Kapitel 8. Ende

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"Harry", drang die vorsichtig klingende Stimme von Ron, durch das Rauschen in Harrys Ohren zu ihm durch, "Du musst mit uns darüber reden, was passiert ist."
Harry konnte seine Augen kaum offen halten, so verklebt waren seine Lider und seine Wimpern von den Tränen, welche vereinzelt noch immer über seine Wangen liefen.
Er wusste nicht genau, welches Gefühl seine Lage gerade am besten beschrieb.
Draco war tot und obwohl sie gerade erst zueinander gefunden hatten, waren die kurzen 48 Stunden, die sie gemeinsam verbracht hatten, auch ihre letzten. Er fühlte sich leer und gleichzeitig fühlte es sich an, als wäre sein Herz zerrissen wurden.
Während Harry da so saß, auf dem kalten, unbequemen Stuhl in Rons Büro, begann er vor Wut zu zittern.
Er war wütend auf sich selbst, gab sich die Schuld für alles, was passiert war und er war wütend auf Ron, weil er ihn von Draco weggezogen und einfach mit in die Aurorenzentrale genommen hatte.
Alleine der Gedanke an ihn ließ alles in Harry schmerzen und trieb ihnen erneut die Tränen in die Augen.
Er konnte nicht darüber reden, was geschehen war. Zu oft wiederholte sich das Bild in seinem Kopf.
Harry zuckte stark zusammen, als sich plötzlich und ohne Vorwarnung die Hand von Hermine auf seine Schulter legte.
Er wusste, dass es pure Einbildung war, doch Hermines Berührung schien zu schmerzen.
"Du hast gesehen, was passiert ist", murmelte Harry mit kratzender Stimme und sah Ron zum ersten Mal richtig an.
Der Gesichtsausdruck des Rothaarigen war beinah Ausdruckslos. Das einzige was Harry in seinem Blick erkennen konnte, war Mitleid.
"Harry", hauchte er und Harry konnte heraushören, wie sehr er ihm leid tat, "Ich bin erst gekommen, als Draco schon -"
"Sag es nicht", unterbrach Harry ihn zischend. "Ich will das nicht hören."
Hermine und Ron tauschten einen kurzen, nichts sagenden Blick miteinander aus, ehe Ron weiter sprach.
"Jedenfalls, war ich zu spät. Ich muss allerdings wissen, was passiert ist, bevor ich da war. Du weißt, dass ich das für die Berichterstattung brauche."
"Ich scheiße auf deinen Bericht", keifte Harry mit fester Stimme, erhob sich aus seinem Stuhl und stieß Hermines Hand von seiner Schulter. "Ich habe Draco gerade sterben sehen und alles worum du dich kümmerst, ist dein Bericht?"
"Es tut mir leid, Harry, aber du weißt, wie wichtig das ist."
Harry versuchte verzweifelt eine Antwort zu finden, doch statt etwas zu sagen, verließ er ohne mit der Wimper zu zucken Rons Büro. Er hatte fest damit gerechnet, dass Ron oder Hermine ihm hinterkommen würden, doch stattdessen verließ der Schwarzhaarige ohne einen weiteren Zwischenfall das Ministerium und apparierte nach Hause. Das hölzerne Haus, in dem vermutlich gerade seine unwissende Verlobte saß, war der letzte Ort, an dem Harry gerade sein wollte, doch er wusste nicht, wo er hätte sonst hin sollen.
Er hätte zurück nach Schottland gehen können, nur um zu sehen, ob Draco noch dalag, oder ob man sich bereits um dessen Leichnam gekümmert hatte.
Jeder Gedanke an Draco fühlte sich falsch an, ebenso, wie jeder Schritt, den er weiter in die Richtung des Hauses ging.
Harry hatte Ginny immer als seine große Liebe angesehen, doch Tatsache war, dass seine große Liebe gerade gestorben war.
Mit zitternden Händen stieß Harry die Tür zu seinem Haus auf. Die Stille überkam Harry wie eine Lawine, drang in seine Ohren und zerdrückte den Schwarzhaarigen förmlich.
Ginny stand in der Küche, schaute leicht verwundert zur Tür, als wäre es ein Fremder, der gerade ihr Haus betrat.
"Harry?", hauchte sie ungläublig, stellte ihr Tasse auf die Arbeitsfläche und kam auf ihn zu.
Er wäre am liebsten zurückgewichen, als sie stumm ihre Arme um seinen Seiten legte und ihn umarmte, doch stattdessen schlang er seine Arme um ihren Hals und hielt sie einfach fest.
Für einen kurzen Moment nur fühlte es sich an, als wäre Ginny die Stütze, die er gerade brauchte.
"Ich weiß, dass du mit Draco unterwegs warst", flüsterte sie leise in sein Ohr, "Ich weiß, dass du ihn vermutlich mehr geliebt hast, als du mich jemals lieben wirst. Ich bin nicht böse."
"Er ist tot, Ginny", schluchzte er in ihren Pullover.
"Es ist nicht deine Schuld, Harry. Er wusste, worauf er sich einlässt."
Harry löste die Umarmung und sah Ginny einen Augenblick bloß in die Augen, während sie vorsichtig die Tränen aus seinem Augenwinkel wischte.
"I-Ich muss nochmal zurück", entschied Harry sich. "Ich sollte wenigstens meine Uniform holen."
"Ron kann das tun", schlug Ginny fürsorglich vor. "Du musst da nicht noch mal hin."
"Doch, muss ich." Harry versuchte seine Stimme fest klingen zu lassen.
Er war Ginny dankbar, denn sie schrie nicht, sie machte ihn keine Vorwürfe. Sie war einfach da, obwohl sie vermutlich wusste, dass er sie betrogen hatte.
Er musste zurück. Er musste wissen, dass das was vor wenigen Stunden erst passiert war, kein Alptraum gewesen ist.
"Du solltest dich erst ausruhen"
Harry schüttelte bloß den Kopf. Er würde sowieso nicht ruhen können, geschweige denn, schlafen.
Er hatte in seinem Leben viele Menschen, die ihm etwas bedeuteten, sterben sehen und jeder dieser Verluste tat weh, doch noch nie hatte Harry das Gefühl, dass ihm sein Herz aus der Brust gerissen wurde.
Harry ignorierte das, was Ginny ihm noch sagte, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und wieder aus dem Haus verstand.
Ihm war klar, dass das apparieren in seinem Zustand gefährlich war und dieses Mal war keiner da, der ihn rettete, doch er musste zurück.

till the world stops turning round - DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt