^2^

65 0 0
                                    









Töte einen Menschen und du bist ein Mörder.
Töte Millionen und du bist ein Eroberer.
Töte alle und du bist Gott.
(Edmond Rostband)

Er hielt sie wach. Der Teufel in ihrer Seele, der wollte, dass sie es herausfand. So verankert, war er mit den Jahren, dass er ihr auch diese Neugierde aufzwang. Sie sollte nicht nur, sondern musste regelrecht, die Quelle, der Angst finden. Sie musste wissen, was sie so verrückt machte. Auch wenn es spät in der Nacht war und die Straße noch schlief und sich die Bewohner, in ihren Träumen, in beschützende Welten verliefen. Ein tiefer Atemzug und sie spürte, die schöne Kälte, die von draußen hereinkam. Ja, das da Draußen raubte ihr den Nerv, es schlug ihre Seele, nur um sie für sich zu haben. Es musste dort draußen sein...

Also ging sie im Schlafanzug, ohne noch einen einzigen Gedanken an dieses Handeln zu verschwenden raus, in die Nacht. Diese war Pechschwarz und bereit alles Gute aufzusaugen. Doch wohin? Sie zitterte, der Kälte wegen etwas vor sich hin und sah auf die, leicht beleuchtetet Straße, auf der tagsüber Kinder mit ihren Bällen spielten oder ältere Herren spazieren gingen, um frische Luft zu schnappen. Wie anders die Welt doch um diese Uhrzeit aussah. Ina wusste, dass sie richtig war. Denn ihr Herz klopfen wurde lauter, es schlug heftig gegen ihre Brust. Schon seit sie denken konnte, fühlte sie, wenn etwas nicht stimmte. Noch sah sie nichts, was sie hätte verunsichern oder zum Abbruch hätte zwingen können. Alles ruhig. Aber vielleicht war genau, diese Stille ein Indiz für böse Taten. Schweigen war oft die beste Weise, doch nun wünschte sie sich ein Geräusch. Wie verloren sie aussehen musste. Wenn man sie jetzt so sehen würde, könnte man glatt an Schlafwandel denken oder sie, als Psychisch instabil einstufen.
Sie ging weiter. Mit jedem Schritt mehr wuchs die Hoffnung auf die Erlösung ihres dumpfen Gefühls. Bald darauf blieb sie jedoch stehen. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Steif vor Angst. Sie wusste, dass sie ihre Quelle gefunden hatte. Der Aufwand, nur für diesen einen Anblick eines bitteren Entsetzen. Es schmeckte widerwärtig. Im Schein der Lampe erblickte sie eine am Boden kauernde Gestalt. Der Schatten entpuppte sich als Männlich. Der schien etwas zu tun. Sie hörte nun schwere Atemzüge und ein leises Geflüster. Ina wich zur Seite hinter einen Container, der auch mit geschlossenem Deckel, den Müllgeruch in ihre Nase beförderte. Doch da musste sie durch. Sie hatte aufgrund dieser "Fähigkeit„ schon so einiges Gesehen und Menschen aus der Gefahr gerettet. Doch das war etwas anderes.

Erst jetzt erkannte sie eine zweite Silhouette, einer ebenfalls männlichen Person, durch dessen Haltung und dem schlechten Licht hatte Ina ihn nicht vorher gesehen. Er war über der anderen Person. Seine Stimme war tiefer und um einige Dezibel lauter, daher verstand sie Sätze wie:
"Du hast es verdient...., fahr zur Hölle.... soll der Teufel dir doch einen Blasen..."
Sie reagierte mit zucken auf diese Worte. Es waren Feinde, die in einem Kampf zusammen fanden. Aber warum um diese Uhrzeit? War das nicht genug für Ina? Sie wusste, doch jetzt wo der Fisch an Hacken hing. Sie sollte weg hier. Doch sie konnte nicht einfach das Schauspiel verlassen, ohne ein Ende zu gesehen zu haben. Vielleicht wollte sie es auch nicht sehen. Doch während sie ihren letzten Gedanken Richtung Flucht zu Ende erdacht hatte, passierte es auch schon. In ihrer unwissenden Gegenwart. Der Mann, mit dem groben Wortschatz und der, der sehr Dominat zu sein schien, hielt, nach einem griff in seine Hosentasche, ein kleines Messer in der Hand. Das kannte sie noch von ihrem Opa, der damit immer die Kaninchen tötete. Er war kein herzlicher Mensch gewesen, weder gegenüber vor Tieren noch vor seiner eigenen Spezies hatte der Mann Respekt gezeigt. Nicht einen Satz mehr erlaubte dem Opfer, seine Wut und die Angst auszudrücken. Denn das Messer erreichte seine Halsseite, woraus Unmengen der roten Substanz herausfloss, wie das Wasser aus einem Speyer.

Der Mörder stand auf und schaute dem Opfer ins Gesicht, während dieses nicht nur verblutete, sondern auf diese Weise an seinem eignen Blut ertrank. Ina saß da und war wie benebelt. Scheiße. Sofort verließ sie den Schauplatz und stieß dabei gegen den Container. Nicht nur der Schmerz am Bein tat weh, sondern auch der Blick des Mörders in ihre Augen, da sie wusste, welch eine Last nun auf der Seele lag und das war ein noch bedrückender Schmerz, als ihr Blauerfleck am Schienbein.

Er hatte sie gesehen! In dieser Nacht war natürlich niemand unterwegs. In solchen Momenten hasste, die es, solche Möglichkeiten zu haben, Ängste und Gefahren von weit weg zu spüren. Niemand sonst hatte alles von Anfang bis Ende gesehen. Außer Ina. Ina, die einzige Zeugin.

Die einzige ZeuginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt