Chapter V

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Einige Tage später fahre ich noch mal zur Badestelle, diesmal allein, weil es einfach so heiß ist, das man selbst vor dem Ventilator schmilzt.
Aaron ist nicht da.
Warum sollte er es auch sein?
Vermutlich hab ich das sowieso nur geträumt.
Schnell ziehe ich mein Kleid aus und eine Männerbadehose über meinen Badeanzug, wie ich es am liebsten trage.
Mein Fahrrad lehne ich im Gebüsch an, die Tasche verstecke ich in einer Vertiefung in der Erde, die ich vor drei Jahren mit Jule ausgehoben habe, damit sie genau diesen Zweck erfüllt.
So schnell es geht, renne ich in den See, wobei ich mir fast die Füße durch die Steine aufreiße und zersteche.
Doch eigentlich ist mir das egal.
Das mit Aaron regt mich noch mehr auf als vorher.
Zuvor war er einfach unerreichbar und das hatte etwas beruhigendes ab sich, doch nun, wo er vor meiner Nase herumtanzt, ist das noch deprimierender als zuvor.
Ich tauche unter und schwimme relativ weit raus, was ich sonst nie mache.
Doch schon nach kurzer Zeit fängt es an zu nieseln.
Na ganz toll!
Ich schwimme genervt und irgendwie enttäuscht zurück und setze mich an den Strand.
Nach nur wenigen Minuten schüttet es wie aus Eimern, Blitze zucken, der Donner grollt.
Wo kommt das denn her, Gewitter war doch erst morgen angesagt!
Ich will jetzt nicht nach Hause fahren, also lege ich mir das Handtuch über den Körper und starre auf den See hinaus.
Viel bringt mein Schutz nicht, ich werde trotzdem nass.
Plötzlich höre ich es heftiger prasseln und schaue hoch, das Handtuch beiseiteschiebend.
Neben mir steht Aaron, einen Regenschirm in der Hand, und schaut auf den See hinaus.
Er setzt sich, hält den Schirm über uns beide, sagt aber nichts.
"Why are you doing this?", frage ich verwirrt.
"What?", brüllt er gegen das dröhnende Prasseln an.
Warum kann die Welt kein Liebesfilm sein, in dem das jetzt romantisch gewesen wäre?!
Ich schüttele nur den Kopf, sagend, das es nichts Wichtiges war.
Schweigend sitzen wir nebeneinander, auf den See starrend.
Irgendwie doch... Romantisch.
Nach einer Weile schaue ich auf die Armbanduhr, die Aaron trägt.
"I have to go home!", brülle ich.
Er lächelt schief.
"Can I come along?"
"I don't know why you would like to!"
"Because it's raining so much you would come home as wet as you would have been thrown into this lake."
Ich grinse und hoffe einfach Mal, das richtig verstanden zu haben.
Ich hole meine Sachen aus dem Versteck und flüchte mich wieder zu Aaron unter den Schirm.
Plötzlich macht seine Größe es gemütlich, er ist beinahe einen Kopf größer als ich, weil er den Schirm nicht so hoch halten muss.
Ich schiebe das Fahrrad neben mir her und schaue ab und zu hoch zu Aaron, der natürlich keine Ahnung hat, wo ich wohne, und Anleitung braucht.
Als wir vor der Tür stehen, fällt mir ein, das ich keinen Schlüssel mit habe, weil Leni, meine kleine Schwester, oder sollte ich sagen, die Tochter des verdammten Teufels, Zuhause ist.
Also betätige ich die Klingel, und nach fast drei Minuten erbarmt sich Leni uns zu öffnen.
"Wer ist das denn?", fragt sie mit einem Blick auf Aaron, so abfällig und
spöttisch, wie es sonst niemand hingekriegt hätte.
"Das ist Aaron.", stelle ich ihn vor.
"Der Typi von deinem Hintergrundbild?
Der ist ja noch hässlicher als auf den Fotos!"
Oh, wie glücklich ich bin, das Aaron kein Deutsch spricht.
"Was hättest du gemacht, wenn ich keinen Schirm gehabt hätte?"
"Länger gewartet.", sagt sie schulterzuckend.
Aaron lächelt mich an, kurz bevor ich unter dem Schirm hervor ins Haus trete.
"Why were you there with the umbrella?", frage ich noch, zwischen Tür und Angel.
Er zuckt die Schultern.
"I saw you there."
Ich nicke verständnisvoll, obwohl ich eigentlich nichts verstehe.
"See you."
Er dreht sich um und geht zum Tor zurück.
"Wait a second!", rufe ich und er dreht sich noch einmal um.
Ich wäre jetzt gerne zu ihm gegangen und hätte ihm meine Handynummer auf die Hand geschrieben, doch ich habe keinen Stift.
Ich halte einen Finger hoch als 'Bleib-wo-du-bist'-Signal und renne in die Küche, wo ich einen Stift abgreife und durch den Regen zu ihm zurücklaufe.
Ich ziehe seine Hand zu mir und kritzele mit dem Kuli meine Nummer auf seinen Handrücken, dann schaue ich hoch in seine Augen.
Holy crap!
Er sieht mich an, eine Augenbraue hochgezogen und verdammt, sieht das cute aus!
"Uhm... My Phone number...", murmele ich, alles andere hab ich vergessen.
Ich drehe mich um und gehe durch den Regen, den ich kaum noch spüre, zum Haus zurück.
Als ich ihm noch einmal zuwinke, kollidiere ich mit dem Türrahmen und stolpere mehr in die Wohnung, als das ich gehe.
Schnell mache ich die Tür hinter mir zu und lasse mich davor fallen, damit Aaron meine Silouette nicht mehr im Glas an der Tür sehen kann.
Erst nach einigen Sekunden bemerke ich Leni auf der Treppe.
"Armselig...", kommentiert sie.

Genug zum Sterben, Izz?

Actual fuck? Why me?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt