Mein Name ist Ebby Scarborough und ich bin eine Hexe.
Leider habe ich das allerdings erst sehr spät erfahren. Hätten meine Kräfte mich vor all den schrecklichen Erlebnissen, die ich durchmachen musste, bewahren können? Ich weiß es nicht.
Viele Menschen haben mich darum gebeten, etwas über meine Vergangenheit zu erzählen. Bis jetzt ist Jayden der Einzige, der alle Details kennt. Und eigentlich wäre es mir lieber, wenn das so bleibt. Doch ihr verdient die Wahrheit. Ihr verdient es zu wissen, wie ich an diesem Punkt in meinem Leben angelangt bin. Wie ich es geschafft habe, zu überleben.
Hier ist sie also, meine Geschichte.
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Ich betrat das riesige Haus mit einem seltsamen Gefühl im Magen. Es war nicht mein Zuhause, aber die Sozialarbeiterin hatte gesagt, dass es das werden könnte. Sie hatte mir gesagt, dass die Kingsleys ganz wunderbare Menschen waren, die sich hervorragend um mich kümmern würden. Sie hatte mich ebenfalls darum gebeten, ihnen eine Chance zu geben.
Ich war nicht sicher, was das hieß. Sollte ich so tun, als wären sie meine Eltern? Das war unmöglich. Meine Eltern waren tot. Nichts würde sie zurückbringen. Egal wie sehr ich weinte, sie kamen nicht wieder – das hatte ich inzwischen eingesehen.
"Ebby", begrüßte mich eine weibliche Stimme und ich sah nach oben.
Dort, auf einer großen Treppe stand eine elegant gekleidete Frau mit dunklen, perfekten Locken. Sie war das absolute Gegenteil meiner Mutter, schoss es mir durch den Kopf. Ich sollte lächeln, doch mein Gesicht wollte mir nicht gehorchen. Stattdessen schossen Tränen in meine Augen.
Sie kam leichtfüßig die Stufen hinunter und ging vor mir in die Knie. Dann ergriff sie meine Hände.
"Wir sind so froh, dass du bei uns bist", sagte sie und lächelte. Sie hatte ein freundliches Lächeln, doch ich konnte nur an meine eigene Mutter denken. "Möchtest du dein Zimmer sehen?", fragte sie und ignorierte meine Tränen. Ich war nicht sicher, ob das gut oder schlecht war.
Ich nickte stumm und sie stand auf.
Bevor sie mich zur Treppe führte, warf sie einen Blick über ihre Schulter.
"Wieso wartest du nicht im Wohnzimmer?", sagte sie zu dem Mann, der mich aus dem Heim abgeholt hatte.
Alexander Kingsley war sein Name. Das hatte zumindest die Sozialarbeiterin gesagt. Ich war nicht sicher, ob ich ihn mochte. Er war freundlich zu mir gewesen, hatte die gesamte Autofahrt damit verbracht, mich über meine Hobbies und Vorlieben auszuquetschen. Es hatte mich von meinen Eltern abgelenkt und dafür war ich dankbar.
"Ich bin Myra", sagte die Frau, während sie mich die Stufen hinaufführte. Die Treppe endete in einem langen Gang und sie blieb vor der dritten Tür stehen, die offen stand.
Langsam trat ich über die Schwelle.
Der Raum war groß. Viel größer, als mein Zimmer im Haus meiner Eltern. An einer Seite stand ein breites Bett mit blauen Kissen und einer geblümten Decke. Unter einem riesigen Fenster stand ein Schreibtisch, auf dem jede Menge Stifte und buntes Papier lagen. An der linken Wand befand sich ein hohes Regal, welches vollgestopft war mit Spielzeugen diverser Art. Ich sah Puppen und Autos und Figuren, doch nahm sie nicht wirklich wahr.
"Ich hoffe, es gefällt dir", sagte Myra. "Wenn nicht, können wir es anders einrichten. Mrs. Layford aus dem Heim hat gesagt, dass wir deine eigenen Spielsachen in den nächsten Tagen abholen können, wenn du möchtest."
Ich nickte stumm und sank auf die Kante des Bettes. Die Matratze war weich und ich strich sanft über die Bettdecke, während ich auf meine Knie starrte.
"Wie wäre es, wenn du dich in Ruhe umsiehst, während ich das Abendessen vorbereite?", fragte Myra und erneut nickte ich, ohne sie anzusehen. "Ich komme dich holen, wenn es fertig ist", fügte sie hinzu und schloss die Tür hinter sich.
Mein Blick wanderte zum Fenster und Tränen rannen meine Wangen hinab. Das Zimmer war schön, aber es war nicht meins. Nichts war mehr meins. Alles war fremd und unwirklich. Als wäre ich in einen Albtraum gefallen, aus dem es kein Erwachen gab.
Gib den Kingsleys eine Chance, hatte die Sozialarbeiterin zu mir gesagt.
Und das würde ich tun. Denn was sollte ich sonst machen? Sie waren alles, was ich hatte.
Hinweis: Bei dieser Szene (und allen folgenden) handelt es sich um Zusatzmaterial zu meinen Büchern der Ebby Scarborough Reihe. Sie können aber auch unabhängig von meinen Büchern gelesen werden.
Falls euch meine Bücher interessieren, könnt ihr hier in die ersten Kapitel reinlesen: https://www.wattpad.com/story/165254449-ebby-scarborough-machtlos-kapitel-1-3
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Ebby Scarborough: Beginnings
FantasyEbby Scarborough ist eine Hexe. Doch das hat sie leider erst sehr spät erfahren. Hätten ihre magischen Kräfte sie vor all den schlimmen Erfahrungen bewahren können? Dies ist die Vorgeschichte der Charaktere aus der Ebby Scarborough Reihe. Falls euch...