Mein Sommer auf der Wildblumenwiese

Kapitel 3

Wir hatten mittlerweile den See und das kleine Waldstück hinter uns gelassen und sind an einer weitläufigen Wildblumenwiese angekommen. Man hat einen genialen Ausblick von der Anhöhe. Ich sehe auf den Wald, durch den wir bei der Anreise gefahren waren und erkenne ganz unten im Tal das kleine Kaff, mit der verrückten Oma und den Feldern. Schade, dass ich meine Kamera nicht dabei habe, es wäre eine wunderschöne Fotokulisse gewesen.
,,Also das hier gehört eigentlich nicht mehr zum Schulgelände, aber wir kommen ziemlich oft her," erklärt Chrissi und lässt sich zwischen Klatschmohn und Kornblumen nieder. Wir sitzen im hohen Gras und genießen die warmen Sonnenstrahlen im Gesicht. ,,Was wollte mein Vater eigentlich vorhin von euch?" fragt Anna, an Robin und Julian gerichtet. ,,Ach, wir sollten nur Stühle für die Schuljahresanfangs Veranstaltung tragen. Im ersten Moment dachte ich, er will mit uns über die Sache mit dem Feuer reden," antwortet Robin gelassen. ,,Aber haben deine Eltern irgendwas durchblicken lassen?" wendet Ben ein. Mir fällt auf, dass ich ihn jetzt zum ersten Mal, hab sprechen hören. Anna überlegt kurz, schüttelt den Kopf und meint dann: ,,Nein, überhaupt nicht." ,,Vielleicht hat die Alte gar nicht angerufen und hat die ganze Sache vergessen," erwidert Louis. Anna und ich sehen uns an. Wir erinnern uns nur zu gut an unsere Begegnung heute Mittag. ,,Ganz bestimmt nicht. Sie ist Mila und mir heute begegnet, als wir auf Thomas gewartet haben. Die Frau war echt sauer. Hat uns sogar mit ihrem Stock gedroht," wehrt Anna ab. ,,Scheiße, denkt ihr, wir fliegen von der Schule? Ich meine der Brandfleck war schon groß...", wirft Julian in die Runde. ,,Ne, kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht müssen unsre Eltern was zahlen oder wir müssen irgendwelchen gemeinnützigen Mist machen," meint Chrissi.
Plötzlich spüre ich, dass ich beobachtet werde. Ich wende meinen Blick von meinen Schuhen ab und schaue in die Runde. Es ist Julian, der zu mir rüber sieht. Was hat der Typ denn für ein Problem?! Er bemerkt, dass ich ihn erwischt habe, aber anstatt wie jede normale Person einfach wegzuschauen, grinst der Kerl wieder sein wunderschönes schiefes Lächeln. Ich ziehe die Augenbrauen in die Höhe und bemerke, wie sich meine Mundwinkel ungewollt ebenfalls zu einem Lächeln verziehen. So ein Mist. Warum hat dieser Möchte-gern Hipster so eine krasse Wirkung auf mich?! Nichts gegen Hipster (im Grunde genommen, bin ich selber einer) ich finde nur, es gibt zu viele von denen, die denken, sie setzten einfach mal eine Nerd-Brille auf, tragen Karo Hemden und enge Hosen und trinken ClubMate... und tada, sie sind ein Hipster. Doch dieser Trend hat was mit einer gewissen Einstellung zu tun, die vielen einfach gar nicht bewusst ist. Nur bin ich mir noch nicht sicher, ob Julian einer von denen  ist.
Auf einmal werde ich aus meinen Gedanken gerissen und zwar von keinem anderen als Julian: ,,Hey Leute, ich glaube, wir sollten uns langsam auf den Rückweg begeben, in einer halben Stunde begintt die Anfangsveranstaltung." Wir stehen auf und kämpfen uns durch das hohe Gras der Wiese, um auf den kleinen Pfad zu gelangen, der zum Bach Internat führt. Anna hakt sich bei mir unter und wir lassen uns ein wenig zurück fallen. ,,Wie gefällt's dir bisher so? Du hast vorhin gar nichts gesagt," fragt sie besorgt. ,,Ach nein, alles ok. Ich war nur in Gedanken. Mir gefällt's echt gut hier. Ihr seid alle voll cool drauf und der Campus und die Umgebung ist total schön!", antworte ich ihr. ,,Ja, ich liebe die Wälder hier. Du musst unbedingt mal deine Kamera mitnehmen und ein paar schöne Fotos schießen" meint meine Freundin. Ich blicke sie verwirrt an und frage: ,,Woher weißt du dass ich so gerne fotografiere?" Sie hält ihr Handy hoch und meint beiläufig: ,,Instagram. Dein Feed ist echt gut!" ,,Danke! Wir können ja gerne mal Bilder machen gehen! Ich könnte ja auch von Robin und dir ein Paar-Shooting machen, ihr seid so süß zusammen!", meine ich. Sie lächelt mich an und streicht eine Strähne ihres Messy-Buns zurück: ,,Danke, wir sind auch echt glücklich."
Wir schließen wieder zu der Gruppe auf, in der eine heftige Diskussion darüber geführt wird, welche Serie heute Abend auf Netflix gesuchtet wird. Zur Auswahl stehen Haus des Geldes und American Horror Story. ,,Ich HASSE Horrorfilme, das wisst ihr ganz genau!", sagte Chrissi energisch. ,,Ja und aus dem Grund bin ich ja dafür", meint Louis herausfordernd und Robin pflichtet ihm nickend bei. Anna beugt sich zu mir runter und murmelt leise: ,,Magst du American Horror Story?" Ich zucke die Schultern und antworte: ,,Keine Ahnung, hab's noch nie gesehen." Anna reißt die Augen auf und ruft laut: ,,Wir schauen heute American Horror Story. Mila hat das nie gesehen." Louis dreht sich zu Chrissi und macht eine entschuldigende Handbewegung, trotzalledem setzt er ein setzt er einen süffisanten Gesichtsausdruck auf und meint: ,,Sorry Chrissi, dagegen kann man leider nichts machen. Ich kann dich aber gerne beschützen, wenn du zu viel Angst hast." Chrissi verdreht die Augen und wendet sich von ihm ab. Die Jungs beginnen über Fußball zu reden und wir Mädels überlegen, wann und wo wir Fotos machen gehen könnten.