Luca

534 7 5
                                    

Amelia ist weg und ich versuche wieder in meinen Alltag zu finden. Besser gesagt, ich muss schnellstens wieder hinein finden. Ich setze mich in mein Büro und überfliege die momentane Arbeit auf meinem Schreibtisch. Doch meine Laune hält sich in Grenzen. Vor allem an einem Samstag. Ich weiß, dass der Vertrag fertig werden muss. Besser gesagt, die Verträge. Ein neuer Mitarbeiter und ein neuer Lieferant. Der Vertrag des Mitarbeiters ist schnell überflogen und unterzeichnet. Doch bei dem Lieferanten gab es einige Probleme. Wir hatten mehrere Proben bestellt, bei verschiedenen Lieferanten. Und nun muss ich mich entscheiden. Meine Mitarbeiter und ich haben lange darüber debattiert und getestet. Lieferant 1 hat das bessere hatte das bessere Zedernholz, aber dafür war seine Räuchereiche nicht qualitativ hochwertig. Bei Lieferant 2 war das Ebenholz nicht schön, dafür aber die Robinie. Und der Lieferant 3 hat genau das, was ich will: Mooreiche. Eigentlich will ich mit der Firma auf einen Lieferanten wechseln. Doch scheinbar ist das nicht möglich. Also werde ich weiterhin mehrere Lieferanten benötigen. Ich erarbeite also die neuen Verträge, damit ich schnellstens neues Holz bekomme und den neuen Auftrag angehen kann. Der neue Auftrag ist ein Millionenauftrag für die Firma. Noch einmal schaue ich mir die Daten im Computer an. Eine Rechtsanwaltskanzlei verändert ihren Standort nach Frankfurt am Main. Und meine Firma kümmert sich um alles. Wir verlegen das komplette Parkett in der Kanzlei. Meine Innenarchitektin und ich haben zusammen den Stil der Räume entworfen. Sie kümmert sich nun um alles was nicht aus Holz gemacht wird, einschließlich der Dekoration und ich natürlich um die Möbel aus Holz. Ich liebe es mit Holz zu arbeiten. Es ist so warm und es steht nie still. Holz lebt, auch wenn es nicht mehr mit dem Boden verankert ist. Schon als Kind trieb ich mich immer in der Tischlerei meines Vaters herum. Ich hobelte und sägte so gut ich konnte. Er brachte mir alles bei was ich wissen musste und als ich dann meinen Abschluss machte, ging ich in die Lehre als Tischler. Ich stehe auf und gönne mir ein Glas eiskalten Whiskey und genieße ihn, als er sanft und würzig meine Kehle hinunter fließt. In meinem Sitz zurückgelehnt schwelge ich weiter in meinen Erinnerungen. Der Moment als ich meine Ausbildung geschafft hatte und stolz in der Tischlerei meines Vaters anfing. Ich war glücklich. Doch das hielt nicht so lange an, wie ich dachte. Irgendetwas zog mich weiter. Wollte einfach mehr und ich begann meine Ausbildung zum Meister. Mein Vater unterstützte mich, denn so konnte ich seine kleine Tischlerei irgendwann übernehmen. Mit 25 hatte ich dann das erreicht, was er sich wünschte. Er überschrieb die Tischlerei auf meinen Namen. Bald darauf wurde er krank und kein ganzes Jahr später verstarb er an einem Herzinfarkt. Er war gerade einmal so alt wie ich es jetzt bin. Es hat lange gedauert, bis ich darüber hinweg war. Und ich hatte eine Leere in mir. Diese versuchte ich mit Reisen zu füllen. Es verschlug mich überall hin: Venezuela, Canada, Frankreich, Schweden, Italien, Indien,...Doch in ein Land habe ich mich am meisten verliebt. In Japan! Die Holzkunst dort ist einfach unbeschreiblich. In keinem anderen Land dieser Welt gibt es so viele verschiedene Berufszweige mit Holzarbeit. Gleichzeitig beeindruckten mich die Perfektion des Handwerks und die ungemeine Ästhetik. Auch die Details versetzten mich in tiefes Erstaunen. Und dennoch ist es zeitlos, schlicht und anmutend. Und als ich durch die Tempelanlagen lief und die Wände und Böden betrachtete, spürte ich diese Wärme in mir. Jedes kleine Teehaus, jeder Schrank, jedes Regal und auch jeder Tisch zogen mich in ihren Bann. Und da beschloss ich, dass ich diese Kunst lernen wollte. Also begab ich mich in die Lehre bei verschiedenen Künstlern in Japan. Ich lernte die Sprache und die Traditionen, den Umgang mit Holz, den Respekt vor jedem einzelnen Material. Und nach 2 Jahren kehrte ich zurück nach Deutschland. Zurück zu der kleinen alten Tischlerei meines Vater, beziehungsweise meiner Tischlerei. Sie lief noch immer. Hatte ich ja einen Geschäftsführer ernannt, als ich aufbrach. Doch als ich sie betrat wusste ich genau, dass das nicht mehr meine Welt war. Und so beschloss ich mir etwas eigenes aufzubauen. Etwas neues. Ich begann japanische Möbel mit deutschen Materialien zu mischen. Ich kombinierte einfach und entwickelte. Ab und an fand ich einen Abnehmer dafür und konnte mir Stück für Stück einen neuen Namen schaffen. Nach 2 weiteren Jahren, zu meinem 30ten Geburtstag gründete ich meine neue Firma: „Mokuzai“
Ich betrachte das Logo auf meinem Geschäftsbrief vor mir. Meine Finger ziehen es langsam nach. Erst den roten Kreis und dann gleite ich zu den Buchstaben „木材“ in dessen Mitte. Genau unter den Buchstaben steht „Mokuzai“. Was nichts anderes heißt als: Holz. Nicht mehr und nicht weniger. Denn dieses Wort umfasst Japans Kunst mit diesem Rohstoff. Alles ist darin enthalten. Die Aufträge wurden monatlich mehr und nach 12 Monaten stellte ich einige Mitarbeiter ein. Ich begann mich langsam zu vergrößern. Den Leuten gefiel mein Konzept. Gefiel, dass ich so flexibel mit den Stilen umgehen konnte und jedes Stück ein Unikat war. Meine damalige Freundin brachte mich irgendwann auf eine großartige Idee. Denn sie war Inneneinrichterin und meinte, dass wir uns zusammentun könnten. Das tat ich auch. In meinem 5ten Jahr stellte ich eine Dame ein, damit wir tiefer gehen konnten als nur mit Möbelstücken. Wir designten jetzt ganze Räume. Natürlich war das nicht meine Freundin. Denn zu diesem Zeitpunkt war sie nicht mehr meine Feundin. Und diese Idee schlug ein wie eine Bombe. Wir konnten uns vor Aufträgen gar nicht mehr retten. Es dauerte nicht lange und wir expandierten erneut und erneut. Als ich 40 wurde hatte mein Geschäft einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht und einen Umsatz, bei dem manche Menschen die Ohren schlackern. Doch ich habe mir alles von klein auf hart erarbeitet und bin stolz auf mich. Ich trinke meinen Whiskey und grinse. Mein Leben war immer schön. Ich habe natürlich viel gearbeitet aber ich hatte daran Spass, habe auch nie etwas vermisst. Doch irgendwann kam der Punkt an dem ich mich einsam fühlte. Meine Freunde standen und stehen immer hinter mir, aber eine Frau an meiner Seite hat es nie lange ausgehalten. Irgendwie war ich in jeder Beziehung der Sündenbock. Habe zu viel gearbeitet und war scheinbar nie wirklich präsent. Und dann meldete ich mich im Joyclub an. Einfach nur, weil ich wieder eine Sub wollte. Doch was ich fand, war keine Sub. Amelia war so unerfahren. Wirkte