Kapitel 5
Am nächsten Morgen hatte ich die ganze Sache schon wieder vergessen. Wir haben Samstag , also ging ich wie gewohnt runter in die Küche und erwartete meinen Bruder. Erst als keine Antwort kam , fiel mir alles wieder ein. Mein seltenes Hungergefühl verließ mich innerhalb von Sekunden und ich verlor meinen Gleichgewichtssinn. Ich schwanke zu einem Stuhl an dem Küchentisch und lasse mich nieder. Ich hatte bis vor ein paar Minuten vergessen , dass ich allein war. Alleine. Niemand da den ich umarmen könnte , niemand der mich tröstet und auf mich aufpasst. Die Schwäche in meinem Körper zeigt sich nur in Situationen , in denen es am wichtigsten wäre zu kämpfen. Einige Zeit hing ich nur mit meinem Kopf über dem Küchentisch und dachte nach. Ich beschloss etwas in meinem Leben zu ändern. Nicht mehr nur in der Gegenwart leben , sondern sich Pläne machen. Ich fing damit an meinen heutigen Tagesablauf zu planen. Erst möchte ich meine Mutter besuchen und danach meinen Bruder. Ich finde ich sollte meiner Mutter erzählen , wie es Sven geht. Sie hat es verdient. Vielleicht hat sie es von 'oben' auch schon gesehen , naja.. ich weiß nicht wie es da 'oben' ist. Ich ging hoch um mir eine Jacke zu holen und öffnete dann die Haustür. Mal wieder war es am Regnen. Es fällt mir irgendwie immer schwer , duch den Regen zu laufen. In Gedanken versunken , lief ich die Straße entlang , welche zum Friedhof führte. Auf einer Wiese an der ich vorbei kam , pflückte ich eine Rose um sie auf das Grab zu legen. Heute sah es ziemlich leer und kalt aus. Ich knie mich vor den Grabstein und fange an zu erzählen. Von meinen Problemen , von Sven.. Als ich anfing von Sven zu reden , hörte es plötzlich auf zu regnen. Es könnte ein Zufall sein , oder es hatte einfach nichts miteinander zu tun , aber ich fühlte mich wieder sicher. Ich hatte nun das Gefühl bekommen , dass meine Mama mich hört und für mich da ist. Ich saß wieder einige Stunden dort und meine Beine fingen wieder an , weh zu tun. Doch das war mit egal. Als die Rose die ausgetrocknete und kalte Erde berührte , brach ich mal wieder in Tränen aus. Einige Zeit wurde es wieder ruhiger und ich bemerkte , wie sich ein alter Mann die Mühe machte , sich neben mich zu knien. Ich schaute ihn erwartungsvoll an. Er blickte zu dem Grabstein und fragte:,, Deine Mutter?" Nach wenigen Sekunden antwortete ich kurz ,,Ja." Er atmete tief aus und dachte wenige Minuten nach. Plötzlich fing er an. ,, Menschen die uns viel bedeuten , gehen meist schon viel zu früh von uns , um uns zu zeigen , dass es noch andere gibt , die geliebt werden wollen." Ich sah auf den Boden um mir einige Zeit zu geben , diesen Satz zu verstehen , doch der Mann stand auf und humpelte den Weg zum Ausgang entlang. Den ganzen Weg nach Hause überlegte ich , was der Mann meinte. Ich versuchte , meine Lage in den Satz einzufügen , doch ich schaffte es nicht. Zuhause angekommen nahm ich mir einen Apfel in die Hand und wanderte weiter zum Krankenhaus. Mit einem kleinen Angstgefühl und einem lächeln im Gesicht ging ich zu seinem Zimmer. Passend. Der Arzt war gerade bei ihm und fing schon an mit mir zu reden. ,, Herausgefunden haben wir bis jetzt nichts , aber er kommt mit den Schmerztabletten gut klar. Das heißt er kann ich 2 Tagen wieder nach hause. Falls nochmal soewtas in der Art passieren sollte , dann rufen sie einfach an." Ich dachte mir nur.."Scheiße". Eigentlich sollte ich froh sein , dass er wieder nach hause kommt , doch ich war es nicht. Ihn nochmal so im Bett aufzufinden und den Arzt zu rufen.. ich kann soetwas nicht. Ich bin kein Mensch dafür. Tzz , und ich wollte Medizin studieren und Fachärztin werden , haha. Ich kriege schon Angstzustände , wenn ich einen Arzt rufen muss. Der Arzt ließ uns alleine und ich setzte mich an Sven's Bett. ,, Geht es dir wirklich besser , Sven? Du musst die Wahrheit sagen. Du brauchst dich nicht vor mir beweisen. Ich weiß , dass du ein Kämpfer bist , aber bitte tu' jetzt nur eins. Die Wahrheit sagen. Die Ärzte müssen wissen , wie es mit dir weitergeht." fing ich an. ,, Ganz ruhig , Marie." meinte er und hustete ein wenig dabei. ,, Es geht mir wirklich besser , ich schaffe das schon. Ich werde diese 'Krankheit' schon überleben. Wirklich." Oh man. Er ist immer so stark und so optimistisch. Ich bin wirklich das genaue Gegenteil. ,, Ok , dann ist's gut." meinte ich lachend. Ich kaufte mir mein falsches Lächeln selbst nicht ab , aber er tat es. Ich saß noch etwas an seinem Bett , damit er nicht alleine ist , doch nach ein paar Stunden schlief er ein. Ich hinterließ ihm einen Brief. " Sven , ich bin dann weg. Du hast so schön geschlafen , ich wollte dich einfach nicht wecken, ich hoffe du verstehst das. Ich komme dann Morgen wieder , okay?" Krankenhäuser sind ziemlich traurig und deprimierend , deswegen war ich froh , als ich es verlassen konnte. Andauernd ging mir dieser Satz von dem alten Mann durch den Kopf , deshalb entschied ich mich , noch ein wenig an das Grab meiner Mutter zu gehen um meinen Kopf frei zu bekommen. So viel wie heute bin ich lange nicht mehr gelaufen. Meine Füße taten schon ein wenig weh , doch das war es mir wert. Mittlerweile wurde es schon dunkel. 19:17 Uhr. Am Friedhof angekommen , lehnte ich mich erstmal an die Stange des Tor's um mir einen Überblick zu verschaffen. Auf der Hälfte des Weges sah ich schon , dass der Junge wieder da war. Er sah trauriger aus , als sonst. Ich erinnerte mich daran , wie er stundenlang mit mir in dem Wartezimmer saß und ich meinen Kopf an ihn anlehnte. Müsste ich mich jetzt nicht irgendwie revanchieren? Ich glaube schon ... und irgendwie tut er mir ziemlich leid. Ich ging leise auf ihn zu und schaute auf ihn runter. Er kniete vor dem Grab und sein Gesicht lag in seinen Händen. Ich dachte kurz nach , ob ich ihn wirklich ansprechen sollte , doch dann kam es einfach aus mir raus. ,, Sehr Schlimm?" fragte ich ihn. Er schaute hoch , lächelte kurz und meinte dann mit heiserer Stimme ,, Ja." Ich setzte mich zu ihm und schaute ihn erst eine Weile lang an. Nach wenigen Sekunden schaute er mich ebenfalls an und ich zog meinen Blick zu dem Grabstein. Auch jetzt saßen wir stundenlang rum. Mein Kopf wieder an seiner Schulter und keiner gab auch nur ein Wort von sich. Ich drehte mich kurz weg , um auf meinem Handy nach der Uhrzeit zu schauen. 5:46 Uhr. Es wurde immer später. Nach einer Stunde merkten wir , dass es hell wurde und ich meinte nur ,,Tut mir leid , ich muss jetzt los." Er nickte emotionslos , doch im Augenwinkel bekam ich mit , wie er auch aufstand und gehen wollte. Nach langer Zeit kam ich dann auch zuhause an. 8:10 Uhr . Haha , ich hatte wirklich die ganze Nach lang mit diesem Jungen , dessen Namen ich nichtmals kannte , an einem Grab gesessen. Ich wollte ihn trösten , doch wie gesagt. Wir wechselten kein Wort. Es war schon fast 'unsere eigene Sprache'. Mich munterte dieser Junge in einer Art und Weise auf und das gefiel mir an ihm. Wie sagt man so schön. -" Es sind die kleinen Dinge im Leben , die uns glücklich machen!" Aber kaum 20 Minuten später , wurde ich wieder von Depressionen geplagt. Mein Kopf fühlte sich an , als würde er platzen und in 1000 Einzelteile zerspringen. Diese Vorstellung ist einfach nur eckelhaft. Da saß ich nun. Um 8:28 Uhr. Kein bisschen geschlafen. Kopfschmerzen wie sonst was und ich bin mal wieder alleine. Meine Augen fielen zu , bis mein Handy klingelte. Marvin. Was will der denn jetzt wieder? Ich hatte überhaupt keine Lust mit ihm zu reden , doch ich wollte unbedingt wissen , was er mir sagen wollte. ,, Marie? Bist du sauer?" Er stellte diese Frage in den Raum und ich beantwortete sie nur einige Sekunden später. ,, Nein , ich kann nicht sauer auf jemanden sein , wenn ich nichts erwartet habe." Wow. Was will er jetzt sagen? ,, Marie , es tut mir leid. Dass du jetzt traurig bi.." Es platzte einfach aus mir raus , ich weiß nicht. ,, Ich? Ich bin nicht traurig und ich war es auch nicht. Ich habe zwar genug Gründe , um traurig zu sein , aber das macht mich nicht traurig!" schrie ich schon fast. ,, Ja , oke. Ich verstehe , mir ist etwas dazwischen gekommen und ich hatte keine Zeit mehr anzurufen." Ich dachte mir nur , wieso er das tut? Wieso er versucht sich rauszureden? Ich meinte daraufhin in einem auffordernden Ton ,, Aha , du konntest mir in der Schule also auch nicht sagen , wieso du nicht gekommen bist? Ganz ehrlich , mein Leben ist schon schlimm genug , verstanden? Mach es einfach nur nich schlimmer!" Ich war so wütend , aber gleichzeitig auch traurig. Ich legte einfach auf. Ich machte mein Handy aus und hoffte , dass ich nicht zu fies war... Mir tat es jetzt schon alles fürchterlich Leid. So bin ich normaler Weise überhaupt nicht , doch es kam einfach über mich. Kurz überlegte ich , ob ich bei ihm anrufen sollte um mich zu entschuldigen , aber dieser Gedanke verschwand schnell wieder aus meinem Kopf.
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Der Hauch einer Hoffnung
Historical FictionMarie ist 17. Ihr Vater verließ die Familie , als sie zwei war. Ihre Mutter starb vor einiger Zeit an Krebs und nun bleiben nur noch sie und ihr Bruder übrig. Beide haben nicht viel Kontakt zu anderen Menschen und kommen einigermaßen gut damit klar...