Gefühl: Furcht

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Ich konnte an jenem Tag nicht früh genug, aus dem College kommen. Wenn ich wüsste, was ich heute erfahren würde, wäre ich im Bett geblieben. Doch ich wollte ihn sehen. Meinen Freund. Ich nannte ihn jetzt schon fast einen Monat lang so. Mein Freund. Es hörte sich so gut an.

Auf direktem Weg, steuerte ich das Gebüsch an, wo sich der Durchgang zu unserer Wiese befand. Meistens bin ich immer die Erste von uns beiden, die an unserem Treffpunkt ist, aber heute war Lee schon da. Und er war nicht alleine...

Ein großgewachsener Mann, mit grauen schulterlangen Haaren und einem Anzug stand bei ihm. Angeregt unterhielten sich die Beiden, wobei Lee sehr stark gestikulierte. Ich konnte nicht alles hören, aber die wenigen Worte, die ich verstand, ließen mich stutzig werden. Der ältere Mann sagte etwas von „Olymp" und „Krieg" ich glaube der Name „Typhon" ist auch mal gefallen. Ist das überhaupt ein Name?!

Lee raufte sich die Haare und drehte sich von seinem Gesprächspartner weg, dabei fiel sein Blick ungewollt auf mich. Seinen Augen weiteten sich als er mich sah. Sofort kam er auf mich zu. Seine großen Hände hielten meine Schultern fest umschlossen. „Naomi, Wie lange stehst du schon hier?!", wollte er in einem schroffen, aber auch besorgten Ton wissen. „Au! Du tust mir weh", bekam ich nur heraus. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Sonst war er immer liebevoll und mitfühlend, aber jetzt... Sofort lockerte er seinen Griff und das Blut erreichte meine Schulter wieder, doch sein Gesichtsausdruck blieb besorgniserregende. „Wer ist Typhon? Und um was für einen Krieg geht es?". Es war nicht die beste Art so anzufangen, aber ich wollte es einfach wissen. Ich hasste Geheimnisse. Doch bevor er antworten konnte stand der andere Mann neben uns und hatte eine Hand auf Lees Schulter gelegt. „Klär das bitte Apollon. Ich will dich so schnell wie möglich im Olymp haben". Apollon? Olymp? Langsam dämmerte es mir. Ich wusste doch, ich hatte diese Wörter mal gehört. Jetzt schlug mir mein Herz bis zum Hals und noch höher.

Ich wusste nicht was ich fühlen sollte. Furcht oder Erstaunen? Letztendlich überwiegte dann doch die Furcht. Lee war ein Gott. Besser gesagt Apollon der griechische Gott der Musik und Dichtkunst. Jetzt ergab alles einen Sinn. Die Texte die er schrieb... er konnte das so gut, weil das seine göttliche Gabe war. Was mich aber mit Angst erfüllte war der Gedanke, dass wenn ich für ihn nicht gut genug war, er mich mit seinem Licht verbrennen oder sonstiges mit mir anstellen würde. Als Lee ein paar Schritte auf mich zuging, löste sich meine Starre. Automatisch blieb ich auf Abstand zu dem, mir auf einmal fremd gewordenen, Blondhaarigen. "Naomi... ".

"Nein! Fass mich nicht an!" Vor Verzweiflung stiegen mir Tränen in die Augen. Und doch konnte ich sehr gut Lees Schmerz, durch meine Reaktion sehen. "Lass... Lass mich einfach in Ruhe Lee! Oder soll ich doch lieber Apollon sagen?", ich konnte es immer noch nicht glauben. Langsam begannen meine Hände zu zittern. Ich war mit einem Gott zusammen... Und hatte... mit ihm Sex.... Mein Mund wurde ganz trocken. „Lass es mich doch wenigstens erklären!"

Ich wollte es nicht erklärt bekommen. Ich verstand sofort was hier los war  Lee hat mir etwas verheimlicht. Ein Detail, das verdammt wichtig für mich ist. Ohne ein Wort an Lee drehte ich mich um und verschwand durch das Gebüsch. Hinter mir konnte ich ihn noch meinen Namen rufen hören, doch es war mir egal. Ich wollte einfach nur nach Hause.

Ich weiß nicht wie, aber ich fand mich wenig später in meinem Bett wieder. Zusammen gekrümmt mit tiefen Augenringen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, aber im negativen Sinne, wie man von einem Moment auf den nächsten, Furcht vor einer geliebten Person verspüren konnte.

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