schüchtern und neugierig zugleich. Und ich begann mit ihr zu schreiben. Am Anfang nur aus Spass, da sie sehr nett schien. Unsere Gespräche wurden intensiver, obwohl ich das nicht wollte. Denn Amelia war und ist noch immer so jung. Ich wollte ihr keinen alten Sack antun, aber irgendwie ließ sie nicht locker und ich konnte nicht aufhören. Wir begannen zu telefonieren und schrieben jeden Tag miteinander. Und irgendwann wollte sie ein Treffen. Ich war so begeistert und freute mich wie ein Kleinkind an Weihnachten und Ostern zusammen. Und an dem Tag als sie zu mir kam, also gestern. Gott, ich war so nervös. Wenn ich nur daran denke, wie meine Hände gestern zitterten. Und dann stand sie vor mir und war eine Wucht. Ihre blonden langen Haare, diese vollen Lippen, die großen Augen und ihre Kurven. Sie war der wahnsinn. Und die Nacht mit ihr zu verbringen, ihre Lust zu hören und zu spüren. Es tat so gut. Es war unbeschreiblich. Als Amelia in meinen Armen einschlief, trug ich sie in mein Schlafzimmer, denn ich wollte nicht, dass sie im Spielzimmer schläft. Das fand ich nicht passend für diese Schönheit. Ich beobachtete sie im Schlaf. Wie zufrieden sie lächelte und wie glücklich sie aussah. Tiefenentspannt. Diese Frau hatte mich komplett verzaubert. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Und als sie am nächsten Tag aufbrechen musste, als alles plötzlich vorbei war, wollte ich sie nicht gehen lassen. Am liebsten hätte ich sie aus ihrem Wagen gezerrt und in mein Haus gezogen, nur um sie nie wieder aus den Augen zu verlieren. Und das war schrecklich, denn diese Seite an mir ist mir vollkommen neu.
Mein Herz pocht wie verrückt bei dem Gedanken an sie. Ich schenke mir Whiskey nach und meine Hand gleitet in meine Hosentasche. Dort spürt sie ihr Höschen. Ob sie gut angekommen ist? Sie hat mir keine Nachricht geschrieben. Anrufen will ich sie nicht. Eigentlich! Doch ich mache mir Sorgen. Ich stelle den Whiskey ab und greife zu meinem Handy, drücke die Kurzwahltaste und höre es tuten. Nach gefühlten Stunden nimmt sie endlich ab.
„Luca, entschuldige. Ich bin gut angekommen. Stand aber im Stau und bin gleich auf Arbeit gefahren. Ich habe vergessen dir Bescheid zu geben.“
Ich atme erleichtert aus.
„Alles gut. Ich wollte nur hören, ob du gut angekommen bist.“
Amelia kichert am Telefon. Selbst das klingt atemberaubend.
„Hat der alte Herr sich etwa Sorgen gemacht?“
Macht sie sich gerade über mich lustig? Das lasse ich nicht auf mir sitzen.
„Und hat da ein ungezogenes Mädchen kein Höschen auf Arbeit an?“
Sofort hört Amelia auf zu lachen.
„Du bist blöd. Ich muss leider weiter. Ich schreibe dir nach Schichtende.“
„Tu das. Bis später!“
„Bis dann.“
Sie legt auf, aber ich bin endlich eine Sorge los. Ich beginne zu grinsen. Ich ziehe ihr Höschen aus der Tasche und schnuppere daran. Denn das war das einzige Teil, was nicht gewaschen wurde. Doch das bleibt mein Geheimnis. Ich wäre ein Idiot, wenn ich ihren Geruch nicht noch ein wenig länger genießen würde. 
Mir sind zwei Dinge absolut bewusst: Ich muss diese Frau so schnell es geht wieder sehen und ich bin irgendwie in eine 21 Jahre jüngere Frau verliebt.

Ein bisschen kürzer als das letzte Kapitel. Aber wie findet ihr die Sicht von Luca?
Ich hoffe sie gefällt euch.

<3 Lilly <3

Aufkeimende LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt