»Und das soll die richtige Adresse sein?«, fragte ich und musterte die große Turnhalle vor mir zweifelnd.
Ein mehr als nur mulmiges Gefühl hatte sich in meinem Bauch ausgebreitet und das lag weniger an der Tatsache, dass sich Bendix bei unserem Date mit mir an einer verlassenen Sporthalle treffen wollte, sondern mehr wegen der bloßen Erinnerung an meine Zeit hier in der Halle als Leichtathletin.
Sprint, Wurf, Weitsprung - all das hatte ich immer gut hinbekommen, was ich meiner schlanken und hochgewachsenen Figur danken konnte. Doch als mein Trainer davon überzeugt war, dass ich auch Hürdenlauf machen sollte, verpuffte mein Interesse an dem Sport. Besiegelt wurde mein Aussteigen durch einen heftigen Unfall beim - wie hätte es nicht anders sein können - Hürdenlauf. Mein Respekt vor diesen Hindernissen war sowieso immens und als beim Training eine dieser blöden Hürden dann merkwürdigerweise auf einmal viel höher waren als sonst immer, kam es wie es kommen musste;
Ich streifte das Hindernis, stürzte und drei Nadelstiche später, prangten zwei dicke, fette Narben auf meinem rechten Arm und Knie.
Das war's dann mit meiner Leichtathletikkarriere und der Freundschaft zu meiner ehemals besten Freundin Doro. Es stellte sich nämlich heraus, dass diese Schnepfe die Hürde extra höher gestellt hatte, nur um vor ihrem Schwarm besser dazustehen, weil sie, während ich mich der Länge nach hinlegte, den Parcours perfekt meisterte.
»Hörst du das auch?«
Irritiert schaute ich zu Gabriel, der plötzlich in Richtung Hintereingang der Turnhalle lief.
»Jetzt komm schon, Rae. Hörst du etwa nicht die Motorengeräusche?«, fragte er, als er sich im Gehen zu mir umdrehte und mich zu sich winkte. Trotz Bammel auch nur in die Nähe dieses verhassten Gebäudes zu kommen, folgte ich meinem besten Freund, der schon hinter der einen Ecke verschwunden war.
»Gab! Warte auf mich!« Fluchend verschnellerte ich meine Schritte und bog ebenfalls um die Ecke, als ich prompt in jemanden hineinrannte. »Uff! Mensch, pass doch auf, Rae. Ich will dich nicht aus dem Gestrüpp kratzen.«, meldete sich Gabriel belustigt zu Wort, der mich am Arm festhielt und mein Zurücktaumeln abgefangen hatte.
»Woher soll ich wissen, dass du direkt hinter der Ecke stehst?«, murrte ich und zog einen Flunsch. Gabriel schmunzelte nur kopfschüttelnd. »Ein einfaches danke hätte gereicht. Aber vielleicht muss ich dich einfach wieder zurück ins Unterholz schubsen, damit du Manieren lernst.«, ärgerte er mich grinsend und wackelte wie mein Geschichtslehrer tadelnd mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herum, wie wenn er mich mal wieder beim heimlichen Essen im Unterricht erwischt hatte.
»Entschuldige bitte?!«, maulte ich empört und zog beide Augenbrauen steil in die Höhe. Zwar war ich versucht nur eine zu heben, aber mal wieder klappte das nicht.
»Du, ich will gar nicht wissen, was da unten alles kreucht und fleucht..«, raunte Gabriel unheilverkündend und trat einen Schritt auf mich zu. Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf sein herzrundes Gesicht und ich legte sicherheitshalber beide Hände auf seine Brust, um ihn ja auf Abstand zu halten. Nicht, dass er in Versuchungen geriet.
»Gabby, ich warne dich! Wenn du auch nur -«
»Rachel! Hey!«
Perplex zuckte mein Kopf herum und ich entdeckte Bendix mit einem strahlenden Lächeln auf uns zukommen. Sein Grinsen war so breit, dass ich seine schneeweißen Zähne sehen konnten, die mich fast schon in den Augen blendeten.
»Belästigt dich der Kerl?«, fragte besagter Strahlemann und trat neben mich, während er Gabriel von oben bis unten abschätzig musterte. »Zieh Leine, du Idiot.« Bendix machte mit seinem Kopf eine wegschickende Geste und legte einen Arm um meine Schulter.
»Äh..nein, nein. Das ist Gabriel, mein bester Freund.«, stellte ich stotternd klar und schaute mit roten Wangen zu Bendix hoch, der langsam nickte und Gabby noch einmal kritisch musterte. Verwirrt schaute ich zu Gabriel, dessen Lippen zu einer schmalen Linie verzogen waren und dem Blickkontakt mit Bendix stahlhart standhielt. »Und du bist Benedikt?«, fragte mein bester Freund mit missbilligem Unterton und ich biss mir schnell auf die Innenseite meiner Wange, um nicht leise zu kichern. Gabriel bemerkte wohl meine unterdrückte Belustigung, denn er setzte ein keckes Lächeln auf, während sich Bendix neben mir anspannte und leise grunzte. Seine Brust hob und senkte sich stark und ich merkte, wie er wütend antworten wollte. Doch bevor die Situation hätte ausarten können, schrillte ein lauter Pfiff durch die angespannte Luft und ließ mich zusammenzucken.
»Wann kommst du endlich, Bendix?« Mein Kopf ruckte zur Seite und das Lachen blieb mir im Halse stecken, als ich einen weiteren Kerl erspähen konnte. Mit festem Gang kam er auf uns zu und zog dabei eine Miene wie zehn Tage Regenwetter.
Er hatte dunkelbraune Haare, die zu seinen schwarz funkelnden Augen passten, war groß und trug ein graues Tanktop, das mehr gebräunte Haut freigab, als abdeckte. Seine Jeans schmiegte sich lässig an seine schlanken Hüften und ich konnte förmlich sehen, dass seine muskelbepackten Arme durch harte Arbeit, nicht durch den Gang zum Fitnessstudio entstanden waren.
Alles in allem war er mit Abstand der attraktivste Typ, dem ich jemals begegnet bin. Selbst Theo James erblasste gegen diesen Kerl.
»Musst du immer deine Puppen mit hierher schleppen?«, blaffte der Adonis und ich musste verdattert blinzeln, als ich bemerkte, dass er gerade über mich sprach. Beziehungsweise über mich herzog.
»Äh hallo... wir waren heute verabredet?!«, entkam es mir entgeistert und ich könnte mich dafür schlagen, dass meine Stimme so schwach klang. Das war eine nervige Gewohnheit bei mir, wenn ich sauer war. Anstatt ordentlich zu kontern und mich aufzuregen, stellten meine Stimmbänder zuallererst einmal ihren Dienst ein und um es noch schlimmer zu machen, quetschte sich auch gerne mal eine blöde Träne aus meinen Augen. Es wurde erst besser, wenn der Konflikt schon lange zu Ende war.
»Mach schnell, ich hab kein Bock so lange zu warten.« Der arrogante Typ ignorierte mich einfach und wendete sich ohne mich eines Blickes zu würdigen ab und stampfte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
Unfassbar.
Fassungslos schaute ich ihm hinterher und wischte Bendix' Arm empört von meinen Schultern. »Welcher ausverschämte Vollidiot war das denn bitte?«, fauchte ich und funkelte ihn aus zu Schlitzen verengten Augen an.
Bendix zuckte gleichgültig mit den Schultern und wuschelte sich kurz durch seine weißgefärbten Haare. »Nimm's ihm nicht übel. So ist er bei jeder hübschen Dame, die ich mitnehme.«, erklärte Bendix, zwinkerte und streckte seine Hand aus, um mir über die Wange zu streichen, doch ich zuckte vor ihm zurück.
»Und wer bitte ist er?«
Bendix rollte mit den Augen. »Na Marek natürlich.«
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Nackt und Nebel Aktion
Romance»Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Raub und sexuelle Belästigung.«, rattert der stämmige Polizist monoton herunter, wobei mein Herz bei jedem seiner Worte immer ein Stückchen weiter nach unten sackt und ich meine feuchtnassen Hände zur Beruhigung...