Kapitel 4

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Eines Tages, einige Zeit nach meinem Zusammenbruch, nach meiner Phase voller Zweifel und Angst, lag ich wieder mal neben dir, eingeigelt neben dir in dem Sitzsack, der für zwei eigentlich viel zu klein war. Du hattest eine Kerze angemacht und für meine noch folgenden emotionalen Ausbrüche eine Packung Taschentücher bereitgestellt. Du musstest nichts sagen, warst einfach da, hast meiner wortlosen Erzählung gelauscht und meine Haare mit den Händen durchkämmt. Jede Träne wurde von dir mit Verständnis und Liebe aufgefangen. Auch, wenn ich dachte, ich wäre nun langsam fertig mit Verzweiflung, kam trotzdem immer wieder etwas hoch. Und immer wieder stieß es nicht auf Ablehnung, sondern grenzenloses Verständnis.

Und auch wenn wir unsere Differenzen haben, auch wenn ich viele Dinge so viel anders sehe, als du, sind wir irgendwie metaphysisch komplex miteinander verbunden. Deine Anwesenheit bringt mal Ruhe, mal Hektik in meinen Herzschlag. Du wühlst mich auf und beruhigst mich wieder, du lässt meine Gedanken Samba tanzen. Du verstehst mich und ich muss meistens nicht einmal Worte verwenden, um dir zu erklären, was abgeht. Wir wissen, was gemeint ist, wenn wir und bloß anschauen. Wir haben so unsere Ticks und Macken und auch einige Streitthemen, aber wir können uns akzeptieren, gegenseitig, ohne Notwendigkeit, sich zu verbiegen.

Du hattest extra für mich und meinen momentanen Zustand eine Playlist auf Spotify erstellt, die mich aufheitern sollte und von traurigen über erheiternde bis hin zu pfeffrigen Liedern ging. Dummerweise war ich bei "What does the fox say" immer noch am heulen und spürte deine Verzweiflung über die misslungene Mission, mich mithilfe der Musik wieder hochzuziehen. Also saß ich im Endeffekt da wie ein Häufchen Elend, heulend wie ein Schlosshund und hörte Songs wie "Ring frei", die mich in dem Moment nur noch mehr deprimierten. Allein deine Mühe, der Versuch mich aufzuheitern und dein Verständnis retteten mich irgendwie.

Doch allein deine Anwesenheit, deine warmen Hände auf meinem Rücken und in meinen Haaren, dein tiefer Atem, der Sauerstoff durch die großen Lungen strömen ließ, deine tiefe und mir vertraute, den Brustkorb zum Zittern bringende Stimme in den paar Worten die fielen und dein Herzschlag an meinem Ohr, beruhigten mich irgendwann.

Aus einem kleinen unscheinbaren LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt