~America~
Die ersten Sonnenstrahlen, die durch das Fenster schienen, weckten mich an diesem Morgen. Ich atmete tief ein und dachte an den gestrigen Tag. Ich war froh, dass der erste Tag geschafft war. Der nächste stand in einigen Tagen an und ich freute mich, etwas Zeit für mich zu haben. Ich war Marlee so dankbar, dass sie mir gestern geholfen hatte. Von den Mädchen hatte ich bis jetzt noch keine wiedergesehen.
Das machte mir, ehrlich gesagt, auch nicht viel aus, dass ich gestern keinen Kontakt mehr mit den Mädchen, auch nicht mit denen, die später gekommen waren, gehabt hatte. Gestern hatte ich die Kraft nicht mehr gehabt, denn ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen und lag den Rest des Tages im Bett. Das Kommen von Dr Erickson
hatte die Arbeit maßlos vereinfacht. So war Dank ihm schon klar, dass die Mädchen von gestern keine Verwandtschaft mit uns hatten. So waren alle gestern schon wieder abgereist. Ich wusste wirklich nicht, wie ich mit dieser Information umgehen sollte. Im Grunde hieß es doch einfach, dass meine Tochter nicht dabei war, aber ich verspürte dennoch nichts wie Trauer. Nein, im Gegenteil, ich fühlte mich glücklich. Sogar hoffnungsvoll. Etwas in mir sagte, dass ich sie schon bald sehen würde und geduldig sein sollte.
Ich drehte mich im Bett um und sah Maxon, der tief und fest schlief. Eine Weile schaute ich ihn an. Es war schön, in so schlafen zu sehen. Seit Tagen arbeitete er die ganze Zeit und eine ruhige Phase würde ihm sicherlich gut tun. Ich bekam wieder Schuldgefühle, da ich mir Vorwürfe machte, weil das alles doch meine Idee gewesen war.
Langsam öffnete Maxon seine Augen und schaute mich an.
„Guten Morgen", flüsterte ich ihm zu.
Maxon lächelte mich schwach an und legte seine Arme um mich, damit er mich näher an sich ziehen konnte.
„Guten Morgen, Liebling", flüsterte er zurück. „Hast du gut geschlafen?"
Ich kuschelte mich näher an ihn. „Ja, wie ein Engel", gab ich mit einem Lächeln zurück.
So gut hatte ich letzte Nacht dann doch nicht geschlafen. In meinem Kopf gingen viele wirre Dinge herum. Doch ich wollte es Maxon nicht sagen. Er hatte andere Probleme, die ihn zurzeit beschäftigten.
„Es freut mich", sagte er nur.
Danach folgte ein Stille. Diese Momente waren goldwert. Einfach ruhig in seinen Armen zu liegen und die ruhige Atmosphäre zu genießen. Seine Wärme an meinem Körper zu spüren.
„Wie geht es dir?", unterbrach er die Stille.
„Wie... Wie es mir geht?", hakte ich nach.
„Ja. Dir ging es schließlich gestern nicht gut", wiederholte er.
„Gut...", sagte ich nur knapp und hoffte, dass damit das Thema beendet war.
Ich hatte nicht sonderlich Lust, das ganze Thema von gestern wieder aufzuwühlen. Maxon sah mir lange in die Augen bis er seufzte. Offenbar wusste er, dass ich das Thema ausweichen wollte. Dafür war ich ihm sehr dankbar
Nachdem wir mit den Kindern gefrühstückt hatten, war Maxon wieder in seinem Arbeitszimmer verschwunden. Ich hasste mich dafür, da ich ihm all die Arbeit aufgetischt hatte, und das Schlimmste war, dass ich ihm auch nicht helfen konnte, weil ich selbst noch Aufgaben zu erledigen hatte.
So war ich wieder einmal in meinem Zimmer, als es an der Tür klopfte. Joanne und Liz betraten das Zimmer.
„Wie geht es euch?", begrüßte ich die zwei.
Doch an ihren angespannten Gesichtszügen erkannte ich, dass etwas nicht stimmte.
„Alles in Ordnung?", hakte ich nach.
Joanne biss sich auf die Lippen. „Marc ist da", sagte Liz knapp.
Ich sah sie verwirrt an, weil ich nicht verstand, wieso die Stimmung deswegen so betrübt war.
„Wieso seid ihr dann so angespannt? Das ist doch eine tolle Nachricht!", sagte ich dann.
„Er ist da, um mich abzuholen", sagte Joanne leise.
„Was!?"
„Ich verlasse den Palast. Heute noch", sagte Joanne traurig.
Langsam realisierte ich das Gesagte von Joanne. Die Erkenntnis machte mich unheimlich traurig. Ich hatte gewusst, dass dieser Tag einmal kommen würde, aber ich hatte mir mehr Zeit erhofft.
„Jetzt schon? Wieso die Eile?", fragte ich in der Hoffnung, sie würde die Antwort verneinen, doch das tat sie nicht.
Stattdessen antwortete Joanne: „Ich bin eigentlich nur hier, um mich nochmal zu verabschieden, bevor ich gehe. Von Kimberly habe ich es schon. Meine Sachen sind schon bei Marc."
Mir stiegen Tränen in die Augen und ich war unfähig, auch etwas zu sagen. Ich hatte gewusst, dass dieser Augenblick kommen würde. Aber jetzt schon? Ich versuchte, mich zu fassen, weil es kein trauriger Anlass sein sollte. Joanne war glücklich. Sie würde heiraten, ein Kind kriegen. Ihre Wünsche würden in Erfüllung gehen. Wieso sollte ich nun weinen? Ich sollte mich doch für sie freuen. Ihr alles Gute wünschen.
„Pass auf dich auf!", schniefte ich. „Und vergiss nicht, mich zu besuchen, wenn das Kind da ist."
Wir kannten uns schon so lange und ich würde dieses Mädchen schmerzhaft vermissen.
Sogar Liz stiegen nun die Tränen in die Augen. Ich wusste, dass sich die beiden sehr gut verstanden.
Joanne lächelte. „Als wäre ich ein Kind. Ich werde auf jeden Fall nochmal kommen. Der Palast ist wie mein Zuhause. Wenn ich..."
Bevor Joanne den Satz beenden konnte, schlang Liz ihre Arme um Joanne. „Ich werde dich sehr vermissen", sagte sie.
Ich sah sie eine Weile an, bevor ich auch Joanne fest in die Arme nahm.
Nach der tränenreichen Verabschiedung von Joanne lief ich in den Gängen umher. Ich wollte mich nicht an meinen Schreibtisch setzten. Ich ging sehr langsam, damit ich die ganzen Gemälden betrachten konnte. Mittlerweile wusste ich ganz genau, wo welches Bild hing. Das eine Bild war von Maxon und mir auf der Dachterrasse. Das Foto wurde kurz nach unserer Hochzeit geschossen. Ich hatte ein kurzes Kleid, das wegen dem Wind flatterte, an und schmiegte mich an Maxon. Im Hintergrund ging gerade die Sonne unter und man konnte auch Angeles erkennen. Das Foto war einfach traumhaft. Auf dem nächsten Bild war wieder Maxon zu sehen. Nur mit dem Unterschied, dass ich in meinen Armen Caitlyn hielt und Maxon seine Arme von hinten um mich geschlungen hatte. Ich lächelte schwach. Gleich daneben war wieder ein Familienfoto mit Alicia und Jayden. Hier waren beide noch sehr jung. Wir alle strahlten über das ganze Gesicht.
„Eure Majestät?", sagte eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und mir blieb das Herz fast stehen. So sehr schockte es mich, wenich sah. Das kleine, schüchterne Mädchen, das gestern hier gewesen war und längst hätte abreisen müssen.
„Xe... Xenia?", fragte ich erstaunt.
Ihre Reaktion war anders als ich erwartet hatte. Sie lief zu mir und versuchte sich, an meine Beine zu klammern.
„Bitte!", schrie sie. „Bitte."
Einige Wachen kamen sofort zu mir gerannt und zogen Xenia hoch. Xenia versuchte, sich zu währen, doch es gelang ihr nicht.
„Stopp!", sagte ich mit entschlossener Stimme. „Lasst sie los. Ich möchte mich in Ruhe mit ihr unterhalten."
„Sind Sie sicher, Eure Majestät? Das Mädchen wird seit Stunden gesucht. Sie muss sofort mit uns kommen", sagte ein Wachmann.
„Ich möchte mit ihr reden. Außerdem... Wenn es Probleme gibt, verlange ich, dass sie mich unmittelbar in Kenntnis setzen. Haben Sie mich verstanden?", antworte ich ein wenig streng.
Eigentlich war ich keine strenge Königin, aber jetzt musste es sein.
„In Ordnung, Eure Majestät!", sagten die beiden Wachmänner im Chor.
Sie ließen Xenia los, die zu Boden fiel, und zogen sich zurück. Ich schüttelte nur den Kopf und bot Xenia meine Hilfe an, doch sie rappelte sich von alleine wieder hoch.
„Ich danke Ihnen, Eure Majestät! Ich danke Ihnen sehr. Die Wachmänner sind mir die ganze Zeit gefolgt. Aber ich bitte Sie... !", bedankte sich Xenia.
„Nichts zu danken. Was ist denn bitte passiert? Wieso bist du gestern nicht nach Hause gefahren?", fragte ich liebevoll.
Xenia sah sehr angespannt aus. „Ich darf nicht nach Hause. Bitte ich darf einfach nicht nach Hause!", rief sie eindringlich.
Ich versuchte, mir einen angenehmen Eindruck zu verschaffen, damit sie sich ein wenig beruhigen konnte.
„Erzähle es mir! Was hält dich von zu Hause fern?", hakte ich nach.
„Ich habe niemanden! Ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen. Die Leiterin ist sehr streng dort. Ich möchte nicht zurück!" Xenia schien kurz vor einen Tränenausbruch zu stehen.
„Ich bitte Sie. Bitte behalten Sie mich im Palast. Bitte! Ich möchte zu gerne als Schneiderin arbeiten!", fuhr sie fort. „Aber Mrs Cabold erlaubt mir nicht, meinen Wunsch zu erfüllen. Weil ich achtzehn geworden bin, soll ich in einer Fabrik arbeiten. Sie hat mich verkauft! Meine Eltern sind bei einem Fabrikunfall gestorben! Bitte. Ich möchte es nicht! Ich kann es nicht!"
„Verkauft!?", rief ich entsetzt aus.
Im Land war Sklaverei verboten und wer dies tat, musste mit einer sehr hohen Strafe rechnen. Ich dachte, im Land würde so etwas nicht mehr geben. Ich musste sofort handeln. Zu sehr geschockte mich die Tatsache, dass im Land noch immer Sklaverei vorherrschte.
„Ja", schluchzte
Jetzt brach sie komplett in Tränen aus. Xenia tat mir sehr leid. Ich versuchte, sie so gut es ging zu trösten, sodass sie sich ein wenig beruhigen konnte. Es gab viele positive Dinge, die man als Königin machen konnte. Dazu gehörte nun einmal helfen.
Ich würde Xenia definitiv helfen. Ich bewunderte sie für ihre Stärke und ihren Mut.
„Das wird kein Problem sein, Liebes", erwiderte ich mit sanfter Stimme.
Ich kannte Xenia zwar noch nicht lange, aber ich hatte sie schon sehr in mein Herzen geschlossen. Es freute mich, dass sie aufhörte zu weinen und mich stattdessen dankbar ansah.
„Danke, Eure Majestät. Ich danke Ihnen vielmals. Sie sind eine würdige Königin."
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Selection - The lost princess
FanfictionAmerica und Maxon haben geheiratet. Als auch noch die wundervolle Caitlyn auf die Welt kommt scheint alles perfekt zu sein. Doch das passiert ein schreckliches Ereignis: Prinzessin Caitlyn wir in der Nacht ihres ersten Geburtstages entführt. Eine We...