-Prolog-

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Wie immer um diese Jahreszeit, war sie die Einzige in der alten Trainingshalle des Ausbildungsgeländes. Der Mond schien ungewöhnlich hell durch das, von Staub und Moos bedeckte Glasdach und tauchte die Halle in ein schummriges, grünes Licht. 

Mit einem gequälten Ausdruck auf dem Gesicht durchquerte die zierliche Frau die Halle und blieb schließlich vor dem heruntergekommenen Tresen, der die, durch die vielen Jahre des Trainings fleckige, graue Wand zierte, stehen.

Vorsichtig, als fürchtete sie sich vor dem zerknitterten Papier, das vor ihr lag, nahm sie es in die Hand. Ihre Augen fuhren unruhig über die Liste und studierten die darauf mit geschwungener Handschrift notierten Namen. 

Sie seufzte und schlug bedrückt de Augen nieder. 

Jedes Jahr wurde die Liste der angemeldeten Personen kürzer. Behutsam ließ sie ihren Finger über die roten Markierungen vor einigen der Namen fahren. 

Das Schicksal dieser armen Seelen war hiermit so gut wie besiegelt. Und genauso wie ihr Leben einem nun beinahe sicherem Ende entgegenblicken würde, lag dennoch dieses all derer, die hier zurückbleiben sollten, dennoch in ihren Händen.

Langsam sammelten sich heiße Tränen in ihren Augen, als ihr die Gesichter derer, deren Namen sie die Jahre zuvor laut hatte vorlesen müssen, wieder vor Augen traten . Mit einem Ruck riss sie ihren Blick von dem Blatt und schloss ihre Faust fest um das Dokument. 

Sie durchquerte die Halle und blieb vor der großen, morschen Holztür stehen, bevor sie einen  letzten Blick zurück, in den leeren Raum warf. 

Eine einzelne Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und lief über ihr Gesicht. 

So war es nunmal. 

Es war die Zeit gekommen, in der die Menschen um das Überleben kämpften, die Zeit in der sie die Natur fürchteten und die Menschheit die Kontrolle über ihre Zukunft verloren hatte.

Die Tür ächzte laut, als die Frau sie mühselig auf drückte und in die Dunkelheit, des vor ihr liegenden Gangs verschwand.

Noch lange, nachdem sie verschwunden war hallte das Echo der zufallenden Tür durch die kalten, dunklen Betongänge.

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