║Prolog║

63 8 6
                                    

»Nehmt unser Leben, doch unser Geist wird nie vergehen«

Verrat.

Es ist nicht der erste Hinterhalt, für sie aber der Letzte, denn dieses Mal wird sie ihn nicht überleben, dem ist sie sich gewiss.

Schwarzer Rauch umhüllt sie; nimmt ihr die Sicht; benebelt ihre Sinne. Wo sie sich befindet weiß sie selbst nicht mehr. Sie hat Angst, zittert. Blut und Ruß beschmutzen ihren zierlichen Leib, verschlingen ihr schneeweißes Haar. Ihre Atmung ist flach. Luft bekommt sie kaum noch und dennoch versucht sie bei Bewusstsein zu bleiben.

Sie will fliehen - vergebens. Ihr Körper ist taub. Sie spürt nichts, außer den Schmerz der an ihrer Seele zerrt.

Die junge Frau ist die letzte Überlebende eines einst mächtigen Magiergeschlechts. All ihre Schwestern und Brüder sind längst tot, ermordet vor langer Zeit aus Neid und Missgunst. Nun ist sie die Nächste und mit ihr wird eine uralte Magie ewiglich versiegen.

Wieso? Tränen kullern ihre Schmutz übersäten Wangen hinab, vereinen sich mit kaltem Schweiß. Ja, weshalb hatte sie es nicht schon früher bemerkt - den Schatten hinter dem trügerisch netten Lächeln? Nun ist es dafür zu spät. Ihre Liebsten - ihr Mann und ihr Kind - sind beide tot, grausam hingerichtet. Sie bereut, kann sich ihre eigene Torheit nicht verzeihen. Warum hatte sie dem Fremden vertraut? Keine Antwort.

Schritte nähern sich. Dumpf prallen sie auf dem Boden auf, gelegentlich knarrt poröses Holz. Ihr Herz hämmert wild gegen ihre Brust. Wird das ihr Ende sein? Sie seufzt. Furcht mischt sich mit Erleichterung. Schon bald wird sie ihre Liebsten wieder sehen, nicht wahr? Zumindest will sie daran glauben, denn der Gedanke an eine Vereinigung schenkt ihr Hoffnung.

Die Schritte verstummen. Schwindel überkommt sie. Hat er ihre kauernde Gestalt entdeckt? Zögernd hebt sie ihren schwer gewordenen Kopf. Ihr Atem stockt. Ihre noch zuvor müden Augen weiten sich schlagartig, sind nun hellwach. Inmitten des schwarzen Qualms sieht sie etwas Raubtierartiges aufblitzen. Sie kann es kaum glauben. Es sind Augen - blutrot. Nun wird ihr bewusst, der Feind ist ein verdorbener Magier, hat sich der Blutmagie verschrieben.

Starr vor Schreck blickt sie in die pure Finsternis, den Abgrund alles Bösen. Sie nimmt nichts mehr wahr, nur noch den stechenden Schmerz an ihrem Hals, als der Vampir seine Fangzähne gierig in ihr zartes Fleisch rammt. Ein letzter Schrei entkommt ihrer Kehle, dann entflieht die Wärme aus ihrem Körper, weicht Stück für Stück der Kälte mit jedem Tropfen Blut den sie verliert.

Ein Lächeln umspielt ihre Lippen, bevor ihre eisblauen Augen auf ewig erstarren. Was bleibt ist ihr Geist, die Erinnerung an ihr Dasein.

Blood Lust: Dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt