Kapitel 1

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Zoe's Sicht

,,Mum ich bin jetzt los", rief ich, während ich mein Handy und meine Kopfhörer griff und eilig zur Tür hinaus ging. Es war ein regnerischer Nachmittag und vor ein paar Stunden bin ich erst von der Schule nach Hause gekommen. Heute war der letzte Schultag vor dem Sommerferien, endlich!

Mein Name ist Zoe und vor kurzem bin ich 15 Jahre alt geworden. Ich wohnte in einer kleinen Stadt in der nähe von Düsseldorf, also in Deutschland. Ich bin groß, schlank und habe braune Haare. Meine Augen sind grün, blau und sie sind die einzige Sache an meinem Körpern, welche ich wirklich mochte.

Ich zog mir die Kapuze meines weißen Pullis über und machte mich auf den Weg zu meiner Bushaltestelle, um zu einem Platz zu fahren, an dem ich alleine war und in Ruhe mal nachdenken konnte. Ich musste mich etwas beeilen um meinen Bus nicht zu verpassen. Ich steckte mir die Kopfhörer in meine Ohren und machte ganz laut die Musik an. Ich weiß nicht ob ich die einzige bin, aber bei mir muss die Musik immer so laut sein, so dass ich sie auch fühlen kann. Es ist schwer dieses Gefühl zu beschreiben.
Mit meinen ebenfalls weißen Sneakers ging ich die Straße runter durch den Regen. Ich liebte Regen. Ich liebte es mit Musik in den Ohren die Straßen runter zu gehen. Und ich liebte es alleine zu sein. Der Geruch von Regen beruhigte mich irgendwie. Ich machte meine Musik auf volle Lautstärke. Meistens hörte ich Rap, doch wenn es mir innerlich nicht gut ging höre ich auch oft andere Lieder, die mit viel Gefühl gesungen sind. Das löst irgendwie immer was in mir aus. Als ich an der Bushaltestelle war, kam auch schon der Bus und ich stieg ein. In dem Bus war es deutlich wärmer als draußen, wo es bestimmt nur zehn Grad waren. Ich suchte mir hinten im Bus einen Platz wo ich mich alleine hinsetzen konnte und dann schaute ich aus dem Fenster und wartete. Ich wartete bis ich endlich ankomme. Und dabei hörte ich heute kein Rap. Irgendwie war heute ein komischer Tag, da ich mich ziemlich alleine fühlte. Ich habe nicht viele Freunde und auch wenn ich gern alleine bin zerfrisst mich diese Einsamkeit manchmal innerlich. Ich schaute nach draußen. Der Regen fiel auf die Straße und Autos fuhren vorbei. Heute war eigentlich mal ein Tag, an dem meine Eltern zu Hause waren. Normalerweise sind sie oft auf Geschäftsreisen oder arbeiten von früh bis spät. Und ja, ich sehe meine Eltern sehr selten was mir jedoch nichts ausmacht. Das Verhältnis zu ihnen ist nicht gerade das beste, darum bleib ich heute auch nicht zu Hause, weil meine Eltern dort sind. Ich denke es ist auch mal gut raus zu kommen, denn ich musste etwas nachdenken und mich selbst wieder finden. Es gab eine Sache in meinem Leben, die ein Problem für mich war. Und genau darüber musste ich mir etwas klarer werden.
Ich drückte auf den roten Stop-Knopf, welcher neben mir an einer Stange befestigt war und stand auf. Der Bus wurde etwas langsamer und hielt dann auch an. Die Fahrt zu diesem Platz ist nicht gerade lang und ich hätte den weg eigentlich auch zu Fuß laufen können, doch es regnete und ich war mir sicher, dass meine eltern mich nicht gefahren hätten.
Ich stieg aus und zog mir anschließend wieder meine Kapuze über. Es fing immer heftiger an zu regnen und mit schnellen Schritten ging ich in einen kleinen Park, der sich direkt hinter der Haltestelle befand. Dort stand etwas weiter eine kleine Bank unter einem Holzpavillon. Hier ging ich immer hin, wenn mich etwas bedrückte oder ich runter kommen muss wegen Familienstreit oder anderen Problemen. Ich setzte mich hin und beobachtete weiter den Regen, der in strömen auf den Boden viel. Jetzt war ich ganz alleine und genau jetzt konnte ich mal nachdenken.
Also, ich hatte bisher drei Beziehungen mit Jungs zwischen 16 und 18 Jahren. Ja, ich stand auf ältere und dafür schämte ich mich auch nicht. Alle Beziehungen sind jedenfalls gescheitert und nein, nicht die Jungs haben Schluss gemacht, sondern ich. Und warum? Weil ich mir nie vorstellen konnte, dass sich Liebe so anfühlt. Es waren keine Kindergartenbeziehziehungen sondern richtige und jeder von ihnen war mir wichtig, aber irgendwie nur freundschaftlich und ich konnte mir mit keinem auch nur annähernd eine Zukunft vorstellen. Jedenfalls habe ich immer Schluss gemacht, weil ich keine Gefühle für sie bekommen habe. Jeder Kuss mit einem Jungen hatte keine Bedeutung und ich habe nie auch nur ansatzweise etwas gefühlt. Das einzige was ich fühlte war die Berührung auf meinen Lippen und mehr nicht. Ich habe es versucht. Ich habe es versucht einen Jungen zu lieben. So oft, aber ich konnte es einfach nicht. Ich achtete sowieso eher auf Mädchen. Klar, auch auf Jungs und ob sie hübsch sind, aber wer nicht? Ich hatte sogar ein paar mal das Gefühl, dass ich auf ein paar Mädchen die ich kennengelernt habe stand. Ich dachte immer ich fand sie nur freundschaftlich gut und ich habe nie verstanden, dass es von meiner Seite einfach mehr war. Ich wollte es nie wahr haben und ich habe sogar versucht Gefühle für Jungs zu bekommen, doch ich habe es nie geschafft. Ich saß auf der Bank und schaute auf. Ich wusste was mit mit war und warum alles bisher so gelaufen ist. Ich stand nicht auf Jungs, ich stand auf Mädchen. Jetzt endlich nach so langer Zeit wird mir Klar, dass ich nicht hetero oder einfach bisexuell bin. Nein. Ich bin lesbisch.

Her / Kurzgeschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt