Kapitel 2

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Gretas Sicht:

Was war gerade passiert? Habe ich gerade wirklich Tim Weitkamp alias Timi Hendrix therapiert, oder besser gesagt versucht Konversation zu betreiben? Seit dem er mit Pimpuliv kleinere Erfolge feierte war ich als treuer Fan dabei. Kann jedes Lied auswendig und habe seine ganzen Drogenabstürze mitbekommen, da ich durch ein paar Ecken mit Sudden in Kontakt war, es bis heute sogar noch bin. Jedoch war ich Timi noch nie so nahe, natürlich war ich bei seinen Konzerten ganz vorne, aber natürlich hat er mich nie bemerkt, warum auch, ich bin doch wie jeder seiner anderen Fans, also nichts Besonderes. Im geistigen Auge ging ich das Gespräch noch einmal durch und merkte wie ernst es um ihn stand. Mit den jetzigen Informationen habe ich herausbekommen, dass er an Depressionen, wenn nicht sogar an chronisch schweren Depressionen leidet. Ich wollte ihn unbedingt helfen, wie er mir mit seinen ehrlichen und genau treffenden Texten es immer machte. Ich selbst habe auch oft Probleme, obwohl mein Leben wohl für die meisten perfekt wirkt. Ich habe einen echt attraktiven und lieben Freund, dass Problem ist, es macht mich nicht wirklich glücklich. Nichts macht mich wirklich glücklich. Ich hatte eine wirklich schöne Kindheit, keine streitende Eltern, einen kleinen nervigen Bruder und einen scheiß Hund, aber wirklich glücklich war ich nie. Unglücklich aber auch nicht. Irgendwie neutral. Gefühllos. Leer. Unvollkommen, als würde irgendein Teil fehlen. Bis vor kurzem dachte, ich Niklas wäre dieser fehlende Teil, mein Freund. Wir waren verliebt, alles war perfekt, aber nach ein paar Monaten war es wie davor. Kalt. Gefühlsleer. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll, oder wie ich überhaupt fühlen soll. Einer der Gründe warum ich Psychologie studierte, um mich besser kennenzulernen, was natürlich nichts brachte, außer zu wissen, dass es wohl für immer so bleiben wird. Ziemlich scheiße. Doch nach diesem Gespräch fühlte ich etwas. Ich weiß nicht was, aber es fühlt sich so an, als hätte sich etwas verändert, etwas in mir drinnen. Warum? Ja natürlich war er mir wichtig, er war mein Lieblingsmusiker, aber eigentlich auch nicht mehr, oder? Vielleicht weil mir Musik immer schon so wichtig war, ist er mir jetzt auch so wichtig. Ich muss ihn wirklich helfen und wie es jetzt gerade für ihn aussieht war es auch bitter nötig. Ich stand auf und blickte mich um, wie spießig sieht es eigentlich hier aus. Notgezwungen von meiner ach so stylischen Mutter, die natürlich alles kann und besser weiß. Natürlich liebe ich sie. Natürlich. Alles weiß, clean, unschuldig, scheiße. Ich hasse dieses Zimmer. Ich möchte mich wohlfühlen und nicht immer Angst haben irgendetwas schmutzig zu machen. Ich möchte mich in die Couch reinwischen können und dass man es einfach nicht sieht, weil es eh schon so verdreckt ist. Ich möchte schmutzig sein, mich so fühlen. Ach wie ich die guten alten Metal und auch Grungezeiten vermisse. Zugestoned auf einer schmutzigen Couch liegen und nicht einmal wissen wessen Couch das eigentlich ist, weil man auch nicht weiß wo man eigentlich ist. Das waren die schönsten Zeiten. Mein Emo-Pony, viel zu viel Kajal und die Netzstumpfhosen, ich war der lebende Alptraum meiner Mutter. Im Gegensatz zu meinen ach so perfekten Bruder. Groß, sportlich, erfolgreich, schön, gebildet, alles was ich zu diesen Zeitpunkt nicht war. Ich war ihr Abschaum, sie schämte sich für mich und schickte mich weg an ein katholisches Mädcheninternat. Irgendwo nähe Braunschweig, am Arsch der Welt, komplett allein mit zurückgeblieben Nonnen und nervigen Mitschülerinnen, die nichts außer unschuldig dasitzen konnten, doch deren tiefsten Geheimnisse ich bald erfuhr. Ich hatte wirklich viel dort erlebt, wobei größtenteils nur schlechtes. Verdammt wie ich dieses scheiß perfekte Zimmer hasse. Timi ließ mich wieder an die alten Tage zurückfühlen, die alten Tage mit seiner Musik.


Fucking shit das war Illusion Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt