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KAPITEL 8 

Namor, Atlantis, 04.08 Uhr

Der Himmel ist noch dunkel, als ich aus dem Palast schwimme und mich auf den Weg zu meinem Privatjet mache. Doch der Gedanke, dass Annie nicht wieder zu mir zurückgekehrt ist und auch ich sie nicht finden kann, lässt mich all meine anderen Sorgen vergessen und ich weiß sofort, dass ich los muss um mir Hilfe zu suchen. Denn ich kann es mir nicht leisten, dass ich mehrere Tage in meinem Königreich fehle, ich muss es weiter regieren, gerade nach dem, was passiert ist.

Ich sehe schon meinen persönlichen Assistenten und sehe mich ein Mal kurz um. Als ich sehe, dass wir nicht alleine sind, weiß ich, dass er mich gleich wieder mit vollstem Respekt ansprechen wird und ich verdrehe die Augen.

Wir beide haben ein gutes Verhältnis zueinander, und arbeiten sehr oft zusammen, weshalb ich ihm irgendwann gesagt habe, dass er ganz normal mit mir reden kann, denn es hat mich nach einiger Zeit genervt, dass er mich angesprochen hat, als hätte er Angst vor mir – was er ja wahrscheinlich aber auch hatte. Es gibt nicht viele, die so mit mir reden dürften. Die einzige Ausnahme bildet da wohl Annie, die es noch nie gekümmert hat, ob sie mich wie einen König behandelt, oder nicht. Aber das ist auch ganz gut, sonst wäre es damals im Krieg wahrscheinlich anders gelaufen. Denn damals war Annies Sturheit und ihre ruppige Art teilweise ein Segen für unsere Zusammenarbeit.

„Guten Morgen, eure Hoheit. Wie kann ich ihnen helfen?", fragt mich mein persönlicher Assistent und ich bedeute ihm, in den Jet zu steigen, dann gebe ich eigenhändig die Koordinaten ein und lasse es zu, dass er im Cockpit platz nimmt.

„Warten wir noch auf jemanden, oder kann es los gehen?", fragt er dann und ich lehne mich in meinem Sessel zurück und halte nur den Daumen nach oben, damit er weiß, dass wir los können.

Sobald sich die Tür des Jets schließt, kann man förmlich spüren, dass sich die Atmosphäre schlagartig ändert.

„Müde?", fragt mich Luke – der Assistent – und dreht sich mit einem schelmischen Grinsen zu mir um. Ich nicke leicht, fast unmerklich, und wenige Sekunden später dröhnt ohrenbetäubende Musik durch den Jet. Ich verenge die Augen und sehe Luke böse an.

Dann stehe ich auf und gehe nach vorne und schalte die Musik ab.

„Annie ist verschwunden.", murmele ich nur und lasse mich auf den Platz für den Co-Piloten fallen. Sofort schießen Lukes Augen zu mir, er ist einer der wenigen, mit denen ich wirklich mal richtig intensiv über die Beziehung zwischen Annie und mir geredet habe.

„Scheiße... seitdem der Angriff auf unseren Palast stattgefunden hat?", harkt er nach und ich nicke, dann beuge ich mich nach vorne, stütze meine Ellbogen auf meine Oberschenkel und bette dann meinen Kopf in meinen geöffneten Handflächen.

„Ich halte das einfach nicht aus, ich muss wissen, dass es ihr gut geht.", nuschele ich, doch zu meinem Glück versteht Luke mich trotzdem.

„Weiß sie es?" Ich weiß sofort worauf er anspielt und ich sehe kurz zu ihm.

„Nein... ich wollte es ihr eigentlich bald sagen... aber ich habe Angst.", gebe ich zu und hoffe sehr, dass er das für sich behält.

„Du hast Angst? Du?" Ich schenke ihm einen bösen Blick, durch den er sofort wieder leise wird und lehne mich etwas zurück.

„Genau deswegen suche ich mir ja jetzt Hilfe... vielleicht finden sie Annie ja und können dafür sorgen, dass sie wieder zu mir zurück kehrt.", erkläre ich das Vorhaben unserer Reise und auf Lukes Gesicht bildet sich ein kleines Lächeln. Natürlich, auch er hätte nicht gedacht, dass ich so weich werde, wenn es um Annie Irwin geht.

„Ich hoffe wirklich, dass wir sie finden und es ihr gut geht.", macht er mir Mut und ich nicke.

Nach einem Flug von etwa zwei Stunden, kommen wir endlich dort an, wo wir hin wollten: Steve Rogers Wohnung.

Ich weiß, dass er der einzige ist, der mir in diesem Moment helfen kann – außer Tony Stark vielleicht, aber der hat sich schon so seltsam benommen, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Da bitte ich lieber Steve um Hilfe, von dem weiß ich schließlich, dass man sich auf ihn verlassen kann.

Dort angekommen klingeln Luke und ich, was wahrscheinlich ein bisschen seltsam aussehen muss, denn Luke ist ein reinblütiger Atlanter – mit blauer Haut, Schwimmhäuten und den typisch atlantischen Körperbemalungen.

Nach einiger Zeit wird uns geöffnet und wir gehen beide nach oben in das kleine Appartement. Steve ist sichtlich überrascht, als er uns die Treppe hochkommen sieht, öffnet die Tür aber gleich ein Stückchen mehr und lässt uns herein kommen, wahrscheinlich weiß er schon, dass es etwas wichtiges ist.

Drinnen angekommen, bedeutet er uns, dass wir uns auf das Sofa setzen dürfen, was wir auch machen, während er mit jemandem redet. Als dieser dann zusammen mit Steve das Wohnzimmer – oder was auch immer das hier darstellen soll – betritt, schenke ich dem Mann mit dem Metallarm einen kurzen Blick, dann sehe ich zu Steve.

„Ich brauche deine Hilfe, alter Freund.", beginne ich und habe somit alle Aufmerksamkeit, die mir Steve geben kann.

„Worum geht es?", fragt er mit ehrlichem Interesse.

„Annie ist verschwunden." Diese Aussage löst nicht nur bei ihm Verwirrung aus, sondern auch bei Bucky.

„Wie meinst du das? Seit wann?" Steve sieht mich an, man kann Besorgnis in seinem Blick sehen.

„Vor 6 Tagen sind wir zu SHIELD geflogen... sie bat mich zurück nach Atlantis zu kehren und wollte mir innerhalb von drei Tagen folgen... sie kam nicht wieder und ich konnte sie auch nicht finden.", erkläre ich und Steve sieht mich skeptisch an.

„Namor, wenn sie nicht gefunden werden will und selbst du sie nicht findest...", setzt er an, doch als er meinen Blick sieht verstummt er.

„Wer sagt denn, dass sie nicht gefunden werden will? Sie hat mir versprochen, dass sie zu mir zurückkehren wird! Sie hat es mir geschworen. Sie reagiert auf keine meiner Nachrichten, auf keinen meiner Anrufe, ich habe alle 87 mir bekannten Unterschlüpfe durchsucht, nichts! Kein einziges Lebenszeichen von ihr!" Ich spüre, dass ich mich schon wieder aufrege und ein Blick zu Luke sagt mir, dass ich einen Gang runter schalten sollte.

„87 Unterschlüpfe? Ich kenne gerade mal 8... wie soll ich dir da helfen?", fragt Steve und ich sehe das Bedauern in seinem Blick. Am liebsten würde ich mir die Haare raufen.

„Ich weiß doch auch nicht, verdammt! Sieh dich bei SHIELD um, oder so... bitte, Steve... bitte tu mir diesen Gefallen. Ich flehe dich an." In dem Moment, in dem ich das gesagt habe, bildet ich auf dem Gesicht aller Anwesenden ein Lächeln, Steve kommt mir einen Schritt näher und legt mir brüderlich eine Hand auf die Schulter.

„Das bedeutet dir sehr viel, oder?", fragt er und ich seufze. Ist Steve bei sowas nicht ein emotionaler Mensch? Vielleicht kann ich ja mit Emotionen weiterkommen.

„Sie ist die Frau meines Lebens. Ich weiß nicht, was ich ohne sie machen würde.", gestehe ich und auf seinem Gesicht bildet sich ein Lächeln.

„Gefühle für Annie Irwin, hm? Du machst auch echt keine halben Sachen.", schmunzelt er dann und ich seufze erneut.

„Ja. Ich weiß, unfassbar, nach allem, was war. Bitte, Steve." Ich weiß nicht, wie oft ich schon bitte gesagt habe, seitdem ich hier bin, aber scheinbar bringt es etwas.

„Okay, Bucky und ich werden sehen, was wir tun können. Wir finden sie, verlass dich drauf. Und sobald wir wissen, was mit ihr ist, sagen wir dir Bescheid, einverstanden?" Als er das sagt, kann ich mir ein erleichtertes Aufatmen nicht verkneifen und sehe ihn dankbar an.

„Hey, ich meine, wenn der Herrscher von Atlantis sich schon mal in meine Wohnung begibt und mich um etwas bittet...", lacht Steve leise und betont dabei das „mich" ganz besonders.

„Da kann man mal sehen, welchen Einfluss Annie Irwin auf mich hat, hm?"

Etwas später sitzen Luke und ich wieder im Jet auf dem Weg zurück zum Palast und hören etwas Musik.

„Denkst du, dass sie sie finden werden?"

„Ich hoffe es... ich weiß nämlich nicht, was ich sonst machen werde."

Annie III - Pleasant HillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt