^3^

47 1 0
                                    

Sie rannte. Einfach nur weg von hier. Der Weg bis zu ihrem Haus zog sich über 15 Minuten, in ihrem Tempo waren es vielleicht 9. Immer wieder wandte sie nervös den Kopf nach hinten, in der Angst ER könnte hinter ihr stehen. Ihr war heiß, das braune Haar wirbelte auf, während sie abbog. Die Laufkraft verließ sie schon nach wenigen Metern, außer Atem schloss sie hektisch ihre Tür auf. Durch die innere Wärme, vernahm sie nicht die Kälte, die sie eigentlich vorher noch zum Zittern gebracht hatte. Wäre sie doch nie aus dem Haus gegangen. Jetzt hatte sie einen Mörder im Nacken sitzen.

Einen Mann, der zunächst straffrei war. Sie musste aussagen. Doch sie konnte das nicht. Was wäre, wenn er ein Besessener war und sie nun auch tot sehen wollte, da er lieber das tote, als das lebende Federvieh aß?

Sie setzte sich an der Wand entlang auf den kalten Boden. Der Schmutz hielt an ihrer Kleidung fest. Immer noch atmete sie heftig und das Herz pumpte schnell das Blut, von der einen, in die andere Herzkammer. Blut. Da war so viel Blut gewesen. Er war eines qualvollen Todes gestorben und sie hatte ihm nicht geholfen, sondern nur zu gesehen. Doch sie war nicht dazu in der Lage gewesen etwas Hilfreiches, ja sogar lebensrettendes zu tun. Vielleicht hätte Ina sich mehr getraut, wenn sein Mörder nicht mehr vor Ort gewesen wäre. Aber egal wie sie es sich nun einredet oder wie sie die Welt drehte, sie hatte nun mal einen Mord in ihrer Gegend beobachtet. Das Gefühl hatte sie auch diesmal nicht enttäuscht. Sie trank einen Schluck des stehen geblieben Weines auf dem Tisch und war dankbar, morgen nicht zur Arbeit erscheinen zu müssen. Sie hätte alle Aufmerksamkeit, den letzten Minuten des Opfers gewidmet und dem Blick des Mannes, anstatt der Arbeit. Der Blick war so intensiv, dass er ebenso wie sie, noch ganz genau wissen müsste, wie sie aussah. Sie fühlte sich nicht sicher. Nicht in ihren eignen vier Wänden. Wie auch, wenn wenige Schritte entfernt, dieses Monster dort lauerte. Ina fragte sich zu dem auch, warum machten es die Leute? Hatten sie Spaß oder gab es einen tieferen Grund für ihr Verhalten? Diese Welt war grauenvoll und interessant zu gleich. Was ging in dem Kopf eines Menschen durch, der wusste, dass er sterben würde und der, der wusste, was für ein Leben er auslöschte? Wobei den Massen Mördern,das Leben der Opfer nicht wichtig erschien und sie nur darauf aus waren, dem inneren Trieb ein Ende zu setzten, in dem sie ihn befriedigten. Das geschah, dann in Kombination mit der Planung, der Durchführung und dem Ergebnis. Ina hörte sich leise atmen. Nun war sie doch ganz froh über die Stille.

Denn auch kein Regen war mehr da. Langsam stand sie wieder auf. Am liebsten hätte sie geweint. Doch dafür war sie viel zu nervös und stand regelrecht unter Schock. Das zittern, wollte auch in der °24 Grad warmen Wohnung, nicht aufhören. Sie zog die leicht nassen Klamotten aus und fuhr sich mit der Hand durch ihre Haare. Die Angst war jetzt ganz bei ihr. Lange lag sie wach. Immer wieder wurde ihr die Mordszene bewusster. Es war kein Traum gewesen. Der nächste Tag war langatmig und Ina wollte, dass er vorbeiging. Sie fühlte sich, jetzt sehr unwohl so allein. Doch traute sich kaum aus dem Haus. Sollte sie sich krankmelden? Nein. Irgendwann musste sie wieder arbeiten gehen. Sich hier zu verstecken, bis die Natur den Job des Todes erledigte, war keine Lösung. Nicht für immer.

Ganz früh musste Ina aus dem Bett und so kam es, dass sie bereits um 6 : 56Uhr am Bahnhof saß und die Dunkelheit sie umhüllte. Es war immer sehr ruhig, so lang keine Bahn auf den Gleisen war. Dennoch fiel es ihr schwer hier alleine zu sitzen. Als sie wenig später am Gebäude ankam, hatte sie wenig Zeit um sich fertig zu machen. Schon auf dem Parkplatz war ihr etwas aufgefallen. Ein fremdes Auto, ein Opel, stand an der Stelle, wo normalerweise nichts war. Ein herrenloser Platz. Der jetzt von einem fremden Objekt besetzt war.

"Einen wunderschönen Tag."
Ihr Chef, ein dünner, großer Mann, mit leicht grauem Haar, strahlte an diesem Tag etwas Besonderes aus. Für gewöhnlich sah der Mann, keine Notwendigkeit seine Mitarbeiter zu begrüßen oder gar sich für ihr privat Leben zu interessieren. Daher war es merkwürdig, jetzt von ihm eine Begrüßung zu bekommen. Ina lächelte und grüßte zurück. Sie wollte sich gerade auf ihren Platz, hinten am Fenster setzten, als ihr Chef sie aufforderte ins Büro zu kommen. Sie folgte dieser Aufforderung, wie es sich für eine gute Angestellte (noch Angestellte) gehörte und schloss leise die Tür hinter sich. Hinter einem alten Tisch hockte, der Mann, welcher diese Firma vor dem Untergang gerettet hatte. Denn bevor dieser hier tätig gewesen war, stand das Unternehmen, aufgrund von mangelnden Geldern und Leistungen, vor dem Aus. Doch Thomas war der Fels in der Brandung. Er bat sie, sich zu setzen. Ina bekam schwitzige Hände.

"Ich möchte sie erst einmal von der Anspannung lösen. Es geht nicht konkret um sie. Sagen wir es mal so: Ihnen traue ich das zu und sie sind immer offen für Veränderungen. Ich denke, diese kann ihnen gefallen."
Er hob eine Augenbraue und Ina verstand immer noch nichts. Doch die Lösung, seiner rätselhaften Worte, spazierte drei Minuten später durch die helle Tür, des Büros und trug ein Lächeln im Gesicht. Ein Mann.

"Darf ich ihnen, ihren Partner bekannt machen... da ist Arno Dietz...ein grandioser Mann seines Fachs."

Ina stand auf und reichte ihm die Hand, dabei stellte sie sich mit Ina Lange vor und fühlte sich nicht ganz so wohl. Sie wusste jetzt schon, wo das hinführen würde. Sie, als Babysitter. Thomas nickte zufrieden und scheuchte sie raus. Im Gang, liefen schon viele Menschen herum. Dort auch, konnten sie erste Worte wechseln. Er war etwas groß und so hatte sie Mühe ihm in die Augen zu sehen. Diese Augen diese Statur...

Das Schicksal mischt die Karten. Egal wie gut wir uns darauf einlassen oder wie gut wir in dem Spiel sind. Das Schicksal kann die Karten verändern und uns eine Falle stellen uns, dahin ziehen oder lenken, wo wir für uns einen falschen Weg sehen oder eben eine Gefahr. So stand Ina nun ihrem Peiniger gegenüber und beide wussten, welch ein Zufall es doch war. Sie sahen eine Zukunft, für den einen in Grauen und für den anderen eine blühte Zeit.

Kein Zweifel, es war der Mörder....

Die einzige ZeuginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt