Epilog: Schicksal

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Schicksal, so hätte es wohl mancher genannt, doch Seto wollte davon nichts hören. Nicht mehr. Er hatte gesehen, auf welche Art Kisara diesen Fremden angesehen hatte, der ihm so sehr ähnelte wie ein Spiegelbild. Mit einem Blick, der ihm niemals gegolten hatte und von dem der Priester ahnte, dass er ihm auch niemals gelten würde, wenngleich er nicht daran zweifelte, dass Kisaras Treue auch ihm galt. Doch es würde nie die gleiche Art Treue und Ergebenheit sein, die sie diesem Seto Kaiba geschworen hatte. Sie hatte ihm ihre Hilfe zugesagt, hatte ihn niemals im Stich gelassen und er wusste, wenn es zum Ärgsten kam, würde sie für ihn die Bestie entfesseln, die in ihr ruhte.

Die Macht des Weißen Drachen gehörte ihm – zumindest glaubte das Jeder. Allein er wusste es besser. Er wusste, dass Kisaras Treue ihm nur so lange galt, bis Seto Kaiba auf den Plan trat. Gegen ihn würde sie sich niemals stellen, auch wenn weder sie noch er jemals ein Wort über den Fremden verloren, seit dieser spurlos verschwunden war. Der Soldat hatte berichtet, er habe Seto Kaiba zu einer fertigen Tafel für den Palast begleitet und dann habe auf einmal ein gleißendes Licht den Fremden eingehüllt, der im nächsten Moment verschwunden gewesen war. Der Priester hatte die Worte des erschrockenen Soldaten nicht angezweifelt. Allein der Blick, den ihm Isis zuwarf, hatte ihm verraten, dass es weise wäre, diese Sache auf sich beruhen zu lassen und auch er fand, dass sie dringendere Probleme hatten. Immer mehr häuften sich Monsterangriffe und der König der Diebe, ein Mann namens Bakura, schien nur ein Puzzleteil des Problems zu sein.

Mit der Hilfe des Weißen Drachen jedoch, davon war Seto überzeugt, würde er dem Pharao beistehen können und Ägypten vor der drohenden Gefahr beschützen können, ganz gleich, was kommen mochte. Es gab keine Bestie unter Ägyptens Sonne, die es mit dem Drachen aufnehmen konnte. Daran, dass Kisara Wort halten und ihm die Kraft der Kreatur leihen würde, wann immer er ihrer bedurfte, zweifelte der Priester nicht. Kisara war eine ehrliche Person. Wann immer sie ihm versprach, zu tun, was in ihrer Macht stand, sagte sie die Wahrheit und genau deshalb wählte sie niemals die Worte für ihn, die sie für Seto Kaiba gefunden hatte. Meister des Weißen Drachen.

Nachdenklich sah er zu Kisara hinüber, die wie so oft mit verträumtem Blick am Balkon saß und in die Ferne starrte. Niemand brauchte ihm zu sagen, wo sie mit ihren Gedanken war. Bei wem. Niemals würde ihr Blick so auf ihn fallen, niemals wäre sie wahrlich die Seine. Weder Kisara, noch die Bestie, gleich wie sehr er sich bemühte. Ihm schien es, als wollten die Götter mit ihm ihr grausames Spiel spielen, nachdem sie ihm die Kraft des Weißen Drachen offenbart und in die Hände gelegt hatten, nur um sie ihm dann zu entreißen und diesem Fremden zu gewähren, der sie zurückließ, damit er darüber verfügen konnte. Immer würde in ihm der Gedanke ruhen, dass er nur ein Ersatz war für den Mann, der sich im Nichts aufgelöst hatte. War das sein... Schicksal?

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