Kapitel 4

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Schon in den ersten Minuten der Folge merke ich, dass American Horror Story definitiv nichts für mich ist. Chrissi bekommt neben mir gleich einen Herzinfarkt  und ich kann es ihr nicht verübeln. Also nehme ich ihre Hand und sie krallt ihre Nägel sofort in meinen Handrücken. ,,Au, sag' mal hackts bei dir?", frage ich und schaue auf meine rechte Hand, auf der sich schon deutlich rote Abdrücke gebildet haben. ,,Sorry, " antwortet sie betroffen, ,,ich bin nur total schreckhaft." Ich nicke, denn ich kann sie total gut verstehen. Wir sitzen total angespannt nebeneinander und sehen mit großen Augen zu, wie die beiden Zwillingsbrüder von dem hässlichen Monster ermordet werden. ,,Ganz ehrlich, die Menschen in Horrorfilmen sind immer so dumm!", regt sich Robin neben mir auf. ,,Na dann solltest du dich ja bestens mit ihnen identifizieren können," antwortet Julinan mit einem Lächeln auf den Lippen und erntet für seinen Kommentar einen gespielt bösen Blick seines besten Freundes. ,,Shit, jetzt ist es raus, fühlst du dich nun besser?" entgegnet Robin. ,,Ja," , meint Julian und fügt dann hinzu, ,,es war mir nur sehr wichtig, damit Mila weiß, wen sie nicht fragen sollte, wenn sie RICHTIGE Hausaufgaben abschreiben will." ,,Ach und wen sollte ich deiner Meinung nach fragen?" frage ich ihn und versuche seinem intensiven Blick Stand zu halten. Einen kurzen Moment sagt er nichts, sondern sieht mich einfach nur an. Aus den Lautsprechern des Laptops höre ich jemanden schreien und damit ist dieser seltsame Augenblick unterbrochen und Julian antwortet trocken: ,,Anna." Mit diesem Wort dreht er sich von mir weg und ich frage mich, was bei ihm falsch läuft. Auch Chrissi und Anna haben die merkwürdige Situation erfasst und werfen sich vielsagende Blicke zu, worauf ich nur die Augenbrauen hochziehe. Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder der Leinwand und versuche mich wieder in die Handlung einzufinden, doch merke schnell, dass ich den Anschluss verpasst habe. Viel zu viele Figuren waren in der Zwischenzeit eingeführt worden und es wurde von Ereignissen berichtet, die ich anscheinend vollkommen verpasst habe. Also lasse ich mich zurück in das gemütliche Sofa sinken und schließe die Augen.
Ich werde von Annas leiser Stimme geweckt, während der Abspann schon läuft. Mir die Augen reibend, richte ich mich auf und frage müde: ,,Habe ich sehr viel verpasst?" ,,Süße, du hast fast alles verpasst," antwortet sie lachend. ,,Zum Glück," ,entgegne ich und füge hinzu, ,,Chrissi, ich glaube, beim nächsten Mal, bin ich mit auf deiner Seite. Horrorfilme sind echt nicht mein Ding."
,,Trotzdem seid ihr noch in der Unterzahl," meint Louis frech und steht auf. Daraufhin zeigt Chrissi ihm den Mittelfinger und gähnt.
Immer noch schlaftrunken erhebe ich mich von der Couch, um den anderen in unsere Zimmer zu folgen. Im ersten Stockwerk verabschieden sich die Jungs von uns und gehen noch eine Etage weiter nach oben.
Nachdem ich mein Bett bezogen habe, schnappe ich meinen Waschbeutel und wir gehen zu dritt ins Bad. Anna macht auf ihrem Handy Musik an, während ich nach meinen Abschminktüchern suche. ,,Sag mal Mila," fragt Anna, während sie den Messy Bun aus roten Locken zu entwirren versucht, ,,hast du eigentlich einen Freund?" ,,Ähm nein. Warum fragst du?" antworte ich. ,,Ach nur so," entgegnet sie, trotzdem bemerke ich, wie die beiden sich schon wieder bedeutsame Blicke zu werfen. ,,Ja, ist gut, ich weiß, ihr habt das vorhin mitbekommen. Aber im Ernst?! Julian und ich?! Ich meine, wir kennen uns doch gar nicht mal richtig!", beginne ich aufgebracht zu argumentieren. ,,Was ja nicht ist, kann ja noch werden...," ergänzt Chrissi und ich verdrehe die Augen. ,,Sei du mal ganz still. Das selbe könnte ich zu Louis und dir sagen. Der könnte ja ohne dich kaum atmen." ,,Doch, denn ohne mich, würde er sich an irgendeine andere hängen, die er ununterbrochen zulabert. Vielleicht wärst du das ja," antwortet Chrissi süffisant. Schon von der Vorstellung wird mir schlecht und ich verziehe das Gesicht. ,,Okay, auch wenn das echt unangenehm wäre, glaube ich, dass er voll auf dich steht." Chrissi verdreht die Augen und beginnt sich die Zähne zu putzen. Anscheinend schließt sie damit das Gespräch für sich ab und Anna und mir bleibt nur noch übrig, uns anzugrinsen.
Nachdem wir fertig sind, verlassen wir das Badezimmer auf Zehenspitzen, doch trotzdem knarrt der Holzboden unter unseren Füßen. Im ganzen Haus ist es totenstill und wären Anna und Chrissi nicht bei mir, würde ich mich total verloren fühlen. Unsere Penthouse- Wohnung in Frankfurt ist zwar ist zwar auch geräumig, dennoch hört man den Lärm der Großstadt auch im 9.Stock des Gebäudes, was immer eine beruhigende Wirkung auf mich gehabt hatte, wenn ich alleine zu Hause gewesen war, weil Alex mal wieder Drogen verkaufte, feiern war oder in der
Shisha-Bar rumlungerte.
In unserem Zimmer angekommen, fallen wir total fertig in unsere Betten. Das schwache Licht der Deckenlampe erleuchtet den Raum matt, was mich dazu verleitet, mich genauer umzublicken. ,,Habt ihr eigentlich schon mal daran gedacht, das Zimmer irgendwie zu dekorieren?" Meine Mitbewohnerinnen sehen von ihren Handys auf und Chrissi antwortet beiläufig: ,,Nee, aber kannst du von mir aus gerne machen." Anna nickt und ergänzt: ,,Aber erst morgen. Ich hab den Wecker auf halb sieben gestellt. Gute Nacht." Ich taste nach dem Lichtschalter und die Lampe erlischt. ,,Ja, gute Nacht,"wünsche ich ihnen. Von Chrissi kommt ein einvernehmliches Brummen.

Mein Sommer auf der WildblumenwieseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt