Der Bungalow war klein und bot geradeso ausreichend Platz für drei schmale Betten und einen Schrank für jede von uns. Eine zweite Tür führte in ein nicht minder großes Badezimmer mit Dusche und - zur großen Eleichterung aller- warmen Wasser.
„Wenigstens ist es hier sauber", kam es von Valerie, während sie ihrem Koffer schwungvoll auf eines der Betten hievte. Sie tat dies mit einer Leichtigkeit, dass man annehmen hätte können, er wäre leer. Tatsächlich war er aber bis zum Rand voll mit Kleidung und anderen Dingen, die ich auf den ersten Blick nicht wirklich indentifizieren konnte.
Da uns außerhalb des Bungalows eine gewaltige Hitze erwartete (und das im Oktober!) und sowohl Maria als auch Valerie den Pool auskundschaften wollten, hatten sie beschlossen, sich umzuziehen. Wir drei waren zugegeben auch schlichtweg unpassend gekleidet für die intalienische Wetterlage.
„Willst du dich nicht auch umziehen, Clara?", fragte Maria mich, nachdem sie in sommerlicher Kleidung aus dem Bad trat.
„Doch, doch", sagte ich schnell, stand allerdings noch ein paar Sekunden unschlüssig vor meinem offenen Koffer. Ich war bestens für das warme Wetter gewappnet, aber gerade das bereitete mir Unbehagen. Zwar hatte ich mich größtenteils von meinen Kapuzenpullovern verabschiedet, aber ich hatte in Anwesenheit anderer bisher immer vermieden, viel Haut zu zeigen.
Vor meinem inneren Auge tauchte Kilians schönes Gesicht auf, in meinen Gedanken hallte seine samtweiche Stimme wider. Sie flüsterte mir beruhgende Worte zu. Worte, die meine Zweifel weniger werden ließen.
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, holte ich eine Shorts und ein T-Shirt heraus und verschwand daraufhin im Badezimmer. Den Blick in den Spiegel vermied ich bewusst. Ich wusste, dass die Narben auf meinen Armen für jeden sichtbar sein würden, der nur etwas genauer hinsah. Und früher oder später würde die Frage nach dem Woher aufkommen. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob ich gewillt war, dieses Gespräch zu führen.
Kilian hatte ich mich anvertraut, aber ich wusste nicht, ob ich es auch bei den zwei Mädchen könnte, die ich noch gar nicht so lange als meine Freundinnen betrachtete.
Ich holte einen tiefen Atemzug, dann trat ich umgezoge aus dem Bad. Valerie und Maria rätselten gerade darüber, ob der Pool tatsächlich so groß war wie auf den Fotos abgebildet und nahmen mich deshalb erst gar nicht wahr.
„Wir erfahren erst wie groß der Pool ist, wenn wir hingehen", klinkte ich mich in ihr Gespräch ein, was mir sofort ihre Aufmerksamkeit einbrachte. Beide sahen mich an. Ich hatte das Gefühl, als würden ihre Blick eine halbe Ewigkeit auf mir liegen (mir war durchaus bewusst, dass mir meine Wahrnehmung einen Streich spielte), dabei handelte es sich nur um Sekunden.
„Worauf warten wir dann noch? Lasst uns gehen", meinte Valerie gutgelaunt und einem breiten Lächeln auf den Lippen. Dank ihrer Reaktion konnte ich innerlich erleichtert aufatmen. Falls sie die Narben gesehen hatten, dann hatten sie für sich beschlossen, erstmal nicht zu fragen. Das konnte mir recht sein.
Der Pool war nicht nur groß, er war riesig. Drumherum waren Liegen aufgestellt, auf denen sich bereits ein Teil unserer Mitschüler ausgebreitet hatte. Die andere Hälfte hatte es sich nicht nehmen lassen und probierte lautstark das klare Wasser des Pools aus. Das Wasser reflektierte die Sonnenstrahlen wie abertausend kleine Diamanten. Für einen Moment vergas ich, dass ich nicht alleine hier war und jeder mich sehen konnte. Vergas den Gedanken, was in den Köpfen der anderen vor sich ging, sobald sie mich sahen.
Ich zog aus einem plötzlichen Bedürfnis heraus meine Sandalen aus und tauchte vorsichtig meinen Fuß ins angenehm kühle Wasser des Pools. War das ein schönes Gefühl!

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In unseren Händen
Romance[Zweiter Teil von "In deinen Händen"; das Lesen des ersten Teils wird der Verständnis wegen empfohlen. Achtung SPOILER!]...