Maya merkte gar nicht, wie die Zeit verging. Christoph hatte Tee und eine kräftige Suppe gemacht, aber sie war die meiste Zeit in die Notizen ihrer Eltern vertieft. Sie waren ja doch einige der letzten Dinge, die sie von ihnen hatte. Es war so seltsam, etwas so Vetrautes zu sehen. Maya hatte sich schon vor Ewigkeiten damit abgefunden, dass sie weg waren. In einem Notizbuch erwähnten sie sie sogar und schrieben, dass sie Angst hatten, sie könnte jemals in die Sache verwickelt werden. Und nun war genau das geschehen.
Ohne dass sie es bemerkte, rann ihr eine Träne über die Wange. Es fiel ihr erst auf, als Christoph ihr ein Stofftaschentuch hin hielt. Kurz darauf klopfte es an der Tür. Er öffnete und zwei Gestalten traten in die Küche. Beide waren ganz in Schwarz gekleidet und nur an der Figur erkannte man, dass es ein Mann und eine Frau waren. Sie nahmen die Hüte, die sie trugen ab. Sie waren etwa Ende Zwanzig und sahen mit den roten Haaren und den blauen Augen wie Geschwister aus. "Was tut sie denn hier?", blaffte die Frau Christoph plötzlich an und deutete anklagend auf Maya. "Sie war in Gefahr.", erklärte Christoph ruhig. "Das ist mir egal! Sie ist Eversfields verdammte Urenkelin!" Der fremde Mann räusperte sich, als er Mayas verwirrten Blick bemerkte.
"Verzeihen Sie, aber unsere Familie steht in keinem sehr guten Verhältnis zu der Ihren." Maya brachte immer noch kein Wort heraus, sondern starrte nur zu Christoph, der auf einmal unglaublich müde wirkte. "Regeln wir das bitte wie Erwachsene? Maya, darf ich Ihnen Amanda und Charles Harrington vorstellen? Sie sind zwei meiner Partner in dem Rosenkiller-Fall." In dieser Zeit oder generell hätte man wohl darauf gesagt sehr erfreut. Aber das wäre gelogen gewesen. Amanda hatte offensichtlich etwas gegen sie und ihre ganze Familie. Also stand sie einfach auf und streckte auffordernd die Hand aus. "Ich bin Maya Eversfield. Eigentlich lebe ich im Jahr 2018, aber ein gewisser Wayne Braxton hat die Scheibe meines Ladens zerschossen und hatte danach das Gleiche mit mir vor, aber Mister Bentley hier hat mich davor bewahrt."
Drei Augenpaare starrten sie an. Nachdem nur Charles ihr wortlos die Hand gedrückt hatte, setzte sie sich schweigend wieder und schaute abwartend in die Runde. Christoph schien ein Grinsen zu verbergen. "Nun, das ist zwar bedauerlich", begann Amanda nun etwas zurückhaltender. "aber dennoch sind Sie uns ein Klotz am Bein, Miss Eversfield. Wir haben einen Auftrag und können jemanden, der sich in dieser Zeit nicht zurechtfindet nicht gebrauchen."
"Ich bin nicht freiwillig hier. Und abgesehen davon habe ich Geschichte studiert." Trotzig wie ein kleines Kind verschränkte Maya die Arme. Sollte diese Amanda sich doch ausheulen. Sie wollte ohnehin nach Hause. "Also könnten wir uns bitte auf das Wesentliche konzentrieren?", seufzte Christoph und deutete den beiden, sich zu setzten. "Mayas Eltern haben all die Notizen ihrer Vorfahren und ihre eigenen gut verwahrt. Vor etwa sieben Jahren brachten sie sie dann zu meinem Vater, der sie schließlich mir übergab. Sie sollten uns bei dem Fall helfen."
Charles und Amanda betrachteten missmutig die Kiste. "Seit wann arbeiten wir mit den Eversfields zusammen?", knurrte Amanda und warf Maya einen giftigen Blick zu. "Da muss ich meiner Schwester zustimmen.", gab Charles ihr Recht. "Christoph, hast du schon vergessen, was Juliette getan hat?" Maya riss die Augen. "Meinen Sie Juliette Eversfield? Meine Urgroßmutter?" "Ja. Ihre Urgroßmutter sollte ursprünglich mit uns zusammenarbeiten." "Was ist passiert?" Niemand reagierte. Nur Amanda wirkte, als würde sie ihr etwas unter die Nase reiben wollen. Christoph schluckte schwer. "Das ist jetzt nicht von Bedeutung. Was zählt ist, dass wir den Rosenkiller finden."
"Na gut. Dann will ich selbst mit meiner Urgroẞmutter reden." "Was!? Wir können doch nicht jemanden aus 2018 in 1907 herumlaufen lassen.", rief Amanda. "Sie ist doch keine Gefangene.", hielt Christoph dagegen. "Aber sie wird uns genauso wie Juliette Probleme bereiten!" "Ich sitze auch noch im Raum!", knurrte Maya. Wütend stand sie auf und stampfte zur Tür. Aber Amanda war schneller. "Machen Sie sich bloß keine Mühe!", fauchte sie und verschwand nach draußen. Charles zuckte nur mit den Schultern und folgte ihr. Maya drehte sich ungläubig zu Christoph um. "Was hat meine Urgroßmutter denn so Schreckliches getan?"
Er wich ihrem Blick aus. "Vielleicht reden Sie wirklich besser selbst mit ihr."
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Im Bann der Zeit
FantasyFür Maya Eversfield gibt es nur ihren kleinen Buchladen in der Londoner Innenstadt. Ihr Leben verläuft eintönig wie immer. Bis sie eines Tages einem geheimnisvollen Fremden in altmodischer Kleidung und mit einer goldenen Taschenuhr trifft. Er will e...