Kapitel 2 Der Gott der Schule

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"Da ist er!", quietschte auf einmal das Mädchen neben ihr aufgeregt und sie registrierte mit Verwundern, wie sich weitere Teenagerinnen für ihn umdrehten. Ganz genau beobachtete sie ihre Reaktionen. Ihre Augen, die sich weiteten. Der Atem, der sich beschleunigte. Einige leckten sich die Lippen, als wären sie ein Raubtier und er ihre Beute. Andere wiederum versteckten sich hinter ihren Büchern, sahen aber dennoch immer wieder schüchtern hervor.

Lächerlich, dachte sie mit einem Hauch von Abscheu. Wie konnte man sich nur so albern aufführen für einen Jungen.

Gelassen, wie als würde er die ganzen Blicke auf sich nicht merken, schlenderte er weiterhin über den Schulhof und blickte ungerührt und mit Kopfhörern in den Ohren Richtung Schulgebäude. Manch einer würde einfach nur meinen, dass er desinteressiert ist. Doch sie wusste es besser. Sie konnte Kleinigkeiten sehen, die manche Menschen eben nicht sahen. Seine Hände waren verkrampft in seinen Hosentaschen zu einer Faust geballt. Seine Augen strahlten Wut aus und sein Kiefer war angespannt. Der Gang sah zwar entspannt aus, doch er machte größere und festere Schritte.

Kurzum, er war eindeutig nicht sehr gut gelaunt.

"Schaut er nicht aus wie ein Engel?", hauchte das lästige Mädchen neben ihr verliebt und sie musste sich zurückhalten nicht die Augen zu verdrehen. "Er schaut nicht schlecht aus.", antwortete sie daraufhin ungerührt und zuckte mit ihren scheinbar zarten Schultern. Empört, wie als wäre sie persönlich  beleidigt worden, drehte sich das Mädchen zu ihr und sah sie an, als wäre sie nicht ganz dicht. "Er schaut nicht schlecht aus?", wiederholte das Mädchen und drehte sich wieder zu ihm und sagte mit Überzeugung:"Er sieht aus wie ein Gott!"

Jetzt  konnte sie endlich ihre Augen verdrehen. Klar, für einen achtzehn-jährigen sah er nicht schlecht aus. Die hellen braunen Haare, die genau richtig ordentlich gestylt aussahen, aber dennoch unordentlich waren durch die wenigen Strähnen die ihm ins Gesicht hangen. Seine Augen, die in einem türkisen Blau hervortraten und die Lippen, die jedes Mädchen um den Verstand bringen konnten. Die strengen Gesichtszüge und die breiten durchtrainierten Schultern.

Aber dennoch langweilig für sie. Sie hat solche Typen schon tausende Mal auf ihren Reisen gesehen. Nichts besonderes, nur ein bisschen über den Durchschnitt.

Nun kam er auch an ihr vorbei und während das Mädchen neben ihr sich noch kaum halten konnte vor Begeisterung, vergewisserte sie sich schnell, dass niemand auf sie achtete und schloss ihre Augen kurz. Als sie sie wieder öffnete behielt sie ihn starr im Blick und sah endlich den Beweiß, dass er derjenige war, den sie suchte.

Eindeutig, der Sohn der Seraphim Elia Smith und des aus der Hölle zurückgekommenen Engel Noel Anjo. Lucas Anjo, achtzehn Jahre alt. Ein Meter achtzig groß. Paranormale Sorte. Elementary.

Die Informationen über ihn tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Zufrieden stellte sie fest, dass, die von ihr selbst entwickelten digitalen Kontaktlinsen, die mithilfe Scans Informationen über denjenigen, den man ansah, gaben, einwandfrei funktionierten. Doch auf einmal zögerte sie. Eine Undeutlichkeit war vorhanden. Er war nicht nur ein Elementary. Da war noch mehr. Doch sie konnte es nicht erkennen.

Sie verstärkte ihren Blick und war kurz davor die Ungereimtheit zu entschlüsseln, als er auf einmal die Tür des Schulgebäudes öffnete und er darin verschwand. Die Informationen verschwanden aus ihrem Blick und stattdessen tauchten die von anderen Menschen auf, die in ihr Blickfeld geraten."Scheiße...", murmelte sie verärgert. Fast hätte sie ihn gehabt.

Sie schloss ihre Augen wieder und als sie sie öffnete, waren die Informationen ihrer Mitmenschen weg. "Ich wünschte ich wäre im selben Unterricht wie er.", seufzte die Jugendliche neben ihr, doch sie interessierte es nicht mehr. Ohne auf ihr Seufzen einzugehen ging sie weg von dem Mädchen, ebenfalls in das Schulgebäude.

Sie konnte noch hören wie das Mädchen mürrisch zu sich selbst murmelte:"Die ist ja mal komisch drauf."

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Stöhnend warf ich mich auf meinen Schulplatz in der letzten Reihe und legte genervt meinen Kopf in den Nacken. Schon wieder ein unnötiger Schultag. Dabei könnte ich ihn viel besser nutzen um heimlich meine Fähigkeiten ausprobieren.

Ich sinnierte weiter in Gedanken herum, als auf einmal vor mir drei Schulkolleginnen auftauchten und mich begeistert anlächelten. Sofort schob ich meine Gedanken beiseite und setze ein Lächeln auf, von dem ich wusste, das sie mir nicht wiederstehen konnten.

"Morgen ihr drei. Kann ich euch helfen?", fragte ich sie charmant und bemerkte sofort, dass das Mädchen links von mir rot wurde. Ich hatte ihren Namen vergessen, genauso wie das von dem Mädchen rechts, doch der Name von der in der Mitte wusste ich noch. Tara hieß sie und war für mich interessanter, als die meisten Mädchen an meiner Schule. Denn obwohl ich wusste, dass sie mich genauso anhimmelte wie die anderen, zeigte sie das wenigstens nicht so offen. Das mochte ich. Die anderen waren uninteressant, zu schüchtern und in den meisten Fällen zu dumm.

Tara lächelte zurück mit einem kecken Lächeln und sagte:"Wir machen am Samstag eine Party bei Anja und wollten dich fragen, ob du auch kommen willst. Die halbe Schule hat schon zugesagt.". Anja, das Mädchen, welches zuvor rot geworden ist fügte mit zitternder Stimme dazu:"M-meine Eltern sind über das Wochenende nicht da u-und i-ich würde mich sehr auf dich freuen."

Danach wurde sie noch roter im Gesicht und bevor sie zu einer Tomate mutieren konnte, befreite ich sie und sagte:"Liebend gerne komme ich."

Begeistert klatschte Tara in ihre Hände und zwitscherte:"Toll! Also um 22 Uhr bei Anja, nimm einfach irgendeinen Alkohol mit.". Ich nickte und zwinkerte ihnen zu, was zwar ein bisschen gemein war, weil Anja nun aussah, als würde sie jeden Moment umkippen, doch sie wurde von unserem Englischprofessor gerettet, der in die Klasse kam.

Schnell scheuchte er alle an ihren Platz und wollte schon mit dem Unterricht beginnen, als die Tür nochmal geöffnet wurde und ein fremdes Mädchen hineinplatzte. "Entschuldigung, ich bin neu hier und habe das Klassenzimmer nicht gefunden.", entschuldigte sie sich förmlich, doch der Professor tat es ab und sagte mit müder Stimme:"Setz dich wohin, wo du Platz hast."

Stumm nickte sie und ging sofort zielgerichtet die Reihen ab, bis sie bei mir in der letzten Reihe war und sich zwei Plätze von mir entfernte hinsetzte. Die ganze Aufmerksamkeit der Klasse lag auf ihr und ich konnte ebenfalls meinen Blick von ihr nicht nehmen.

"Stell dich mal vor.",sagte der Englischprofessor gelangweilt und sie nickte wieder stumm und stand anschließend laut polternd auf. Wie als wäre sie beim Militär verschränkte sie ihre Hände hinter den Rücken und stand gerade wie ein Brett da. "Mein Name ist Gwen Robinson, ich bin gleich alt wie ihr, ein Meter siebzig groß und komme aus Schottland.", ratterte sie hinunter und nicht nur der Professor sah sie nach dieser Vorstellung mit großen Augen an.

Irritiert räusperte er sich und sagte:"Ähm danke Gwen für deine Vorstellung.". Überfordert kratze er sich sein bereits schwindendes Haar. "Schön dich ab sofort hier zu haben."

Broken AngelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt