unter anderem auf Tiere übertragen.

Und auf Krankheiten wie Hepatitis B.

Die Ärzte sagten vor einiger Zeit, es würde nicht immer so enden.
Die Ärzte sagten kurz darauf betreten, in deinem Fall aber schon.
Es sind die selben Ärzte wie die, die vor langer Zeit sagten, mit einer Impfung könne man solche Krankheiten vermeiden, bevor sie überhaupt aufträten.
Die Ärzte können so viel sagen.

Mama und Papa beteuern ständig, sie werden es dir bald zu erklären versuchen, aber mit jedem abgeschlossenen Tag zweifle ich mehr und mehr daran.
Wie will man einem Zwölfjährigen erklären, dass er bald sterben wird?

Briefe an dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt