25. August

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Lieber Maxi,
Ich wünschte, Regen könnte nicht nur Schmutz, sondern auch meine Erinnerungen fortspülen.

Als unsere Nachbarin mich mal als unnormal bezeichnete, hatte sie wohl recht. Wer sonst außer mir will die süßesten Erinnerungen loswerden?

Du redest viel, selbst wenn der Tag kurz ist. Dein Lachen erinnert poetisch gestimmte Menschen tatsächlich an den Frühling. Die glockenhellen Laute, die deinem Mund entschlüpfen, erwecken Assoziationen einer blühenden Kleinstadt, wo ein fröhliches Treiben herrscht und im Hintergrund die Kirchturmglocke läutet.
Woran ich dabei denke? An den Ausflug im Juli, als wir auf dem Marktplatz waren.
Es ist mehr als einen Monat her und doch fühlt es sich so an, als wären erst zwei Tage vergangen, so gut kann ich mich daran erinnern.

Obwohl wir uns im Herzen der Stadt befanden, hat es überall geblüht. Die kuriosen Eisstände an allen Ecken hast du nie beachtet, du hattest immer nur Augen für die Kunst der Natur.
Die bunten Blumen hätte kein Maler so wunderschön auf eine Leinwand bringen können. Die Blätter der sattgrünen Bäume raschelten leise in dem Wind, den wir selbst kaum spürten. Glücklicherweise war der Himmel nicht ganz frei und ein paar Wolken schützten uns vor der erbarmungslosen Sonne, die an dem Tag wohl die größte Motivation hatte. Einen besseren Sommer konnte man sich gar nicht vorstellen.

Doch es wird Herbst sein. In einem Monat. Ich hasse Herbst, denn wenn er da ist, ist der Sommer gestorben.

Briefe an dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt