Kapitel 2
Da war ich nun. Auf meinem Bett in meinem kleinem Zimmer. In der Wohnung meines Bruder's. Mein Vater irgendwo am anderen Ende der Welt und meine Mutter im "Himmel". Ich weiß nicht , was später aus meinem Leben werden soll. Was heißt "später" ? Ich bin bereits 17 und ich habe hoffentlich bald mein Abi. Ich habe früher schonmal darüber nachgedacht , Medizin zu studieren. Momentan finde ich das keine sonderlich gute Idee. Ich komme nicht damit klar , andere Leute Trauern zu sehen oder mitzukriegen , wie sie gerade dabei sind zu sterben. Das war noch nie eine meiner Stärken. Während ich mir mal wieder meinen Kopf über meine Zukunft zerbrach , klingelte mein Handy. Mit besonders vielen Menschen hatte ich nicht zu tun , daher war ich leicht überrascht. Mhh.. Eine unbekannte Nummer.. Ich gehe trotzdem mal ran. ,,Marie?" fragte die männliche , aber etwas kindlichere Stimme. ,,Ehm.. Ja? Mit wem spreche ich da?" fragte ich leicht zögernd. ,,Ähm.. Hey , ich bin's Marvin aus deinem Mathe-Kurs.. ich wollte fragen , ob wir uns vielleicht mal treffen könnten? Ich meine.. zum lernen." Ich dachte ziemlich lange nach , ich kannte Marvin , aber viel hatte ich nicht mit ihm zu tun. Mh.. Er will sich also zum lernen mit mir treffen.. Ich bin sehr gut in Mathe , ich glaube ich muss nicht mit ihm lernen. Wahrscheinlich möchte er das auch nicht.. Aber es wäre doch gut für mich , mal mit anderen Leuten in Kontakt zu treten , oder? Ich überlegte anscheinend zu lange , sodass ich am Handy jemanden nach meinem Namen fragen hörte. ,,Marie?" .. ,,Ja , ich weiß nicht .. wann .. also wann hast du dir denn vorgestellt zu lernen?" fragte ich stotternd. ,, Vielleicht morgen? Um.. 16:00 Uhr? Mh..Ich lerne glaube ich lieber alleine... dachte ich mir. ,,Sorry , aber ich glaube , ich lerne doch alleine.." meinte ich etwas enttäuscht von mir selbst. ,,Ehm.. Okay... dann bis morgen.." ,sagte er leicht verwirrt. Na toll , ich habe mir wahrscheinlich das erste und einzige Treffen mit jemanden versaut. Wieso ich das tue? Ich jeden von mir abweise ? Ich weiß es nicht. Diese Angst jemanden zu enttäuschen oder .. ich weiß nicht..Ich bin 17 , hatte noch nie einen Freund , geschweige denn eine männliche Bekannschaft außer meinen Bruder und ich war nicht glücklich damit. Ich packte mein Handy in die Schublade , meiner Kommode und blieb ruhig liegen. Mein Bruder gab mir viel Freizeit , die brauchte ich auch. Er hatte sowieso viel zu tun.. Er arbeitet fast 7 Tage in der Woche an einer Tankstelle . Er bemühte sich sehr , mir ein gutes Vorbild zu sein. Das bemerke ich täglich.. Er verhält sich wie ein erwachsener Mann. Dabei ist er "erst" 19 und könnte in seinem Leben noch so viel erreichen , jedoch ist er sich schon sicher , seinen 'Traumberuf' gefunden zu haben. Ich hingegen weiß nichtmals , was ich morgen erleben will oder muss. Ich lebe in der Gegenwart. Das hat negative , aber auch positive Ansichten. Schlecht ist , dass ich nicht weiß , wie ich später leben soll. Wie ich wohne , ob ich mit dem Geld , welches ich verdienen werde zu recht komme , wo ich überhaupt arbeiten werde? Das gute daran ist , 'Ich mache mir keine Sorgen vor dem Morgen'. Egal , was morgen passiert.. Ich muss es erst morgen erleben. Also , mache ich mir darum keinen Kopf. Es wird morgen sowieso nichts passieren. Von 8:00 - 14:00 Uhr Schule , dann eine halbe Stunde zu meiner persönlichen Phsychotherapeutin und dann.. lebe ich. Wieso die Therapeutin? Wegen Mom. Mein Bruder meint es ist gut Tipps zu bekommen , damit umzugehen. Eigentlich hätte er das nötiger. Ich komme ganz gut damit klar , weil ich weiß , dass es jeden so treffen könnte. Er hingegen kriegt es schon mit Angstausbrüchen , wenn er einen Krampf im Oberschenkel hat. Ich möchte nichts dagegen sagen , ich meine so ein Krampf ist schon echt schmerzhaft , aber er bringt uns nicht um. Bis ich dann auch mal endlich aufhören konnte zu denken , schlief ich ein. Ein sanfter Ton aus meinem Handy weckte mich am Morgen. Ich fühle mich miserabel. Ich bin traurig. Diese Tage habe ich häufig. Also seit dem "Unfall" meiner Mama. Aber ich glaube diesmal kann ich nicht einfach über diese Depressionen hinwegsehen. Ich ging runter in die Küche , dort fand ich meinen Bruder auf. ,,Alles okay bei dir , Marie?" Erst jetzt merkte ich , dass mein Gesicht total nass war und ich anscheinend geweint habe. ,, Ja , Ja es ist alles okay , Sven. Ich glaube ich brauche nur mal einen Tag lang meine Ruhe." antwortete ich ein wenig gekränkt. Glaubt jetzt nicht , dass ich das öfters tue , aber ich gehe heute nicht zur Schule. Ich brauche Zeit. Vielleicht Minuten , aber vielleicht auch Stunden. Aus den Stunden könnten auch Tage werden und aus den Tagen auch Wochen. Ich nahm mir für heute "frei". Mir ging es lange nicht mehr so schlecht , wie heute. Ich rief bei der Schule an und meldete mich für heute Krank. In einer bestimmten Weise war ich ja auch krank , nur nicht körperlich. Ich hatte Depressionen. Starke Depressionen. Es gab nicht viele Momente , in denen ich mir dies eingestehte , doch wenn ich durch diese Trauer den Schulbesuch ausfallen lassen würde , wusste ich , dass etwas bei mir nicht stimmt. Mein Bruder muss jetzt wieder Arbeiten gehen. Ich fühle mich schuldig , dass er täglich an einer Tankstelle steht und für uns Beide Geld verdient , doch ich brauch Zeit. Es klingt zwar ziemlich Egoistisch , dass ich ihn 'für mich arbeiten' gehen lasse , aber ich würde ihm helfen , wenn ich mein Abi habe. Wann das sein wird , weiß ich nicht genau , aber ich möchte ihm helfen. Mein Bruder war nun weg , er gab mir vorhin noch einen Abschiedskuss auf die Stirn und meinte ich soll auf mich aufpassen. Er ist so lieb , dass es mir schon weh' tut , dass ich ihn nicht so beschützen kann. Dass ich zu schwach bin um ihn aufzumuntern. Aber anscheinend kam er damit klar.. Ich ging in die Dusche und dachte nach , mal wieder. Aber jeder denkt beim Duschen nach , oder? Nach dem Schminken , zog ich mich um. Eine helle Jeans , weißes Top und eine Grüne Jacke. Dazu noch eine Cap , damit ich meine Haare verstecken kann. Ich weiß nicht wieso , aber ich hasse meine Haarfarbe. Sie ist zwischen Braun und Blond. Ich kann sie einfach nicht leiden. In der Küche angekommen , aß ich eine Scheibe Brot. Besonders großen Hunger hatte ich nicht. Seit langer Zeit hatte ich keinen Hunger mehr. Ich aß nur , um zu Leben. Um Gesund zu bleiben und meinen Bruder nicht alleine zu lassen , denn das war das einzige was ich ihm geben konnte. Mich. Nun ist es 13:53 Uhr. Gleich muss ich zu meiner 'Sprechstunde'. Dort kann ich mal wieder jammern wie schrecklich mein Leben ja ist.. Jaja , ich bin traurig , aber das traurige auszusprechen.. macht mich noch trauriger. Plötzlich klingelt mein Handy. Ich hatte seine Nummer gestern eingespeichert , deshalb wusste ich , dass es Marvin ist. Natürlich ging ich ran. ,,Hey Marie , ich.. ehm .. also du warst heute nicht da und ich wollte fragen , wie es dir geht?" Ich überlegte wieder so lange , was ich darauf antworten sollte . Ich meine , wenn ich nicht in die Schule komme , dann sollte doch klar sein , dass es mir nicht gut geht , oder? Naja , jedenfalls antwortete ich nach einer kleinen Weile. ,, Also , mir geht es besser. Heute morgen war mir ziemlich übel , aber jetzt geht es wieder." Ich war mir nicht sicher , wieso ihn das interessierte. Er hat sich nie für mich interessiert , das kommt so plötzlich.. ,, Oh , gut. Es haben heute einige nach dir gefragt. Ich wollte dich noch fragen , ob wir vielleicht mal etwas unternehmen wollen?" stammelt er vor sich hin. Er lügt , es hat niemand nach mir gefragt. In meinen Kursen bin ich weder beliebt , als auch bekannt. Ich bin ein 'jemand'. Egal , da war wieder diese Frage. Soll ich etwas mit ihm machen oder nicht..Wieso denke ich immer so viel nach ? Ich sage ja! ,, Du.. Marvin , also.." fange ich an. ,, Klar , können wir was machen.. Ich meine , wenn wir etwas unternehmen , dann ist das ja nichts 'großes' ,oder?" sprach ich weiter. Was kommt eigentlich aus meinem Mund raus? Ich rede nur Mist. "Dann ist das ja nichts großes , oder?" ich bin so dumm , was soll er darauf denn antworten.,, Nein , nichts großes , nur ein kleines Treffen." meinte er. Also gab es doch eine Antwort auf meine total hirnlose Frage. So jetzt mal ein Gespräch führen , Marie! ,, Ok , dann lass uns etwas unternehmen!" Sprach ich voller elan. ,, Kino heute Abend , ich hol dich ab?" fragte er mit genau so viel Motivation. ,, Oke , ich muss jetzt auflegen. Bis heute Abend." -,, Bis dann." Hörte ich noch von ihm. Manchmal bin ich echt spontan. Zu spontan. Jetzt bekam ich Panik. Ich verstand nicht , wieso ich zugesagt habe. Egal , jetzt ist es so und jetzt bleibt es so. Ich musste jetzt los.. zu meiner 'Sprechstunde'. Na super!
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Der Hauch einer Hoffnung
Historical FictionMarie ist 17. Ihr Vater verließ die Familie , als sie zwei war. Ihre Mutter starb vor einiger Zeit an Krebs und nun bleiben nur noch sie und ihr Bruder übrig. Beide haben nicht viel Kontakt zu anderen Menschen und kommen einigermaßen gut damit klar...