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Es waren bisher nur wenige Tage vergangen und trotzdem war es für mich schon fast zu Alltag geworden mit Hanbin zusammen zu leben.

Wir saßen, wie bisher jeden Morgen, verschlafen am Esstisch, tranken unseren Kaffee und frühstückten. Die einzigste Ausnahme heute war unser Frühstück, das aus der kalten Pizza vom Vorabend bestand.

"Vielleicht bleib ich echt einfach für immer hier", warf Hanbin gut gelaunt ein.

"Ich hab an sich nichts dagegen...", sagte ich zögernd. "Es wäre nur schön, wenn du dann vielleicht das ganze ein wenig mitfinanzieren könntest."

"Da lässt sich bestimmt was machen", antwortete Hanbin und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.

Wenig später bei Donghyuk im Auto, wirkte mein neuer Mitbewohner jedoch etwas nachdenklich. Wenn ich richtig lag, beschäftigte ihn immer noch die Sache mit dem Geld, doch erst in den Deutschstunde realisierte ich es.

"Sag mal, kann es sein, dass du nicht an Geld kommst?", flüsterte ich Hanbin zu, während der Lehrer etwas an die Tafel schrieb.

Mein Mitbewohner nickte nur.

"Ich dachte, deine Eltern..."

Da merkte ich erst, dass Hanbins Eltern wahrscheinlich der Grund waren, warum er abgehauen war. Trotzdem... Seine Mutter hatte es ihm in gewisser Hinsicht ermöglicht.

Ich raufte mir wortwörtlich die Haare. Ich wollte so sehr wissen, was in Hanbins Leben momentan passierte. Ich wollte ihm helfen.

"Ich hoffe, du erzählst mir bald alles."

Hanbin sah sie liebevoll an. "Vielleicht."

-

"Idiot", beschwerte sich Donghyuk, als ich in der Freistunde mit ihm auf dem Schulhof saß. "Er fühlt sich bestimmt in seinem Ego verletzt, wenn er Hilfe annimmt."

"Sei nicht so", murmelte ich nur.

"Komm schon, Linea, ich weiß, dass du innerlich am Kochen bist. Du kannst es nicht ab, wenn jemand Geheimnisse vor dir hat."

Ich nickte. Es machte mich echt wütend, dass Hanbin mir alles verschwieg, aber einen Streit konnten wir uns nicht leisten.

"Du redest heute mit ihm. Und wenn er dir weiterhin nichts sagen will, solltest du ihn verhungern lassen", grinste Donghyuk.

Er meinte es nicht ernst. Auch er machte sich einfach nur Sorgen und wollte Hanbin nicht so bedrückt sehen.

"Um ehrlich zu sein, glaub ich sogar, dass es ihm ganz gut tut bei dir zu sein", überlegte Donghyuk.

Ich sah ihn nur fragend an.

"Er wirkt glücklich, wenn er nicht gerade daran denkt, wie scheiße sein Leben ist."

"Na wenigstens einer, dem das nicht die Nerven kostet", murmelte ich. "Ich fühle mich als würde mein ganzes Leben sich nur noch um ihn drehen. Aber auf negative Art."

"Dann änder das. Um ehrlich zu sein, würde ich es auch süß finden, wärt ihr ein Paar."

Ich sah ihn verwirrt an. "Was heißt hier 'auch'?"

"Oh, hast du es nicht mitbekommen? Die ganze Stufe denkt ihr seid zusammen."

Geschockt sag ich ihn an, doch in dem Moment kamen die anderen.

-

Als Donghyuk uns bei meiner Wohnung ablieferte, wirkte Hanbin bedrückt.

"Ist alles gut?", fragte ich besorgt.

Er drückte mir einen Umschlag in die Hand. "Ich hoffe, dass das für's Erste reicht. Aber jetzt komm."

Er zog mich mit auf den Balkon, wo wir uns auf den Boden setzten, da ich nur einen Stuhl draußen hatte.

"Ich glaub es ist Zeit, dass ich dir erzähle, was gerade abgeht. Brauchst du auch einen Kaffee?"

Ich nickte und er verschwand in der Küche.

𝐊𝐈𝐓𝐓𝐄𝐍 / 𝐇𝐀𝐍𝐁𝐈𝐍 √Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt